Zeit Zitate (Seite 92)
Der Tag von gestern,
alle Tage und alle Jahre von früher
sind vorbei, begraben in der Zeit.
An ihnen kannst du nichts mehr ändern.
Hat es Scherben gegeben?
Schlepp sie nicht mit dir herum!
Denn sie verletzen dich Tag für Tag,
und zum Schluß kannst du nicht mehr leben.
Es gibt Scherben,
die wirst du los,
wenn du sie Gott in die Hände legst.
Es gibt Scherben,
die kannst du heilen,
wenn du ehrlich vergibst.
Und es gibt Scherben,
die du mit aller Liebe nicht heilen kannst.
Die mußt du liegenlassen.
Phil Bosmans
Der Mensch ist nicht das Haus in dem er wohnt.
Die Seele ist nicht der Körper in dem sie wohnt.
Das Haus zerfällt, der Körper welkt –
doch die Seele blüht zu immer größerer Schönheit auf,
wenn du ihren Sinn erkennst.
Denn sie ist nicht von dieser Welt
und nicht von dieser Zeit.
Ihre Erbschaft ist die Unsterblichkeit.
Phil Bosmans
An den Nordstern
Sitzest oben in dem Hause,
Abgelöst von dem Geschick,
Und die ganze Weltenklause
Dreht sich unter deinem Blick.
Keine Zeit rückt von der Stelle
Deinen Schemel! Treu bewährt
Leitest du mit steter Helle,
Was auf irren Wegen fährt.
Welten werden und vergehen,
Sonnen löschen und erglühn:
Dir ist Kreiseln das Geschehen,
Kreiselspiel der Kräfte Mühn.
Darum ist dein Blick so milde.
Als ein Wissender und Greis
Überm ganzen Weltgebilde
Thronest du und lächelst leis.
Jakob Boßhart
Mit den Augen der Herzen…
überwältigt
von den Geschenken der
Zuneigung – Hilfsbereitschaft
und Taten
meiner mir zur Seite stehenden Freunde,
spiegelt sich in den Tränen meiner Augen
vor Rührung
ein unbeschreiblicher Gefühlsbogen.
Überwältigt
von der Kraft
des Geliebtwerdens
sehe und fühle ich in einer schwierigen
gar aussichtslosen Zeit
erstmals
mit den Augen
der Herzen, die mich beschützen.
Dafür
und für noch viel mehr...
Danke!
Anette Börder
Die Zeit, die Deiner Schönheit Fäden spann,
Darauf entzückt sich alle Augen richten,
Wird einstmals Dir erscheinen als Tyrann,
Die holde Schöpfung unhold selbst vernichten.
Dem Sommer folgt der frost'ge Winter bald,
Umhüllt mit Schnee die Schönheit und entblättert
Die duft'ge Blume wie den grünen Wald,
Die Säfte stocken, alles steht verwettert.
Dann, bliebe nicht des Sommers Duft zurück
Gefangen in krystall'ner Mauern Innern,
Hin wäre seiner Schönheit Lust und Glück,
Wir hätten nichts, uns...
Friedrich Martin von Bodenstedt
Das Leben ist ein Darlehn, keine Gabe –
Du weißt nicht, wieviel Schritt du gehst zum Gabe,
Drum nütze klug die Zeit: auf jeden Schritt
Nimm das Bewußtsein deiner Pflichten mit.
Gewöhne dich – da stets der Tod dir dräut –
Dankbar zu nehmen, was das Leben beut;
Die Wünsche nicht nach Äußerm zu gestalten,
Sondern den Kern im Innern zu entfalten;
Nicht fremder Meinung unterthan zu sein,
Die Dinge nicht zu schätzen nach dem Schein;
Nicht zu verlangen, daß sie sollen gehn,
Wie wir es wünschen,...
Friedrich Martin von Bodenstedt
Und wenn du ein Engel bist
Und wenn du ein Engel bist,
dann hast du dir nur
deine Flügel gebrochen
in einer so kalten Nacht
im November.
Und wenn du ein Engel bist,
dann lasse dich einfach fallen
in die Arme der Liebe,
um deine Seele
einzuhüllen in
Geborgenheit.
Und wenn du ein Engel bist,
wirst du schon
bald wieder
fliegen können,
so unendlich
hoch hinaus,
bis an des
Himmels Blau.
Und wenn du ein Engel bist,
wirst du wieder
frei sein können,
beschützend deine
Hand reichen,
denn...
Roswitha Bloch
Waldvögel
Ein wohlbestelltes Mieder,
Die Backen rot gesund,
Den Schnabel voller Lieder
Und vorn und hinten rund.
Zwei Augen glutend blaue
Und eine kleine Hand,
Wohl mir, waldwilde Fraue,
Daß ich dich einsten fand.
Es war im tiefen Walde
Und Sommer war die Zeit,
In einem Wipfel balde
Nesthockten wir zu zweit
Und niemand hat gesehen
Das sondre Vogelpaar,
Das hoch im Windewehen
Vor Glücke schwindlig war.
Otto Julius Bierbaum
Komm her und laß dich küssen!
Die Luft ist wie voll Geigen,
Von allen Blütenzweigen
Das weiße Wunder schneit;
Der Frühling tobt im Blute,
Zu allem Übermute
Ist jetzt die allerbeste Zeit.
Komm her und laß dich küssen!
Du wirst es dulden müssen,
Daß dich mein Arm umschlingt.
Es geht durch alles Leben
Ein Pochen und ein Beben:
Das rote Blut, es singt, es singt.
Otto Julius Bierbaum
Ich ... war ... einmal
Oft weiß ich ganz genau: Ich ... war ... einmal;
Ich habe schon einmal all dies gesehn;
Der Baum vor meinem Fenster rauschte mir
Ganz so wie jetzt vor tausend Jahren schon;
All dieser Schmerz, all diese Lust ist nur
Ein Nochmals, Immerwieder, Spiegelung
Durch Raum und Zeit. – Wie sonderbar das ist:
Ein Fließen, Sinken, Untertauchen und
Ein neu Empor im gleichen Strome: Ich
Und immer wieder ich: Ich ... war ... einmal.
Otto Julius Bierbaum
Schau ich in entlegene Zeit zurück,
dann dünkt mich, ich sehe entschwundenes Glück,
wenn auch in keinem Lebensjahr
in Wahrheit je ich glücklich war! –
Was ferneher leuchtet in goldigem Schein
wie sinkender Sonne Prangen,
kann nur der Jugend Nachglanz sein
am Weg, den ich traurig gegangen.
Maximilian Bern
Denk' an deine Jugendsonne,
wenn dich's in der Seele friert;
träum von Jugendglück und Wonne,
wenn es Herbst im Herzen wird.
Strömt der Sonne Strahlenquelle
auch nur einen Augenblick: –
bleibt ihr Glanz in Herz und Seele
doch noch lange Zeit zurück!
Träumst du auch nur für Sekunden
von dem Glück, das längst dahin: –
ist dir gleich der Traum entschwunden,
lang' glüht dir sein Bild im Sinn.
Schmückst mit Blumen neu die Liebe,
suchst des Freundes treue Brust
gleich, als ob sie ewig...
Balder vom Berge
Fallen gelassen
Fallen gelassen
in den Staub,
dieses Lächeln,
stumm erstarrt,
wie die Masken am Fenster
in die Jahre blickend,
wissend,
schweigend,
im Bund mit
Zeit und Tod,
hemmungslos liebend
diese Körper der Frauen,
ein Schlangenkampf
um hymnische Berührung,
innerster Schrei,
wartend auf den
Augenblick der Entfesselung.
Michael Beisteiner