Verloren Zitate (Seite 12)
Mit der Zeit
Am Anfang
hatten wir immer
viel Zeit füreinander,
nahmen wir uns immer
viel Zeit für Unfug und Späße,
für Wichtiges und Überflüssiges,
für herzerfrischende Annäherungen,
für spontane Einfälle
und ausgefallene Wünsche.
Mit der Zeit aber
wurde das Zeithaben seltener,
wir wollten keine Zeit
verlieren.
Und so verloren wir uns
mit der Zeit
immer mehr aus den Augen,
aus den Gedanken
und aus dem Herzen.
Ernst Ferstl
Fragwürdiges
Wie soll jemand,
der keine Zeit
zum Genießen hat,
einen guten Geschmack
entwickeln können?
Wie soll jemand,
der es nicht schafft,
sich ein eigenes Urteil
zu bilden,
auf Vorurteile
verzichten können?
Wie soll jemand,
der seine Lebendigkeit
verloren hat,
den Sinn des Lebens wiederfinden?
Wie soll jemand,
der sich selbst nicht
leiden kann,
andere lieben können?
Ernst Ferstl
Vom Honigkuchenmann
Keine Puppe will ich haben -
Puppen gehn mich gar nichts an.
Was erfreu’n mich kann und laben
Ist ein Honigkuchenmann.
So ein Mann mit Leib und Kleid
durch und durch an Süßigkeit.
Stattlicher als eine Puppe
Sieht ein Honigkerl sich an,
Eine ganze Puppengruppe
Mich nicht so erfreuen kann.
Aber seh ich recht dich an,
Dauerst du mich, lieber Mann.
Denn du bist zum Tod erkoren -
Bin ich dir auch noch so gut,
Ob du hast ein Bein verloren.
Ob das...
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Weihnachtswunder
Durch den Flockenfall
klingt süßer Glockenschall,
ist in der Winternacht
ein süßer Mund erwacht.
Herz, was zitterst du
den süßen Glocken zu?
Was rührt den tiefen Grund
dir auf der süße Mund?
Was verloren war,
du meintest, immerdar,
das kehrt nun all zurück,
ein selig Kinderglück.
O du Nacht des Herrn
mit deinem Liebesstern,
aus deinem reinen Schoß
ringt sich ein Wunder los.
Gustav Falke
Meiner Mutter
Du warst allein,
ich sah durchs Schlüsselloch
den matten Schein
der Lampe noch.
Was stand ich nur und trat nicht ein?
Und brannte doch,
und war mir doch, es müßte sein,
daß ich noch einmal deine Stirne strich
und zärtlich flüsterte: Wie lieb ich dich!
Die alte böse Scheu,
dir ganz mein Herz zu zeigen,
sie quält mich immer neu.
Nun lieg ich durch die lange Nacht
und horche in das Schweigen -
ob wohl dein weißes Haupt noch wacht?
Und einmal hab ich leis gelacht:
Was...
Gustav Falke
Zwielicht
Dämmrung will die Flügel spreiten,
Schaurig rühren sich die Bäume,
Wolken ziehn wie schwere Träume -
Was will dieses Graun bedeuten?
Hast ein Reh du lieb vor andern,
Laß es nicht alleine grasen,
Jäger ziehn im Wald und blasen,
Stimmen hin und wieder wandern.
Hast du einen Freund hienieden,
Trau ihm nicht zu dieser Stunde,
Freundlich wohl mit Aug und Munde,
Sinnt er Krieg im tück'schen Frieden.
Was heut müde gehet unter,
Hebt sich morgen neugeboren.
Manches bleibt in...
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Gott, inbrünstig möcht ich beten,
Doch der Erde Bilder treten
Immer zwischen dich und mich,
Und die Seele muß mit Grauen
Wie in einen Abgrund schauen,
Strenger Gott, ich fürchte dich!
Ach, so brich auch meine Ketten!
Alle Menschen zu erretten,
Gingst du ja in bittern Tod.
Irrend an der Hölle Toren,
Ach, wie bald bin ich verloren,
Hilfst du nicht in meiner Not!
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Am Wege
Ich kannte eine. Wie sie hieß?
Wer nennt das Wort, das mir verklang?
Vergessen ist's. Ich weiß nur dies:
daß ich sie liebte und umschlang.
Das Lied von der, die mir entschwand,
singt nun der Nachtwind meinen Ohren –
Am Wege hab ich sie verloren,
die sich zu mir am Wege fand ...
Jakob Julius David
Ein kahler Stein nackt wie ein Knochen
Liegt grinsend auf des Baches Grund,
Die Wasser ziehn ununterbrochen,
Bereden ihn mit schnellem Mund.
Er wird zum Antlitz blaß und düster,
Sieht zu mir auf von Schmerz gespannt,
Der Wellen unnützes Geflüster
Hat einen Namen mir genannt.
Ein tot Gesicht als Stein noch wartet
Auf das was einst mein Mund versprach;
Das Leben hat mit uns gekartet,
Mein Fleisch war stark, der Wille schwach.
Viel Schritte haben sich verloren,
Der Weg ist lang, der Weg ist...
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Nachtfalter
Nachtfalter
kommen verloren
Wie Gedanken aus
dem Dunkel geboren,
Sie müssen dem Tag
aus dem Wege gehen
Und kommen zum Fenster
um hellzusehen.
Und in die Nachstille
versunken,
Flattern sie zuckend
und trunken,
Sie haben nie Sonne,
nie Honig genossen,
Die Blumen alle
sind ihnen verschlossen.
Nur wo bei Lampen
die Sehnsucht wacht,
Verliebte sich grämen
in schlafloser Nacht
Da stürzen sie in das Licht,
sich zu wärmen,
Das Licht,
das Tränen bescheint
und Härmen:
Die Falter der...
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Ich habe, bevor der Morgen
Im Osten noch gegraut,
Am Fenster zitternd geharret
Und dort hinaus geschaut.
Und in der Mittagsstunde,
da hab' ich bitter geweint,
Und habe doch im Herzen:
Er kommt wohl noch, gemeint.
Die Nacht, die Nacht ist kommen,
Vor der ich mich gescheut;
Nun ist der Tag verloren,
Auf den ich mich gefreut.
Adelbert von Chamisso
Du Ring an meinem Finger
Mein goldnes Ringelein,
Ich drück dich fromm an die Lippen,
Dich fromm an das Herz mein.
Ich hatt' ihn ausgeträumet
Der Kindheit friedlichen Traum ;
Ich fand allein mich, verloren
Im öden unendlichen Raum.
Du Ring an meinem Finger,
Da hast du mich erst belehrt,
Hast meinen Blick erschlossen
Des Lebens unendlichen Werth.
Ich werd' ihm dienen, ihm leben,
Ihm angehören ganz,
Hin selber mich geben und finden
verklärt mich in seinem Glanz.
Du Ring an meinem...
Adelbert von Chamisso
Enter
Der Zeitpunkt
Jene 10000-stel Sekunde
Worte werden hinaus entlassen und begeben sich auf die lange Reise
Wer sie fängt , wird berührt.
An welcher Saite kann keiner sagen
- du mußt eben etwas wagen
Öffnen-schauen-lesen.
Vertrauen auf den, der dies geschrieben.
Dem Sinnlosen einen Sinn geben, das Verlorene wiederfinden das abgestumpfte wieder spitzen und empfinden
Ich drücke dich
Enter
by SPODO