Worte Zitate (Seite 54)
Spät war und dämmrig die Stunde. Wir gingen
Einsam im Wald, und ich sah:
Licht losch im Westen mit zitternden Schwingen.
Ah!
Blieb nicht ein Wort, drauf der Abschied noch harrte?
Keines das Herz doch verstand;
Ob es denn keiner, nun da es erstarrte,
Fand?
Weben Gedanken, unruhig-verschwommen,
Still weint die Seele sich aus, –
Rasch sind die Sterne, die hellen, gekommen,
Harr aus!
(1858)
Afanassi Afanassjewitsch Fet
Ich sandte, daß sie folgen deiner Fährte
(1891)
Die Träume fort;
Daß es durch Liebe dich verwirr, gewährte
Ich keinem Wort.
Verschiednen Lebensaltern, Lebensorten
Entstammen wir.
Kein Sieg von gleichen Einsichten und Worten
Führt mich zu dir.
Im Herzenstempel, fern von deinen Blicken,
Schließ ich mich ein:
Die Jugend bet ich an, und mein Entzücken
Wird sie stets sein.
Afanassi Afanassjewitsch Fet
Der Drache
Wenn auf abendlichen Auen
Tau das Gras tränkt, striegelt die
Witwe mit den schwarzenBrauen
Ihren Zopf, den Hals wäscht sie.
Starren Augs, den Blick erhoben,
Sie zum dunklen himmel sieht,
Und ein langer Drache droben
Funkengrelle Kreise zieht.
Nah und näher kommt er, gleitet
Und auf dessen Strohdach breitet
Er sich wie ein Feuer aus.
Und sie mit den dunklen Brauen
Schließt das Fenster rasch; von dort
Aus der hellen Stube hört man
Küsse und so manches Wort.
Afanassi Afanassjewitsch Fet
Widerstand
Denen das Fürchten lernen,
die uns Angst einjagen wollen.
Denen die Unschuld nehmen,
die uns die Schuld
in die Schuhe schieben wollen.
Mit denen ein Hühnchen rupfen,
die uns als Stimmvieh
mißbrauchen wollen.
Denen einen Baum aufstellen,
die unsere Umwelt
aus Profitgier zerstören.
Denen das Wort abschneiden,
die uns mit Versprechungen
abspeisen wollen.
Denen einen Strich
durch die Rechnung machen,
die uns für dumm verkaufen wollen.
Ernst Ferstl
Warnsignale
Wenn deine Augen –
sicherheitshalber –
nur noch das Sichtbare
sehen wollen,
deine Worte gedankenlos
und gleichgültig
ihre Wege gehen.
Wenn deine Wünsche
im Garten der Möglichkeiten
zu randalieren beginnen,
deine Träume
keine Kraft mehr haben,
Wurzeln in deinem Dasein
zu schlagen.
Wenn deine Gefühle
jegliche Wärme
vermissen lassen,
dein Leben
dir beim Hals
heraushängt.
Dann wird es Zeit,
daß du dir Zeit nimmst
für dich.
Ernst Ferstl
Wartezeit
Deine gewählten Worte
und bewundernswerte Klugheit,
deine zärtlichen Hände
und anziehenden Lippen,
dein verheißungsvolles Lächeln
und deine erfreuliche Erscheinung,
deine ausdrucksvolle Körpersprache
und dein eindrucksvolles Auftreten,
deine zauberhafte Figur
und himmlischen Andeutungen
überzeugen mich
noch nicht restlos.
Ich warte.
Ich warte
auf das gewisse Leuchten
in deinen Augen.
Ernst Ferstl
Sage und schreibe
In sage und schreibe
tausend Büchern
fand ich
nichts Aussagekräftigeres
als in deinen Augen.
In sage und schreibe
tausend Wohnungen
fühlte ich mich
nicht so gut ausgehoben
wie in deiner Nähe.
In sage und schreibe
tausend Wochen
habe ich nicht
so viel Ewigkeit erlebt
wie in den Augenblicken
unseres Einsseins.
In sage und schreibe
tausend mal tausend Wörtern
fand ich nichts Wesentlicheres
als im Wort Du.
Ernst Ferstl
Schulpoeten
Die ganze deutsche Literatur
Ist leider für Gelehrte nur.
Gelehrte haben sie gemacht,
Und nie dabei ans Volk gedacht.
Was nützet Wissenschaft und Kunst?
Das ist ja eitel Schein und Dunst,
Wenn beides nicht zum Volke dringt,
Für all' und jeden Früchte bringt.
Was nützt dem Volke der Poet,
Wenn's Volk sein Singen nicht versteht?
Ins Herz des Volkes drang noch nie
Gelehrter Herren Poesie.
Laßt euern Wissensqualm und Dunst,
Und übet reine deutsche Kunst!
Werft allen Plunder über...
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben