Wellen Zitate (Seite 6)
Frühling
Frühling, bist du wiedergekommen?
Lieblicher Lenz, du lachendes Kind!
Kommst du auf dem Fluß geschwommen?
Oder kommst du mit dem Wind?
Unter den weichen singenden Wellen,
Aus den Wassern melodisch klar,
Über die Hügel, die waldig schwellen,
Luget dein kluges Augenpaar.
Schaue ich nur in dein sonniges Auge,
Küsse ich nur deinen wonnigen Mund,
Trink ich von deinem blühenden Hauche,
Wird auch mein winterlich Herze gesund!
Ludwig Eichrodt
Über die beglänzten Gipfel
Fernher kommt es wie ein Grüßen;
Flüsternd neigen sich die Wipfel,
Als ob sie sich wollten küssen.
Ist er doch so schön und milde!
Stimmen gehen durch die Nacht,
Singen heimlich von dem Bilde -
Ach, ich bin so froh erwacht!
Plaudert nicht so laut, ihr Quellen!
Wissen darf es nicht der Morgen!
In der Mondnacht linde Wellen
Senk' ich still mein Glück und Sorgen.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Der Himmel ist geöffnet über mir,
Und seine Stimme, solchen Wohllauts voll,
Wie niemals ihn ein Erdenkind vernahm,
Der ewigen Liebe und der Allmachts Stimme
Vereint zu einem wundersamen Klang,
Ruft laut aus lichten Höhen: "Komm – o komm!"
Ich aber steh auf einem uferlosen,
In Eisesfrost erstarrten Ozean;
Da grünt kein Baum, da wellen keine Hügel,
Da ragt kein Bergesgipfel wolkennah;
Die Sehnsucht flammt, doch hebt sie nicht empor,
Und Flügel – Flügel – – hat mir Gott versagt.
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach
Den Finger leg ich auf die Lippen
Und sage: Schweige, schweige, schweige!
Was sind dir denn die fremden Menschen,
Dass ihnen sich dein Inn'res zeige?
Was fühlen sie von deinen Schmerzen?
Was wissen sie von deiner Wonne?
Dem Himmel magst du dich vertrauen,
Dem Mond, den Sternen und der Sonne.
Und auch den Wolken und den Wellen,
Und jeder Blume, jedem Zweige!
Doch trittst du wieder unter Menschen,
Dann denk an mich und schweige, schweige!
Ida von Düringsfeld
Ein kahler Stein nackt wie ein Knochen
Liegt grinsend auf des Baches Grund,
Die Wasser ziehn ununterbrochen,
Bereden ihn mit schnellem Mund.
Er wird zum Antlitz blaß und düster,
Sieht zu mir auf von Schmerz gespannt,
Der Wellen unnützes Geflüster
Hat einen Namen mir genannt.
Ein tot Gesicht als Stein noch wartet
Auf das was einst mein Mund versprach;
Das Leben hat mit uns gekartet,
Mein Fleisch war stark, der Wille schwach.
Viel Schritte haben sich verloren,
Der Weg ist lang, der Weg ist...
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Flügel
Auf den Wellen treibt ein Segel,
Weiß ragt's auf dem dunkeln Kahn,
Hoch darüber kreisen Vögel,
Silbermöven, himmelan.
Kreisen. Und es lockt ihr Schweben:
»Selig, wer den Flug erkor!
Wolle nur die Flügel heben,
Und sie schwingen dich empor!
Wie magst du die Nied'rung pflügen,
Wann der Äther blau sich türmt,
Und der Drang in dir zum Fliegen
Wie in unsern Herzen stürmt?«
Unten lenkt sein Flutgeleise
Schon der Nachen an den Strand,
Zieht das Segel ein, und leise
Ächzend stößt er auf den Sand.
Jakob Boßhart
Woher?
Wie der Wasserlilie Kelch
Leuchtend auf den Wellen schwanket,
Während in dem Schoß der Wasser
Sich ihr stiller Stengel ranket:
So, ein lichtes Wunder, schwimmt
Träumerisch mir im Gemüte
Über tiefen, dunklen Fluten
Meiner Liebe weiße Blüte.
Ihre Wurzel sah ich nie;
Heimlich sproßten ihre Triebe:
Wie sie plötzlich sich entfaltet,
Wußt' ich eins nur – daß ich liebe!
Viktor Blüthgen
Vorfrühling
Verloren im Raume
ein erster Vogelruf.
Doch schwer hinschnaubend
durchs dampfende Marschland
mit dem Eisen durchwühlt's
der gewaltige Stier.
Und festen Tritts hinter ihm
schreitet der Mensch,
die Körner schleudernd,
wo auseinander
mit schwarzroten Wellen
schäumt der Grund.
Regenschwanger
der Himmel darüber
breit lagernd
in schlafender Kraft.
Ferdinand Ernst Albert Avenarius
An den Klippen des Lebens sind schon viele meiner Träume zerschellt. Oft drohte ich daran zu zerbrechen. Wollte mit den Wellen in die Unendlichkeit des Meeres eintauchen, alles hinter mir lassen. Nur der Glaube, an meinen Traum, das irgendwo auf der Welt ein Mensch auf mich wartet, der mit mir gemeinsam den Weg – unseren Weg – zu Ende gehen will, hielt mich davon ab.
Anni Wieser
In nur einigen Minuten glitten wir anmutig hinaus auf den Canale Grande, und vor uns lag im milden Licht des Mondes das Venedig der Poesie und Romantik. Unmittelbar am Rand des Wassers wuchsen lange Kolonnen imposanter Paläste aus Marmor empor: rasch glitten Gondeln zu diesem oder jenem Ort und verschwanden unvermittelt in nicht geahnten Toren und kleinen Kanälen: mächtige Brücken aus Stein legten ihre Schatten auf das Glitzern der Wellen...
Über das Wasser wehte Musik herüber – Venedig war...
Mark Twain