Wenn Ich Zitate (Seite 106)
Erwache, schöne Schläferin,
Falls dieser Kuss nicht zu bestrafen:
Doch wenn ich dir zu zärtlich bin
Schlaf, oder scheine mir zu schlafen.
Die Unschuld, die nur halb erwacht,
Wann Lieb' und Wollust sie erregen,
Hat öfters manchen Traum vollbracht,
Den Spröde sich zu wünschen pflegen.
Was du empfindest, ist ein Traum:
Doch kann ein Traum so schön betrügen?
Gibst du der Liebe selbst nicht Raum:
So laß dich dann ihr Bild vergnügen.
Friedrich von Hagedorn
Tasso
Es füllt sich ganz das Herz von Zärtlichkeit –
Sie ist's, sie steht vor mir. Welch ein Gefühl!
Ist es Verirrung was mich nach dir zieht?
Ist's Raserei? ist's ein erhöhter Sinn,
Der erst die höchste reinste Wahrheit faßt?
Ja, es ist das Gefühl, das mich allein
Auf dieser Erde glücklich machen kann;
Das mich allein so elend werden ließ,
Wenn ich ihm widerstand und aus dem Herzen
Es bannen wollte.
Johann Wolfgang von Goethe
Nachtlied
Vergangen ist der lichte Tag,
Von ferne kommt der Glocken Schlag;
So reist die Zeit die ganze Nacht,
Nimmt manchen mit, ders nicht gedacht.
Wo ist nun hin die bunte Lust,
Des Freundes Trost und treue Brust,
Des Weibes süßer Augenschein?
Will keiner mit mir munter sein?
Da's nun so stille auf der Welt,
Ziehn Wolken einsam übers Feld,
Und Feld und Baum besprechen sich, –
O Menschenkind! was schauert dich?
Wie weit die falsche Welt auch sei,
Bleibt mir doch Einer nur getreu,
Der mit...
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Komm, Trost der Welt
Komm, Trost der Welt, du stille Nacht!
Wie steigst du von den Bergen sacht,
Die Lüfte alle schlafen,
Ein Schiffer nur noch, wandermüd,
Singt übers Meer sein Abendlied
Zu Gottes Lob im Hafen.
Die Jahre wie die Wolken gehn
Und lassen mich hier einsam stehn,
Die Welt hat mich vergessen,
Da tratst du wunderbar zu mir,
Wenn ich beim Waldesrauschen hier
Gedankenvoll gesessen.
O Trost der Welt, du stille Nacht!
Der Tag hat mich so müd gemacht,
Das weite Meer schon dunkelt,
Laß...
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Was bebt und bangt so wehe
Mein Herz empor,
Wenn ich dort oben sehe
Der Sterne Chor?
Wie freie Seelen winken,
So bannt den Blick
Ihr wandelbares Blinken:
Steig an zum Glück.
Wie reine Geister glänzen,
So mahnt ihr Licht:
Steig auf aus deinen Grenzen,
Sie wehrens nicht.
Und immer dann dies Beben,
Und immer mehr.
O Stäubchen, Menschenleben,
Und doch zu schwer?
Richard Fedor Leopold Dehmel
Mich wurmt es, wenn ich nur dran denke. –
Es saß zu München in der Schenke
Ein Protz mit dunkelroter Nase
Beim elften oder zwölften Glase.
Da schlich sich kümmerlich heran
Ein armer, alter Bettelmann,
Zog vor dem Protzen seinen Hut
Und fleht: Gnä Herr, ach sein S' so gut!
Der Protz jedoch, fuchsteufelswild,
Statt was zu geben, flucht und schilt:
Gehst raus, du alter Lump, du schlechter!
Nix möcht' er, als grad saufen möcht' er!
Wilhelm Busch
Höre mich an, du gerechter Geist der Schöpfung, und entscheide, wer der Dieb sei: ob derjenige, der mir die Freiheit nimmt, den Boden zu benutzen, der mir mit meiner Geburt gegeben ward, oder, wenn ich einen Teil der Erde dazu benütze, um auf ihr zu wohnen und mich von ihr zu ernähren in Wahrheit und Frieden.
Gerrard Winstanley