Zitate
Des Kindes Seligkeit
Ich schlafe ein an meiner Mutter Brust;
o welche Wonne, welche selge Lust!
Die Mutter ist so fromm; sie ist so rein,
und ich will so wie sie auch immer sein.
Ich schlafe ein an meiner Mutter Brust;
o welche Wonne, welche selge Lust!
Sie ist so lieb; sie ist so mild, so gut;
ich sag ihr Alles, was mir wehe tut.
Ich schlafe ein an meiner Mutter Brust;
o welche Wonne, welche selge Lust!
Geht sie dereinst in Gottes Himmel ein,
wird sie mein Engel, o mein Engel sein!
Karl May
Ich liebe
›Ich liebe‹ ist ein Gotteswort
›Ich liebe‹ dringt ins Herz hinein.
›Ich liebe‹ will an jedem Ort
gegeben, nur gegeben sein.
›Ich liebe‹ kam vom Himmel einst
zu dir, zu mir, zu aller Welt.
Doch ist es nicht das, was du meinst
und was als Liebe sich verstellt.
›Ich liebe‹ ist nicht ein Begehr;
›Ich liebe‹ dient und opfert nur,
und fällt dir eine Liebe schwer,
so ist sie himmlischer Natur.
Die Erde lebt seit Anbeginn
von dem, was ihr der Himmel gibt;
er aber lebt und gibt sich...
Karl May
Nur einer?
Es leuchtete in trüber Nacht
vom Himmel einsam mir ein Stern,
und ich, auch trüb, ich hab gedacht,
die andern seien mir so fern.
Da lächelte mit hellem Strahl
er mir die ganze Wahrheit zu
und brachte meines Zweifels Qual
mit seinem Himmelsgruß zur Ruh:
"Es glänzen Millionen hier
ganz in demselben Himmelslicht
und in derselben Liebe dir,
dein Auge aber sieht es nicht!"
Karl May
Ergib dich drein
Ergib dich drein, du liebes Menschenkind,
daß deine Wege nicht die meinen sind.
Es kann nicht Alles so, wie du willst, sein;
du bist nicht Herr; ergib dich ruhig drein!
Ergib dich drein, und forsch und hadre nicht;
tu, was die heilge Stimme in dir spricht.
Sie flüstert dir das einzig Richtge ein;
sie täuscht dich nicht; ergib dich ruhig drein!
Ergib dich drein. Beschwerlich ist der Steg,
der deiner harrt, fernab vom breiten Weg.
Schlägst du ihn ein, schlägst du ihn...
Karl May
Tagesscheiden
Nun gehst du hin in Frieden,
du schöner, goldner Tag.
Bist du von uns geschieden,
ich doch nicht trauern mag.
Du kehrst doch morgen wieder;
nicht ewig währt die Nacht;
dann steigst du vom Himmel hernieder
in neuer uns segnender Pracht.
So werd auch ich in Frieden
von hinnen scheiden gehn;
es gibt doch schon hinieden
ein geistig Auferstehn.
Am Firmament geschrieben
steht mein und euer Glück:
Als segnender Engel, ihr Lieben,
kehr täglich zu euch ich zurück.
Karl May
Heilesbotschaft
Es ging ein Heil von oben aus,
vom Paradies, vom Vaterhaus.
Die Engel trugen es zur Erde,
damit es uns zu eigen werde.
Doch bleibt dem menschlichen Verstand
die Gottesbotschaft unbekannt,
weil er das, was er denkt und dichtet,
nach außen, nicht nach innen richtet.
Er faßt in seiner Prosa nicht
des Himmels herrlichstes Gedicht.
Zum Herzen nur ist es gekommen
und wird von ihm allein vernommen.
Karl May
Sternschnuppe
Es fiel ein Stern, habt ihr gedacht,
aus weiten, unbekannten Fernen.
Ging unter er in dunkle Nacht?
Blieb er am Himmel bei den Sternen?
Ist's eine Welt, die im Entstehn
sich Kraft und Stoff zu holen strebte?
War's eine Welt, die im Vergehn
durchs Leuchten sich zu Ende lebte?
Das werdet ihr vielleicht,
vielleicht eure Rohre noch ergründen,
jedoch wer ihren Weg ihr zeigt,
kann nur der Glaube euch verkünden.
Karl May
An die Mutter
Ich hab gefehlt, und du hast es getragen,
so manches Mal und, ach, so lang, so schwer.
Wie das mich nun bedrückt, kann ich nicht sagen;
o komm noch einmal, einmal zu mir her!
Du starbst ja nicht; du bist hinaufgestiegen
zu reinen Geistern, meiner Mutter Geist.
Ich weiß, du siehst jetzt betend mich hier liegen;
o komm, o komm, und sag, daß du verzeihst!
Komm mir im Traum; komm in der Dämmerstunde,
wenn, Stern um Stern, der Himmel uns umarmt.
Bring mir Verzeihung, und bring...
Karl May
Wohin?
Frag doch einmal, und laß dir endlich zeigen,
wohin du kommst, wenn du so weitergehst.
Du sollst nicht abwärts sondern aufwärts steigen;
drum halte ein, und siehe, wo du stehst!
Frag nicht die Welt, nicht sterbliche Propheten;
schon mancher, mancher frug sie und beklagts.
Frag nur die Wahrheit, und sie wird dann reden;
frag nur den Himmel, und der Himmel sagts!
Und weißt du, wo du diese Wahrheit findest?
Und weißt du auch, wo dieser Himmel ist?
Ich sehe, wie du dich verlegen...
Karl May