Traurig Zitate (Seite 9)
Spätherbstnebel, kalte Träume,
Überfloren Berg und Tal,
Sturm entblättert schon die Bäume,
Und sie schaun gespenstisch kahl.
Nur ein einzger, traurig schweigsam
Einzger Baum steht unentlaubt,
Feucht von Wehmutstränen gleichsam,
Schüttelt er sein grünes Haupt.
Ach, mein Herz gleicht dieser Wildnis,
Und der Baum, den ich dort schau
Sommergrün, das ist dein Bildnis,
Vielgeliebte, schöne Frau!
Heinrich Heine
Ich weiß nicht, was soll es bedeuten
daß ich so traurig bin
Ein Märchen aus uralten Zeiten
das kommt mir nicht aus dem Sinn
Die Luft ist kühl und es dunkelt
und ruhig fließt der Rhein
Der Gipfel des Berges funkelt
im Abendsonnenschein
Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar,
Ihr gold'nes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar,
Sie kämmt es mit goldenem Kamme,
Und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame,
Gewalt'ge Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiffe,
Ergreift es...
Heinrich Heine
Es flattert um die Quelle
Die wechselnde Libelle,
Micht freut sie lange schon:
Bald dunkel und bald helle,
Wie der Chamäleon,
Bald rot und blau,
Bald blau und grün.
O daß ich in der Nähe
Doch ihre Farben sähe!
Sie schwirrt und schwebet, rastet nie.
Doch still, sie setzt sich an die Weiden.
Da hab' ich sie! Da hab' ich sie!
Und nun betracht' ich sie genau,
Und seh ein traurig dunkles Blau –
So geht es dir, Zergliedrer deiner Freuden!
Graf Carl von Haugwitz
Des Knaben Morgengruß
Morgenlicht! Morgenlicht
Scheint mir hell ins Gesicht!
Wenn ich Tag kommen seh,
wird mir leid und weh;
Denn im Grabe liegt
Ein jung Mägdelein;
Des Frühroths Schein
Sieht traurig hinein
In das enge Kämmerlein.
Mögt wecken das Jungfräulein,
Das kann vom Schlaf nicht erstehn,
Morgenlicht nicht sehn;
Drum wenn ich...
Karoline von Günderode
Herbstgefühl
O wär' es bloß der Wange Pracht,
Die mit den Jahren flieht!
Doch das ist's, was mich traurig macht,
Daß auch das Herz verblüht;
Daß, wie der Jugend Ruf verhallt,
Und wie der Blick sich trübt,
Die Brust, die einst so heiß gewallt,
Vergißt, wie sie geliebt.
Ob von der Lippe dann auch kühn
Sich Witz und Scherz ergießt,
's ist nur ein heuchlerisches Grün,
Das über Gräber sprießt.
Die Nacht kommt, mit der Nacht der Schmerz,
Der eitle Flimmer bricht:
Nach Tränen sehnt sich unser...
Emanuel Geibel
Nicht lächelt mehr der Strand
mit holdem Angesicht dir zu.
Verloren streifst du grau durch grauen Sand,
tauchst schweigend ein in geisterhafte Winterruh.
Lido-Einsamkeit … ein wehes Wort.
Wo ehedem das Leben hohe Wellen schlug,
da find'st du heut nur traurig-öden Ort.
War alles denn nur Traum, armseliger Betrug?
Die hölzern' Hütten knarren noch wie immer,
des Meeres Wogenflut bespült den Sand
in ruheloser Gier.
Und auch der Möven kreischendes Gewimmer
erfüllt die Luft noch über dir.
Carl Peter Fröhling
In mir
Den schwersten Weg gehst du allein,
du darfst deshalb nicht traurig sein,
denn es gibt niemand auf der Welt,
der deinen Weg für lang erhellt.
Du hast Freunde noch und noch.
Nur hinterher erkennst du doch,
daß niemand, wenn's dir schlecht ergeht,
auch dann dir noch zur Seit steht.
Bin hart geworden, ja ich weiß.
Bin kälter als ein Block aus Eis.
Doch eines sei dir ganz gewiss:
So schütz ich nur, was in mir ist.
Thorsten Fitzner
Dauer im Wechsel
Siehe, der Frühling währet nicht lang':
Bald ist verhallt der Nachtigall Sang.
Blühen noch heute Blumen im Feld,
Morgen ist öd' und traurig die Welt,
Aber der Liebe selige Lust
Ist sich des Wandels nimmer bewußt.
Alles auf Erden hat seine Zeit,
Frühling und Winter, Freuden und Leid,
Hoffen und Fürchten, Ruhn und sich Mühn,
Kommen und Scheiden, Welken und Blühn,
Aber der Liebe selige Lust
Ist sich des Wandels nimmer bewußt.
Weil uns des Lebens Sonne noch scheint,
Wollen wir...
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Wanderlust
Morgen müssen wir verreisen,
und es muß geschieden sein.
Traurig ziehn wir unserer Straßen,
lebe wohl, Herzliebchen mein!
Kommen wir zu jenem Berge,
schauen wir zurück ins Tal,
schauen uns um nach allen Seiten,
sehen die Stadt zum letzten Mal.
Wenn der Winter ist vorüber,
und der Frühling zieht ins Feld,
will ich werden wie ein Vöglein,
fliegen durch die ganze Welt.
Dahin fliegen will ich wieder,
wo's mir lieb und heimisch war.
Schätzlein, muß ich jetzt auch wandern,
kehr' ich...
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Neue Horizonte
Aus Angst vor dem Fallen
am Boden lang kriechen.
Nur einsam und heimlich
am Blumenstrauß riechen.
Aus Angst vor dem Echo
den Mund lieber halten.
Nicht merken,
wie Wärme und Liebe erkalten.
Nach Sicherheit streben,
übers Geld günstig walten
und schließlich ein Türchen
nach hinten behalten.
Das spricht für sich selber.
Braucht nicht meine Meinung.
Es bleibt eine
traurige Alltagserscheinung.
Doch nehme ich den Mut in mir
und schaue hinter dieses Tun,
entdecke ich...
Sonja Drechsel-Walther
Im Concert
Die traurige Kindheit,
Des Vaters Tod.
Der Jugend Blindheit,
Die herbe Noth,
Die Wintertage,
Das dünne Kleid,
Die Sorg' und Plage,
Das Seelenleid …
Die Gleichgiltigkeit,
Die schwer wie Erz,
Die schmerzlose Zeit –
Die mehr als Schmerz …
Das alles wogte,
Wieder vorbei,
Mit leisem Schluchzen
Und dumpfem Schrei,
Als deine Hand
Durch die Saiten glitt –
— — —
O, wie ich litt! –
Ada Christen