Wille Zitate (Seite 99)
Schlange vor dem Schalter. Alles geht, wenn auch langsam, so doch regelmäßig; du ruckst voran. Bis der Mann vor dir herankommt. Der Mann vor dir macht stets ungeahnte Schwierigkeiten, er will Herrn Eisenbahn persönlich sprechen und braucht für sich allein so viel Zeit, wie alle anderen Vormänner zusammen. So ist das Leben.
Kurt Tucholsky
Eine Frömmigkeit, die nur dann, verstaubt und verrostet, aus der Schublade geholt wird, wenn und weil der Träger im Dreck sitzt, ist keine. Sage mir, zu wem du betest, wenn es dir gut geht, und ich will dir sagen, wie fromm du bist. Not lehrt beten; aber das echte Gebet ist das nicht.
Kurt Tucholsky
Der Mensch zerfällt in zwei Teile: In einen männlichen, der nicht denken will, und in einen weiblichen, der nicht denken kann. Beide haben sogenannte Gefühle: Man ruft diese am sichersten dadurch hervor, daß man gewisse Nervenpunkte des Organismus in Funktion setzt. In diesen Fällen sondern manche Menschen Lyrik ab.
Kurt Tucholsky





Heute Nacht rief ich mir mein dreifaches Rezept gegen Kummer und Kränkung ins Gedächtnis:
1. Daran denken, wie unwichtig alles nach zehn, zwanzig Jahren sein wird, wie es ja auch unwichtig geworden ist, was einen vor zehn, zwanzig Jahren gequält hat.
2. Sich erinnern. was man selbst getan hat und was nicht besser war als das, was einen heute betrübt.
3. An hundertmal Schlimmeres denken, das auch hätte kommen können.
Das Beste und Unwiderleglichste aber ist, wenn man sich sagt: Nicht mein,...
Graf Leo Nikolajewitsch Tolstoi