Was Sind Zitate (Seite 38)
Erstes Begegnen
Erstes Begegnen –, glückliche Stunde!
Da ich sie sah, war ich selig verloren,
Alle Gedanke sind mit ihr im Bunde,
Leib und Seele mit ihr verschworen,
Nichts kann mich lösen aus ihrem Bann.
Ihre Schönheit und Güte, die haben's gemacht,
Und ihr roter Mund, der so lieblich lacht.
Ich habe Sinne und Seele gewendet
An die Geliebte, die Gute, die Reine.
Mag an uns beiden werden vollendet,
Was ich im stillen erhoffe und meine.
Was ich auf Erden an Freuden gewann,
Ihre Schönheit und...
Walther von der Vogelweide
Der Schlaf
Man hat schon oft gesagt,
Du seiest des Todes Bild,
O Knabe, still und mild,
Süßer Schlaf!
Ich aber versteh' es:
Weil die wilden Gedanken,
Die umgetriebenen, todeskranken,
Nicht mehr sind.
Morden kann ich sie nicht,
Aber sie nicken und schlummern ein
In deinem Dämmerschein
Ganz sachte.
Bringst du denn nicht auch bald,
Wenn ich ruf' und stehe zu dir,
Deinen bleichen Bruder mir
An der Hand?
Bringst du ihn immer nicht?
Er hat, was das Herz vermißt,
Hat, was das Beste ist,
Kein...
Friedrich Theodor von Vischer
Mutters Hände
Hast uns Stulln jeschnitten und Kaffee jekocht
und de Töppe rübajeschom, und jewischt und jenäht
und jemacht und jedreht ...
alles mit deine Hände.
Hast de Milch zujedeckt, uns Bonbons jesteckt,
und Zeitungen ausjetragen,
hast de Hemden jezählt und Kartoffeln jeschält ...
alles mit deine Hände.
Hast uns manches Mal bei jrossem
Schkandal auch'n Katzenkopp jejeben,
hast uns hochjebracht - wir warn Sticker acht,
sechse noch am Leben ?
alles mit deine Hände.
Heiß war'n se un...
Kurt Tucholsky
Bei Goldhähnchens
Bei Goldhähnchens war ich jüngst zu Gast.
Sie wohnen im grünen Fichtenpalast,
in einem Nestchen klein,
sehr niedlich und sehr fein.
Was hat es gegeben? Schmetterlingei,
Mückensalat und Gnitzenbrei
und Käferbraten famos –
zwei Millimeter groß.
Dann sang uns Vater Goldhähnchen was,
so zierlich klang's wie gesponnenes Glas.
Dann wurden die Kinder besehn:
Sehr niedlich alle zehn!
Dann sagt ich: "Adieu" und "Danke sehr!"
Sie sprachen: "Bitte, wir hatten die Ehr,
und hat uns...
Heinrich Seidel
Hoffnung
Es reden und träumen die Menschen viel
Von bessern künftigen Tagen,
Nach einem glücklichen, goldenen Ziel
Sieht man sie rennen und jagen.
Die Welt wird alt und wird wieder jung,
Doch der Mensch hofft immer Verbesserung!
Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein,
Sie umflattert den fröhlichen Knaben,
Den Jüngling locket ihr Zauberschein,
Sie wird mit dem Greis nicht begraben,
Denn beschließt er im Grabe den müden Lauf,
Noch am Grabe pflanzt er - die Hoffnung auf.
Es ist kein leerer...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Margarethens Lied
Jetzt ist er hinaus in die weite Welt,
Hat keinen Abschied genommen,
Du frischer Spielmann in Wald und Feld,
Du Sonne, die meinen Tag erhellt,
Wann wirst du mir wiederkommen?
Kaum daß ich ihm recht in die Augen geschaut,
So ist der Traum schon beendet,
O, Liebe, was führst du die Menschen zusamm',
O, Liebe, was schürst du die süße Flamm',
Wenn so bald und traurig sich's wendet?
Wo zieht er hin? Die Welt ist so groß,
Hat der Tücken so viel und Gefahren,
Er wird wohl gar in...
Joseph Victor von Scheffel
Idyll
Wenn wir um unsern rauhen Tisch,
Genossin, ich und du,
Des Abends traut zusammen sind,
Du häkelst, ich schau zu –
Du plauderst drein erinnerungsvoll
Von deinem ersten Schatz:
Ich lausche deiner Stimme nur,
Versteh nicht Wort noch Satz –
Und freue mich im Herzen drin,
Daß ich um dich geworben –
Was morgen kommt, was heute war,
Ist sanft in mir erstorben.
Ludwig Scharf
Ists besser, nicht besessen haben
Ists besser, nicht besessen haben,
Als zu verlieren das Besessne?
Im Grunde gleich sind alle Gaben,
Vom Himmel Menschen zugemessne.
Es fehlt uns doch, was wir nicht wissen;
Wir haben noch, was wir vermissen.
Und endlich ruht in Finsternissen,
Ob nie gehabt und ob entrissen,
Gleich Ungekanntem das Vergessne.
Friedrich Rückert
»Nur« ein Abenteuer
Ich bitte Sie, meine Liebe
meinen Sie es nicht
so verzweifelt abfällig
wenn Sie sagen
ich suche ja nur ein Abenteuer.
Sie haben nämlich recht:
ich suche ein Abenteuer
aber was heißt »nur«?
Das Abenteuer sind Sie
Ihre Seele, Ihr Körper, Ihre Wahrheit
Ihre Wirklichkeit.
Was Sie mir im Gespräch nicht sagen
hoffe ich zu entdecken
wenn wir uns heute lieben.
Diese Hoffnung
macht es zum Abenteuer –
dem schönsten
das es gibt.
Immer wieder ...
Jörn Pfennig
Mut!
Fliegt der Schnee mir in's Gesicht,
Schüttl' ich ihn herunter,
Wenn mein Herz im Busen spricht,
Sing' ich hell und munter.
Höre nicht, was es mir sagt,
Habe keine Ohren,
Fühle nicht, was es mir klagt,
Klagen ist für Thoren.
Lustig in die Welt hinein
Gegen Wind und Wetter!
Will kein Gott auf Erden sein,
Sind wir selber Götter.
Wilhelm Müller
Der einsame Christus
Wachet und betet mit mir!
Meine Seele ist traurig bis an den Tod.
Wachet und betet mit mir!
Eure Augen sind voll Schlafes –
könnt ihr nicht wachen?
Ich gehe, euch mein letztes zu geben –
und ihr schlaft...
Einsam stehe ich unter Schlafenden,
einsam verbringe ich das Werk
meiner schwersten Stunde.
Wachet und betet mit mir!
Könnt ihr nicht wachen?
Ihr alle seid in mir,
aber in wem bin ich?
Was wißt ihr von meiner Liebe,
was wißt ihr vom Schmerz meiner Seele?...
Christian Morgenstern
Ich habe Angst vor dem was ist
und ich habe Angst vor dem was kommt.
Wird uns Frieden leben lassen
oder wird Krieg
um uns herum
uns in der Seele töten?
Angst lähmt, Angst hemmt
die Füße, die zu gehen bereit sind.
Die Füße gehen trotzdem, weil
das Leben uns zu gehen zwingt.
Doch wäre nicht die Angst,
sie würden vor Freude springen!
Sigrun Hopfensperger
Künstlerweihe
Wir wandern stumm, verschüchtert, bang gebückt
Und bergen scheu, was wir im Herzen hegen,
Und reden Worte, die uns nicht bewegen,
Und tote Dinge preisen wir entzückt.
Die Seele ist vergraben und erstickt ...
Verfaultes leuchtet fahl auf nächt'gen Wegen ...
Und sind wir müde, soll uns Kunst erregen,
Bis wir im Rausch der leeren Qual entrückt.
Jüngst fiel mein Aug auf Meister Wolframs Buch
Vom Parcival, und vor mir stand der Fluch,
Der vom verlornen Gral...
Hugo von Hofmannsthal