Wahre Zitate (Seite 27)
XXVII
Giebt es wirklich die Zeit, die zerstörende?
Wann, auf dem ruhenden Berg, zerbricht sie die Burg?
Dieses Herz, das unendlich den Göttern gehörende,
wann vergewaltigts der Demiurg?
Sind wir wirklich so ängstlich Zerbrechende,
wie das Schicksal uns wahr machen will?
Ist die Kindheit, die tiefe, versprechliche,
in den Wurzeln – später – still?
Ach das Gespenst des Vergänglichen,
durch den arglos Empfänglichen
geht es, als wär es ein Rauch.
Als die, die wir sind, als die Treibenden,
gelten...
Rainer Maria Rilke
Denn wenn du denkst …
Denn wenn du denkst es geht nichts mehr,
so sagt man gern in seiner Not,
man wünscht, es kommt ein Lichtlein her,
spontan, mit einem Angebot.
Doch bleibt das Lichtlein im Versteck,
macht sich sofort Enttäuschung breit,
nur etwas Hoffnung im Gepäck
erzeugt den Druck, der vorwärts treibt.
Zu guter Letzt wird einem klar,
nur wer sich selbst hilft, kommt voran,
ein Sprichwort ist nicht immer wahr,
es tröstet nur – so dann und wann.
Horst Rehmann
Das schönste Märchen
Viele Märchen kennt die Kinderwelt,
entzückt sind schon die Allerkleinsten,
zauberhaftes wird gekonnt erzählt,
mit Happy-End vom Allerfeinsten.
Doch nur selten werden Märchen wahr,
das weiß ein jeder Mensch auf Erden,
es besteht auch noch kein Formular,
das zeigt, wie Märchen Wahrheit werden.
Es gibt nur ein bestimmtes Märchen,
das ein jeder liebt und jeder kennt,
Leben</em> heißt dies Wundermärchen,
doch das ist leider – ohne Happy-End.
Horst Rehmann
Warst du – hast du?
Warst du jemals traurig,
hast du es je erlebt,
warst du auch mal zornig,
hast innerlich gebebt,
hast du Angst durchlitten,
dein Herzklopfen gehört,
hast du je gestritten,
dich fast dabei zerstört,
kennst du die wahre Not,
hast du sie je gespürt,
warst du allein im Boot,
hast es im Sturm geführt,
hast jemals du geliebt,
dich ganz hingegeben,
warst überaus betrübt,
je in deinem Leben?
Wenn so etwas dir fremd erscheint,
und jedes Wort dir widerstrebt,
dann hast du auch noch...
Horst Rehmann
Wonnemonat Mai
Das Schönste von dem langen Jahr,
ist doch der Wonnemonat Mai,
es werden tausend Träume wahr,
der Mensch fühlt sich so richtig frei.
Vergessen ist die Winterzeit,
die Kälte und der tiefe Schnee,
im Land macht sich die Sonne breit,
man tummelt sich am Badesee.
Es sprießt und wächst das zarte Grün,
der Himmel strahlt im schönsten Blau,
so manches Herz beginnt zu glüh'n,
schon bei der ersten Partnerschau.
Den Namen trägt der Mai zu recht,
das "M" steht da für "Majestätisch",
das...
Horst Rehmann
Jeder Mensch zweifelt
Jeder Mensch zweifelt im Leben,
bei Dingen, die er nicht versteht,
all sein Denken geht daneben,
wenn Unvorstellbares vorgeht.
Die Lösung hat er nicht parat,
sein Wissen zeigt die Grenze an,
ab einem ganz bestimmten Grad
versagt sein scharfes Denkorgan.
Er äußert sich nur lapidar:
"Ach, ich glaube – könnt' sogar sein –
eventuell ist es auch wahr."
Oder: "Es trügt doch nur der Schein."
Worte, die nicht weiterbringen,
des Menschen Zweifel bleibt besteh'n,
denn bei...
Horst Rehmann
Was ist Leidenschaft? nichts als starke Triebe
Zu Neigung oder Haß, verknüpft mit Eigenliebe;
Sie wird durch den Begriff von einem Gut erregt,
Es sei falsch oder wahr, und gleich darauf bewegt.
Wenn ihre Wirkung nur nicht aus den Grenzen weichet;
Zu unser'm Wohl und nicht zu and'rer Weh gereichet,
So nimmt sie die Vernunft als etwas eignes an,
Und sorgt, wie sie dadurch uns weiter nützen kann.
Doch wenn die Leidenschaft den Mut zu heftig blähet,
Und so verblendet hat, daß sich der Mensch...
Alexander Pope
Was soll dies kindliche Verzagen,
dies eitle Wünschen ohne Halt?
Da du der Welt nicht kannst entsagen,
erobre sie dir mit Gewalt!
Und könntest du dich auch entfernen,
es triebe Sehnsucht dich zurück;
denn hör', die Menschen lieben lernen,
es ist das einzig wahre Glück.
August Graf von Platen Hallermund (Hallermünde)
Rest
Als uns'rer Seelen Aeolsharfensaiten
Vom Gotteshauch der Liebe laut erklangen,
Als uns're Geister glühend sich durchdrangen,
Nicht wahr, mein Freund! Das waren schöne Zeiten!
Das ist vorbei, und jene Seligkeiten,
Zu süß in ird'schem Gefild' zu prangen,
Sie sind in Nacht und Tod dahingegangen
Als ich dein schwankend Herz sah von mir gleiten.
Doch, ob auch liebeleer nun deine Brust;
Ein starkes Band wird ewig uns vermählen,
Im Innersten ist's trostvoll mir bewußt:
Denn ewig werden uns're...
Betty Paoli
Frühlingsgedanken
Nicht wahr, ihr Alle wünscht, wenn einst die Stunde
Gekommen, wo die andern Wünsche enden,
In eurer Lieben Mitte zu entsenden
Den letzten Hauch vom todesblassen Munde?
Verlangt es mich im tiefsten Seelengrunde
Nach solchen Glückes heilig süßen Spenden,
Muß ich mich an den holden Frühling wenden,
Den einz'gen Freund, mit welchem ich im Bunde.
Und weil kein and'rer Gruß die dunkle Gruft
Mit Liebesschimmer sanft mir wird umfärben,
Wenn nicht sein Gruß als Licht und Sang und...
Betty Paoli