Wille Zitate (Seite 83)
Wiedergeburt
Wer nicht will, wird nie zunichte,
kehrt beständig wieder heim.
Frisch herauf zum alten Lichte
dringt der neue Lebenskeim.
Keiner fürchte zu versinken,
der ins tiefe Dunkel fährt.
Tausend Möglichkeiten winken
ihm, der gerne wiederkehrt.
Dennoch seh ich dich erbeben,
eh du in die Urne langst.
Weil dir bange vor dem Leben,
hast du vor dem Tode Angst.
Wilhelm Busch
Wenn der holde Frühling lenzt
Und man sich mit Veilchen kränzt
Wenn man sich mit frischem Mut
Schnittlauch in das Rührei tut
Wallen durch des Menschen Säfte
Neue, ungeahnte Kräfte –
Jegliche Verstopfung weicht
Alle Herzen werden leicht
Und das meine fragt sich still
Ob mich dies Jahr einer will?
Friederike Elisabeth Brion
Lieb und Leid im leichten Leben
Sich erheben, abwärts schweben,
Alles will das Herz umfangen,
Nur Verlangen, nie erlangen.
In dem Spiegel all ihr Bilder
Blicket milder, blicket wilder
Jugend kann doch nichts versäumen
Fort zu träumen, fort zu schäumen.
Frühling soll mit süßen Blicken
Sie entzücken und berücken,
Sommer mich mit Frucht und Myrthen,
Reich bewirten, froh umgürten.
Herbst du sollst mich Haushalt lehren,
Zu entbehren, zu begehren,
Und du Winter lehr mich sterben
Mich verderben,...
Clemens Brentano
Liebesnacht im Haine
Um uns her der Waldnacht heilig' Rauschen
Und der Büsche abendlich' Gebet,
Seh ich dich so lieblich bange lauschen,
Wenn der West durch dürre Blätter weht.
Und es ist so traulich dann, so stille
Wenn ihr zarter Arm mich fest umschlingt
Und ein einz'ger liebevoller Wille
Unsrer Seelen Zwillingspaar durchdringt.
Fest an dich gebannt, in dich verloren,
Zähle ich an deines Herzens Schlag
Liebesstammelnd jeden Schritt der Horen.
Scheidend küsset uns der junge Tag.
Clemens Brentano
Im Namen Jesu
Ich möchte gern was schreiben,
Das ewig könnte bleiben;
Denn alles andere Treiben
Will nur die Zeit vertreiben.
Ich möchte gern was lieben,
Das ewig ist geblieben;
Denn in den andern Trieben
Wird nur die Lieb vertrieben.
Ich möchte gern mein Leben
Zu Ewigem erheben;
Denn alles andere Streben
Ist in den Tod gegeben.
Drum schreib ich einen Namen,
Drum lieb ich einen Namen
Und leb in einem Namen,
Der Jesus heißt – sprich Amen.
Clemens Brentano
Alles in dir
Du lehrest mich die Lieder singen,
Du hauchest den Gesang mir ein,
Du leihst der Seele höhre Schwingen;
Wer giebt mir Lieder? du allein.
In dir empfind' ich nur das Leben,
Du rufst die Seele aus dem Nichts,
Du giebst mir Glauben, giebst mir Streben,
Trägst mich hinauf in's Reich des Lichts.
O sage mir, mein hoher Meister,
Was ich dir opfernd weihen mag!
Im unermessnen Reich der Geister
Zieht dir, nur dir mein Wesen nach.
Befiehl, ich gehe in's Verderben,
In Nacht und Graus und...
Helene Branco, Pseudonym Dilia Helena
Hier!
Dem letzten Deingedenken
Ist dieser Ort geweiht;
Hier will ich mich versenken
In's Meer der Traurigkeit.
Hier lebt' ich sel'ge Stunden –
Sie kehren nimmermehr;
Das Herz kann nicht gesunden,
Die Welt ist todt und leer.
Ein Fieber ward mein Leben,
Mein Traum geht himmelwärts,
Die matten Pulse beben
Im letzten Todesschmerz.
Nun strömt, ihr Thränenfluthen,
Hinab in's Angesicht:
Hier mag das Herz verbluten,
Verglühn der Augen Licht.
Hier hat sich mir erhoben
Ein Glück, das keinem...
Helene Branco, Pseudonym Dilia Helena
Schweige, Mund
Schweige, Mund, und redet, Augen!
Andre Sendung will ich nicht;
Nur so zarte Boten taugen,
Wo ein zart Geheimnis spricht.
Durch der Wimpern Schattenschleier
Dringen Blicke, bang, doch kühn,
Süßes, wunderbares Feuer
Spiegelnd in der Wangen Glüh'n.
Ja, mit Wundermacht entzünden
Licht sie im verwandten Sein,
Wissen schnell die Bahn zu finden
Tief in Herzens Herz hinein.
Und die lieblichen Gesandten
Führen mächt'ge Sprache dort,
Und so schlingt mit Wechselbanden
Sich der Blicke...
Karoline Louise Brachmann
Das Mädchen von dreizehn
Jung bin ich und unerfahren,
Wie man fangen und bewahren
Und der losen Ränke voll
Weilen nun, dann fliehen soll.
Noch kann ich mich nicht verstellen,
Weiß mit Blicken trüben hellen
Nicht zu spielen; nur der Lust
Schlägt die unentweihte Brust.
Will von euch mich keiner nehmen,
Weil ich gut noch bin und schämen
Des Verrathes noch mich kann?
Sieht mich Arme keiner an?
Wartet ja nicht, bis zu lügen
Ich gelernet und zu trügen!
Für den ersten möcht' ich stehn,
Andre könnt'...
Heinrich Christian Boie
Nacht
Holde Nacht, wie still bist du, wie still!
Drunten fließen ruhelos die Wogen,
kommt ein Lichtlein noch heraufgezogen,
das in seinen Hafen will.
Ach, mein Sinn ist wundersam bewegt:
Wer sein armes, armes Herz begriffen,
möchte gerne in bekränzten Schiffen
dorthin, wo man alles schlafen legt.
Hell und heller grüßt der Sterne Schein,
und mir ist, als ob es Frühling werde ...
Überm Heimwehland der dunklen Erde,
ach, wie tief muß da der Friede sein!
Martin Boelitz
Wo sich Kraft will offenbaren,
Wird sie Widerstand erfahren,
Schlechtes sucht mit Gutem Streit –
Ist sie klein, wird sie erliegen,
Ist sie groß, so wird sie siegen
Über Tücke, Haß und Neid.
Aus derselben Ackerkrume
Wächst das Unkraut wie die Blume –
Und das Unkraut macht sich breit.
Doch es raubt nichts von dem Ruhme,
Duft und Glanz der schönen Blume.
Friedrich Martin von Bodenstedt