Wilhelm Müller Zitate über ich
7. Oktober, 1794 – 1. Oktober, 1827
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Der Lindenbaum
Am Brunnen vor dem Tore
da steht ein Lindenbaum:
ich träumt'in seinem Schatten
so manchen süßen Traum.
Ich schnitt in seine Rinde
so manches liebe Wort;
es zog in Freud und Leide
zu ihm mich immer fort.
Ich mußt' auch heute wandern
vorbei in tiefer Nacht,
da hab' ich noch im Dunkel
die Augen zugemacht.
Und seine Zweige rauschten,
als riefen sie mir zu
komm her zu mir, Geselle,
hier findest du deine Ruh!
Die kalten Winde bliesen
mir grad ins Angesicht,
der Hut flog...
Wilhelm Müller
Der Neugierige
Ich frage keine Blume,
Ich frage keinen Stern;
Sie können mir nicht sagen,
Was ich erführ' so gern.
Ich bin ja auch kein Gärtner,
Die Sterne stehn zu hoch;
Mein Bächlein will ich fragen,
Ob mich mein Herz belog.
O Bächlein meiner Liebe,
Wie bist du heut so stumm!
Will ja nur Eines wissen,
Ein Wörtlein um und um.
»Ja« heißt das eine Wörtchen,
Das andre heißet »Nein«:
Die beiden Wörtchen schließen
Die ganze Welt mir ein.
O Bächlein meiner Liebe,
Was bist du wunderlich!
Will's ja...
Wilhelm Müller
Die Post
Von der Straße her ein Posthorn klingt.
Was hat es, daß es so hoch aufspringt,
Mein Herz?
Die Post bringt keinen Brief für dich.
Was drängst du denn so wunderlich,
Mein Herz?
Nun ja, die Post kömmt aus der Stadt,
Wo ich ein liebes Liebchen hatt',
Mein Herz!
Willst wohl einmal hinüberseh'n
Und fragen, wie es dort mag geh'n,
Mein Herz?
Wilhelm Müller
Mut!
Fliegt der Schnee mir in's Gesicht,
Schüttl' ich ihn herunter,
Wenn mein Herz im Busen spricht,
Sing' ich hell und munter.
Höre nicht, was es mir sagt,
Habe keine Ohren,
Fühle nicht, was es mir klagt,
Klagen ist für Thoren.
Lustig in die Welt hinein
Gegen Wind und Wetter!
Will kein Gott auf Erden sein,
Sind wir selber Götter.
Wilhelm Müller
Einsamkeit
Wie eine trübe Wolke durch heitre Lüfte geht,
wann in der Tanne Wipfel ein mattes Lüftchen weht:
So zieh' ich meine Straße dahin mit trägem Fuß
durch helles, frohes Leben einsam und ohne Gruß.
Ach, daß die Luft so ruhig! Ach, daß die Welt so licht!
Als noch die Stürme tobten, war ich so elend nicht.
Wilhelm Müller
Der Leiermann
Drüben hinterm Dorfe
Steht ein Leiermann
Und mit starren Fingern
Dreht er was er kann.
Barfuß auf dem Eise
Wankt er hin und her
Und sein kleiner Teller
Bleibt ihm immer leer.
Keiner mag ihn hören,
Keiner sieht ihn an,
Und die Hunde knurren
Um den alten Mann.
Und er läßt es gehen,
Alles wie es will,
Dreht, und seine Leier
Steht ihm nimmer still.
Wunderlicher Alter!
Soll ich mit dir geh'n?
Willst zu meinen Liedern
Deine Leier dreh'n?
Wilhelm Müller
Rast
Nun merk' ich erst, wie müd' ich bin,
Da ich zur Ruh' mich lege:
Das Wandern hielt mich munter hin
Auf unwirtbarem Wege.
Die Füße frugen nicht nach Rast,
Es war zu kalt zum Stehen;
Der Rücken fühlte keine Last,
Der Sturm half fort mich wehen.
In eines Köhlers engem Haus
Hab' Obdach ich gefunden;
Doch meine Glieder ruh'n nicht aus:
So brennen ihre Wunden.
Auch du, mein Herz, in Kampf und Sturm
So wild und so verwegen,
Fühlst in der Still' erst deinen Wurm
Mit heißem...
Wilhelm Müller
Der Wegweiser
Was vermeid' ich denn die Wege,
wo die andern Wandrer gehn,
suche mir versteckte Stege
durch verschneite Felsenhöhn?
Habe ja doch nichts begangen,
daß ich Menschen sollte scheun –
welch ein törichtes Verlangen
treibt mich in die Wüstenein?
Weiser stehen auf den Straßen,
weisen auf die Städte zu,
und ich wandre sonder Maßen,
ohne Ruh' und suche Ruh'.
Einen Weiser seh' ich stehen
unverrückt vor meinem Blick;
eine Straße muß ich gehen,
die noch keiner ging...
Wilhelm Müller
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