Wind Zitate (Seite 22)
Rastlose Liebe
Dem Schnee, dem Regen
Dem Wind entgegen,
Im Dampf der Klüfte,
Durch Nebeldüfte,
Immer zu! Immer zu!
Ohne Rast und Ruh'!
Lieber durch Leiden
Möcht' ich mich schlagen,
Als so viel Freuden
Des Lebens ertragen.
Alle das Neigen
Von Herzen zu Herzen,
Ach wie so eigen
Schaffet das Schmerzen!
Wie, soll ich fliehen?
Wälderwärts ziehen?
Alles vergebens!
Krone des Lebens,
Glück ohne Ruh',
Liebe, bist Du!
Johann Wolfgang von Goethe
Das Leben
Das Leben ist verhüllt und verborgen,
wie auch euer größeres Selbst verborgen
und verhüllt ist.
Aber wenn das Leben spricht,
werden alle Winde Worte;
und wenn es von neuem spricht,
so wird das Lächeln auf euren Lippen
und die Tränen in euren Aug' zum Wort.
Wenn es singt , hören es die Tauben
und sind ergriffen;
und wenn es sich langsam nähert,
sehen es die Blinden und sind entzückt
und folgen ihm verwundert und erstaunt.
Khalil Gibran
Komm in den totgesagten park und schau:
Der schimmer ferner lächelnder gestade,
Der reinen wolken unverhofftes blau
Erhellt die weiher und die bunten pfade.
Dort nimm das zart gelb, das weiche grau
Von birken und von buchs, der wind ist lau,
Die späten rosen welkten noch nicht ganz,
Erlese, küsse sie und flicht den kranz.
Vergiß auch diese letzten astern nicht,
Den purpur um die ranken wilder reben
Und auch was übrig blieb vom grünen leben
Verwinde leicht im herbstlichen gesicht.
Stefan George
Du schlank und rein wie eine flamme
Du wie der morgen zart und licht
Du blühend reis vom edlen stamme
Du wie ein quell geheim und schlicht
Begleitest mich auf sonnigen matten
Umschauerst mich im abendrausch
Erleuchtest meinen weg im schatten
Du kühler wind du heißer hauch
Du bist mein wunsch und mein gedanke
Ich atme dich mit jeder luft
Ich schlürfe dich mit jedem tranke
Ich küsse dich mit jedem duft
Du blühend reis vom edlen stamme
Du wie ein quell geheim und schlicht
Du schlank und rein wie...
Stefan George
Ich sah den Wald sich färben,
Die Luft war grau und stumm;
Mir war betrübt zum Sterben,
Und wußt es kaum, warum.
Durchs Feld von Herbstgestäude
Hertrieb das dürre Laub;
Da dacht' ich: Deine Freude
Ward so des Windes Raub!
Dein Lenz, der blütenvolle,
Dein reicher Sommer schwand;
An die gefrorne Scholle
Bist du nun festgebannt.
Da plötzlich flog ein klares
Getön in Lüften hoch:
Ein Wandervogel war es,
Der nach dem Süden zog.
Ach, wie der Schlag der Schwingen,
Das Lied ins Ohr mir kam,
Fühlt'...
Emanuel Geibel
Auch du bist mein Bruder,
schneidender Wind im November,
nicht minder du, beißender Frost,
und du, eisiger, treibender Schneesturm,
alter, tänzelnder Verschwender.
Wie es auch sei,
ich geh' euch froh und frei entgegen,
seid doch meine Brüder im Schmerz,
hab' um euch Liebe gelitten,
so schloß ich die Blüte ins Herz
und so die Frucht im September.
Carl Peter Fröhling
Daß nur ein Gast ich bin
auf dieser Erde,
es will mir mehr und mehr
zum Troste werden.
Seh ich die Wolke und das Gras, den Wind,
den Busch, den Baum und dich, du Menschenkind,
den Frühling und den Herbst
und aller Dinge Ende,
so seh‘ ich, daß auch meine Frist
schon bald zerronnen ist
und ruhet dann in Deinen Händen.
Carl Peter Fröhling