Zug Zitate
Sie wird mir einst begegnen, irgendwann,
Wie einem auf verdrossnen Wanderungen
Ein Lied einfällt, daß er als Kind gesungen;
Seither sind viele tot, und er ist Mann.
Und ist davon beglückt, daß er's noch kann;
Denn während er zur Klarheit sich gerungen,
Ist manche Saite in ihm abgesprungen…
Sie wird mir einst begegnen – irgendwann
Und wird mich fragen nicht: Woher? Wohin?
Und wird nicht in mich drängen: Weile, raste!
Einer wie ich ist immer nur zu Gaste –
Und größer wird sie sein durch...
Anton Wildgans
Großer Bahnhof
Nicht warten
auf den Zug, der einfährt
in den Bahnhof Deiner Träume
denn nie erkennst Du wirklich
seine Abfahrtszeit
Zurücktreten bitte!
Verspätung auf Gleis neun!
Und wichtig ist auch nicht,
wohin er fährt, der Zug
denn oft gibt es kein Ziel
das wirklich weit genug
Es ist die Reise
die Dich lockt
Weil hinter jeder Bahnstation
die nächste auf Dich wartet
Und Dein Gepäck?
Du brauchst nur Dein Gefühl
die kleine Tasche mit der großen Ungeduld
und etwas Liebe zum...
Götz vor dem Gentschenfelde
Stell Dir vor
auf der Eisenbahnstrecke Wien-Paris
liegt
an den Schienen
eng aneinandergepreßt
ein Mensch neben dem anderen
den Kopf auf der Schiene
und am anderen Schienenstrang
liegt ebenfalls
eng aneinandergepreßt
ein Mensch neben dem anderen
den Kopf auf der Schiene
und stell Dir vor
Du sitzt im Zug
und fährst
von Wien nach Paris
und unter Dir über den Schienen
die Köpfe der Leute
Du fährst fünfzehn Stunden
und jede Sekunde
überrollt der Zug
ein paar Köpfe
von Wien bis...
Gerald Dunkl
Wo unterscheiden sich Journalist und Schriftsteller? Wenn sie wirklich gut sind, zwar in der Sache, aber nicht in der Wahrheit. Denn der gute Journalist ist allein der – soweit zugänglichen – Wahrheit verpflichtet. Der gute Schriftsteller bringt Fiktion nur zu dem Zweck, die reale Wahrheit – sofern zugänglich – zu erhellen...
Wolfgang J. Reus
Ein Fahrgast hat seine Aktentasche im Zug liegenlassen. Er gibt folgende Anzeige auf: "Der Dieb, der gestern im Zug meine Aktentasche an sich nahm, ist erkannt. Wenn er sich nicht beim Fundbüro meldet, wird Anzeige erstattet!" - Tags darauf erscheint das Gegeninserat: "Der erkannte Dieb bereut seine Tat. Er bittet den Eigentümer, die Tasche bei ihm abzuholen!"
Max "Maxi" Böhm
Der Schrankenwärter kommt aus seinem Häuschen und läßt die Bahnschranken herunter. Kurze Zeit später braust der D-Zug vorbei. Im selben Moment läuft der Hund des Wärters wütend bellend hinter dem entschwindenden Zug her. - "Macht er das immer so?" fragt ein Fußgänger den Wärter. - "Bei jedem Zug." - "Was er sich wohl dabei denken mag?" - "Ja, ich frag mich auch schon immer, was er mit so einem Ding anfangen will, wenn er es einmal erwischt."
Max "Maxi" Böhm
Als sich der Zug dem Tunnel näherte, meinte der Jüngling zu dem an seiner Seite sitzenden Mädchen: "Dieser Tunnel hat über zwei Millionen Kronen gekostet . . ." Dann wurde es dunkel. - Als der Zug wieder ins Helle kam, ordnete das Mädchen das Haar und flüsterte: "Nun, das war er aber auch wert!"
Max "Maxi" Böhm
Das Schachspiel ist auch für den Künstler eine großartige Erziehungsmethode. Er lernt nämlich, daß Fehler gemacht werden müssen, was nicht heißt, daß sie gemacht werden sollen. Für einen Schachspieler ist es unausdenkbar, Fehler nicht einzugestehen, muß er sich doch Zug für Zug von seinen Fehlern überzeugen oder sich anstrengen, den Gegner von den seinen zu überzeugen. - Ein ernstes, tiefes - ein Lebensspiel.
Johannes Robert Becher
Ein rechter Geck ist mehr, als mancher Schulfuchs, wert,
Und man lernt mehr von ihm, als auf der hohen Schule;
Der hustet Wort' und schwitzt vor Weisheit in dem Stuhle,
Weil jener, wenn er tanzt, singt, lachet, spricht und schwört,
Verkehrt, was ansteht, zeigt. Die Weisheit dort besteht
In vielen Worten, hier in einem krausen Zug:
Dort lernt man sich zum Narr'n, hier lachet man sich klug.
Christian Wernike
Frauenhand
Ich weiß es wohl, kein klagend Wort
Wird über deine Lippen gehen;
Doch, was so sanft dein Mund verschweigt,
Muß deine blasse Hand gestehen.
Die Hand, an der mein Auge hängt,
Zeigt jenen feinen Zug der Schmerzen,
Und daß in schlummerloser Nacht
Sie lag auf einem kranken Herzen.
Theodor Storm
Im bunten Zug zum Walde ging's hinaus.
Du bei den Kindern bliebst allein zu Haus.
Und draußen haben wir getanzt, gelacht,
und kaum, so war mir, hatt' ich dein geacht.
Nun kommt der Abend, und die Zeit beginnt,
wo sich selbst die Seele besinnt;
nun weiß ich auch, was mich so froh ließ sein,
du warst es doch und du nur ganz allein.
Theodor Storm
Wohin, o Herr,
ich je meine Blicke lenke,
stets fand ich ein "wenn nicht"
und ein "wäre das nicht";
war da eine schöne Gestalt,
so fehlte die Gnade,
war sie fein und lieblich,
so mangelte der vornehme Umgang,
und hatte sie auch das,
so entdeckte ich stets etwas,
sei es außen oder innen,
dem der Zug meines Herzens widerstrebte.
Insgeheim oder beim Bekanntwerden fand ich,
daß solch ein Wesen
mit sich selbst nicht zufrieden war.
Heinrich Seuse