Welt Zitate (Seite 51)
Läut' ein, du neues Jahr!
O möchten deine Glockentöne tragen
Des Segens Fülle unter jedes Dach!
Laß sie besänftigen den Sturm der Klagen
Und heiß' sie bannen Leid und Ungemach!
Läut' ein, läut' ein den wundermächt'gen Frieden,
Daß uns die Welt nochmals ein Eden sei!
Läut' ein die Wahrheit, daß uns schon hienieden
Der Hauch des Gottesgeistes mache frei!
Läut' ein die Liebe, laß sie lodernd flammen,
Zu tilgen, was des Menschen unwert ist,
Und führ' in Gnaden alle die zusammen,
Die Haß und...
Margarete Stege
Form ist Wollust
Form und Riegel mußten erst zerspringen,
Welt durch aufgeschlossne Röhren dringen:
Form ist Wollust, Friede, himmlisches Genügen,
Doch mich reißt es, Ackerschollen umzupflügen.
Form will mich verschnüren und verengen,
Doch ich will mein Sein in alle Weiten drängen -
Form ist klare Härte ohn' Erbarmen,
Doch mich treibt es zu den Dumpfen, zu den Armen,
Und in grenzenlosem Michverschenken
Will mich Leben mit Erfüllung tränken.
Ernst Maria Richard Stadler
Der Spruch
In einem alten Buche stieß ich auf ein Wort,
Das traf mich wie ein Schlag und brennt durch meine Tage fort:
Und wenn ich mich an trübe Lust vergeb,
Schein, Lug und Trug zu mir anstatt des Wesens hebe,
Wenn ich gefällig mich mit raschem Sinn belüge,
Als wäre Dunkles klar, als wenn nicht Leben tausend wild verschlossne Tor trüge,
Und Worte wieder spreche, deren Weite nie ich ausgefühlt,
Und Dinge fasse, deren Sein mich niemals aufgewühlt,
Wenn mich willkommner Traum mit Sammethänden...
Ernst Maria Richard Stadler
Blauer Himmel, blaue Wogen,
Rebenhügel um den See,
drüber blauer Berge Bogen,
schimmern weiß im reinen Schnee.
Wie der Kahn uns hebt und wieget,
leichter Nebel steigt und fällt,
süßer Himmelsfriede lieget
über der beglänzten Welt.
Spiegelnd sich die Flur erwidern
Turm und Hügel, Busch und Stadt;
also spiegle du in Liedern,
was die Erde Schönstes hat.
Karl Josef Simrock
Fragst du…
Fragst du, wie Gott, das Wort, in einer Seele wohne,
so wisse: wie das Licht der Sonnen in der Welt
und wie ein Bräut'gam sich in seiner Kammer hält
und wie ein König sitzt in seinem Reich und Throne,
ein Lehrer in der Schul, ein Vater bei dem Sohne,
und wie ein teurer Schatz in einem Ackerfeld
und wie ein lieber Gast in einem schönen Zelt
und wie ein Kleinod ist in einer guldnen Krone,
wie eine Lilie in einem Blumental
und wie ein Saitenspiel bei einem Abendmahl
und wie ein...
Angelus Silesius
Wie soll ich dich denn nennen
Wie soll ich dich denn nennen,
Da allem Namen ward?
Das sel'ge Wort zu kennen,
Blieb mir noch aufgespart.
Ich denk' an Himmel und Sterne,
An Meer und Blumen der Flur –
Das sel'ge Wort bleibt ferne,
Wie nenne, nenn' ich dich nur?
Ei Himmel, Sonnen und Sterne,
Und Flur und Perlen gesellt! –
Du bist mir mehr als alles,
Du bist mir eine Welt!
August Karl Silberstein
Vergangenheit
War's nicht ein schöner Morgen?
War's nicht ein Maientag,
Wo ich, im Glück geborgen,
Im Arm der Liebe lag?
War nicht es sternenhelle,
Und sonnenhell zugleich?
Lag nicht an armer Schwelle
Ein unermeßlich Reich?
Zog nicht vom Himmel nieder
Unsterblich tausendmal
Die Göttin ew'ger Lieder
Mit Kränzen ohne Zahl?
Ihr wiegt das Haupt verneinend,
Zieht mich zur Welt zurück –
Mir selbst gestorben scheinend –
Alt Glück, du bist mein Glück! –
Karl Siebel
Was Brot dem Leibe, bist du meiner Seele,
was dürrer Saat der Regen, bist du mir,
der ich um deine Ruh mich rastlos quäle
wie es dem Geizhals geht mit seiner Gier.
Bald möcht' ich prahlend meinen Schatz genießen,
bald zittre ich, daß die Zeit ihn bald mir stiehlt;
bald wünsche ich, ganz mit dir mich einzuschließen,
bald, daß mein Glück sich aller Welt empfiehlt.
Bald schwelgt mein Blick in deiner Schönheit Fülle,
um bald nach deinem Blicke zu verschmachten,
und keine andre Lust bleibt Wunsch...
William Shakespeare
Bei dir allein
Bei dir allein empfind' ich, daß ich lebe,
Daß Jugendmut mich schwellt
Daß eine heit're Welt
Der Liebe mich durchhebe;
Mich freut mein Sein
Bei dir allein!
Bei dir allein weht mir die Luft so labend,
Dünkt mich die Flur so grün,
So mild des Lenzes Blüh'n,
So balsamreich der Abend,
So kühl der Hain,
Bei dir allein!
Bei dir allein verliert der Schmerz sein Herbes,
Gewinnt die Freud' an Lust!
Du sicherst meine Brust
Des angestammten Erbes;
Ich fühl' mich mein
Bei dir allein!
Johann Gabriel Seidl