Verloren Zitate (Seite 10)
Einsamkeit
Wildverwachs'ne dunkle Fichten,
Leise klagt die Quelle fort;
Herz, das ist der rechte Ort
Für dein schmerzliches Verzichten.
Grauer Vogel in den Zweigen
Einsam deine Klage singt,
Und auf deine Frage bringt
Antwort nicht des Waldes Schweigen.
Wenn's auch immer Schweigen bliebe,
Klage, klage fort; es weht,
Der dich höret und versteht,
Stille hier der Geist der Liebe.
Nicht verloren hier im Moose –
Herz, dein heimlich Weinen geht,
Deine Liebe Gott versteht,
Deine tiefe, hoffnungslose.
Nikolaus Lenau
Herbst
Nun ist es Herbst, die Blätter fallen,
Den Wald durchbraust des Scheidens Weh;
Den Lenz und seine Nachtigallen
Versäumt ich auf der wüsten See.
Der Himmel schien so mild, so helle,
Verloren ging sein warmes Licht;
Es blühte nicht die Meereswelle,
Die rohen Winde sangen nicht.
Und mir verging die Jugend traurig,
Des Frühlings Wonne blieb versäumt;
Der Herbst durchweht mich trennungschaurig,
Mein Herz dem Tod entgegenträumt.
Nikolaus Lenau
Familienglück – o heilig stiller Tempel,
Der Liebe Kultus, der nur Liebe heischt,
Auf unser Dasein drückst erst du den Stempel,
Verbindest Herzen, wo die Welt zerfleischt.
Es ging das Paradies für uns verloren,
Der Cherub wehrt der Vermessenheit;
Doch ward ein neues Eden uns geboren
In deinen Träumen, traute Häuslichkeit! –
Eduard Ernst Heinrich Kauffer
Neues Leben
Hat dich die Liebe berührt,
Still unter lärmenden Volke,
Gehst du in goldner Wolke,
Sicher von Gott geführt.
Nur wie verloren, umher
Lässest die Blicke du wandern,
Gönnst ihre Freuden den Andern,
Trägst nur nach einem Begehr:
Scheu in dich selber verzückt,
Möchtest du leugnen vergebens,
Daß nun die Krone des Lebens,
Strahlend die Stirn dir schmückt.
Paul von Heyse
Die Geschäftigen
Nicht einen</em> Hauch vergeuden sie, nicht <em>einen</em>,
Nein, alles wird gleich für den Markt geboren,
Kein Herzensschlag geht ohne Zins verloren,
Die Herren machen Brot aus ihren Steinen.
Sie machen Brot aus Lachen und aus Weinen –
<em>Ich</em> hab' mir die Beschaulichkeit erkoren,
Und niemals streng gerechnet mit den Horen,
Ich denke fromm: "Gott gibt's im Schlaf den Seinen!"
Ich kann des Lebens banggeschäftig Rauschen,
Dies laute Tun und Treiben nicht verstehn,
Und...
Georg Herwegh
Amor und Psyche
Ein Seufzer, der von Mund zu Munde fliegt,
Wenn Seele sich zur Seele innig schmiegt;
Des Herzens Übergang, da leis' und still
Der süße Wort zum Wort nicht werden will,
Das süße Wort zum Wort nicht werden kann:
Verloren schauen sich zwei Seelen an
Und schöpfen in der Gottheit reinstem Quell
Gedanken, Wünsche, Blicke zart und hell;
Der Hauch, der dann das Leben süß verlängt,
Der Atem, der den Busen aus sich drängt,
Der Augenblick, der Ewigkeit Genuß,
Der Engel reinste Wollust...
Johann Gottfried von Herder
Einst sah ich viele Blumen blühen…
Einst sah ich viele Blumen blühen
An meinem Weg; jedoch zu faul,
Mich pflückend nieder zu bemühen,
Ritt ich vorbei auf stolzem Gaul.
Jetzt, wo ich todessiech und elend,
Jetzt, wo geschaufelt schon die Gruft,
Oft im Gedächtnis höhnend, quälend,
Spukt der verschmähten Blumen Duft.
Besonders eine feuergelbe
Viole brennt mir stets im Hirn.
Wie reut es mich, daß ich dieselbe
Nicht einst genoß, die tolle Dirn.
Mein Trost: Lethes Wasser haben
Noch jetzt verloren...
Heinrich Heine
Es drängt die Not, es läuten die Glocken,
Und ach! ich hab den Kopf verloren!
Der Frühling und zwei schöne Augen,
Sie haben sich wider mein Herz verschworen.
Der Frühling und zwei schöne Augen
Verlocken mein Herz in neue Betörung!
Ich glaube die Rosen und Nachtigallen
Sind tief verwickelt in dieser Verschwörung.
Heinrich Heine
Die junge Mutter
Sie hat ein Kind geboren,
Zu höchster Lust in tiefstem Leid,
Und ist nun ganz verloren
In seine stumme Lieblichkeit.
Es blüht zwei kurze Tage,
So daß sie's eben küssen mag,
Und ohne Laut und Klage
Neigt es sein Haupt am dritten Tag.
Und wie es still erblaßte,
So trägt sie still den heil'gen Schmerz,
Und eh' sie's ganz noch faßte,
Daß es dahin ist, bricht ihr...
Christian Friedrich Hebbel
Die Überzeugung ist des Mannes Ehre,
Ein Vließ, das keines Fürsten Hand
Und kein Capitel um die Brust ihm hängt.
Die Überzeugung ist des Kriegers Fahne,
Mit der er, fallend, nie unrühmlich fällt.
Der Ärmste selbst, verloren in der Masse,
Erwirbt durch Überzeugung sich den Adel,
Ein Wappen, das er selbst zerbricht und schändet,
Wenn er zum Lügner seiner Meinung wird.
Karl Gutzkow
Das geliebte Herz
Der versteht in Lust die Thränen
Und der Liebe ewig Sehnen
Eins in Zwei zu sein,
Eins im Andern sich zu finden,
Daß der Zweiheit Grenzen schwinden
Und des Daseins Pein.
Wer so ganz in Herz und Sinnen
Konnt' ein Wesen liebgewinnen
O! den tröstet's nicht
Daß für Freuden, die verloren,
Neue werden neu gebohren:
Jene sind's doch nicht.
Das geliebte, süße Leben,
Dieses Nehmen und dies Geben,
Wort und Sinn und Blick.
Dieses Suchen und dies Finden,
Dieses Denken und Empfinden
Giebt...
Karoline von Günderode