Träumen Zitate (Seite 4)
Reiche Beschäftigung
Abends, wenn ich zur Ruhe geh',
Denk' ich an meine Grete,
Morgens, wenn ich früh aufsteh'
Mach' ich's, wie Abends späte.
Zwischendurch so am Vormittag,
Denk' ich, was sie wohl treiben mag.
Mittags- aber und Vesperzeit
Sind dem Gedanken an sie geweiht.
Sagt mir nun um des Himmels willen,
Wo bleibt mir Zeit, meine Akten zu füllen?
"Ei so setze die Nacht daran,
Nachts man trefflich schaffen kann."
Ja wie sollt' ich die Nacht versäumen?
Muß doch von meiner Grete träumen.
Ernst von Wildenbruch
Resümee
oder
Es hat alles einen Sinn
Wenn der Schatten das Licht berührt,
und der Mond die Sonne verführt...
wenn Sterne nicht mehr blinken,
und Steine nicht mehr sinken...
wenn Blumen nicht mehr blühen,
und Wolken nicht mehr ziehen...
wenn Kinder nicht mehr lachen,
und Engel nicht mehr wachen...
wenn Augen nicht mehr weinen,
und Kerzen nicht mehr scheinen...
wenn Meere nicht mehr salzig sind,
und Sand nicht mehr durch Hände rinnt...
wenn Blut die Farbe Rot verliert,
und Lava kalt zu Eis...
Damaris Wieser
Vom Mondenschein ist
Der Wald so blass.
Im ganzen Hain ist
Ein Flüstern, das
Vom Laubdach tönte:
O Vielersehnte!
Im tiefen Teiche
Bespiegeln lind
Sich schwarze Sträuche,
Es weint der Wind
In Weidenbäumen . . .
Zeit ist zu träumen.
Ein zartes Schweigen
Scheint sanft und rein
Herabzusteigen
Vom Dämmerschein
Der Sternenrunde . . .
Das ist die Stunde.
(Übersetzung Graf Wolf von Kalckreuth)
Paul Verlaine
Eine Handvoll Heimaterde nahm ich von der Heimat mit,
als ich schied,
habe in ein Linnensäckchen eingenäht sie mitgebracht,
unter meinem Kissen liegt sie in der Nacht.
Wenn ich schlafe, führt mein Träumen
mich in flaches Steppenland,
wo der glitzernd gelbe Sand
in der Sonne Gluten flimmert
und auf den Akazienbäumen
goldig schimmert,
wo den Horizont begrenzt ein endlos scheinend Halmenmeer,
hin und her
wogt es wie der Wellen Schaum,
rauscht es wie ein leises Singen,
Heimatlieder mir...
Ella Triebnigg-Pirkhert
Lebens-Banner
Wohl drängen nach den schönem Räumen
Die Menschen all in edlem Streit,
Indem ihr Streben, Tun und Träumen
Sich glühend um ein Banner reiht.
Zwar lassen diese Pilgerschwärme
Das Banner fallen oft im Lauf
Und raffen mit vertauschter Wärme
Ein neues zeitentsprechend auf.
Erkennst du gleich, daß jede Fahne
Ein Bild erhabnen Wähnens sei,
Geselle dich dem schönen Wahne
Als liebevoller Denker bei.
Er wird zum Genius sich klären,
Der sich zu dir mit Liebe senkt
Und deine...
Johann Fercher von Steinwand
Ein schöner Traum
Wenn draußen die Blumen blühen, dann muß ich an dich denken.
Ich bin in dich verliebt und kann meine Gedanken nicht mehr lenken.
Ich denke an dich und fange an zu träumen.
Dein Anblick bringt mich dazu, vor Liebe zu schäumen.
Wenn du mich anlächelst, dann steht die Welt einfach still.
Ich seh dich an und weiß, du bist der, den ich will.
Deinen Augen sind feurig und deine Lippen zum Küssen.
Ich hab mal wieder geschlafen und mein Chef hat mich aufwecken müssen.
Jeremy Seaver
Fürchte dich nicht, sind die Astern auch alt,
streut der Sturm auch den welkenden Wald
in den Gleichmut des Sees -
die Schönheit wächst aus der engen Gestalt;
sie wurde reif, und mit milder Gewalt
zerbricht sie das alte Gefäß.
Sie kommt aus den Bäumen
in mich und in dich,
nicht um zu ruh'n;
der Sommer ward ihr zu feierlich.
Aus vollen Früchten flüchtet sie sich
und steigt aus betäubenden Träumen
arm ins tägliche Tun.
Rainer Maria Rilke
Es ist Frühling
Osterglocken, Hyazinthen,
Tulpen und Forsythien,
diese Vier sind jetzt am Sprinten,
um ins Frühlingsreich zu ziehen.
Zugvögel, sie kehren wieder,
bauen fleißig ihre Nester,
putzen sorgsam ihr Gefieder,
musizieren wie Orchester.
Von der Sonne und den Düften,
sind junge Mädchen wie berauscht,
haben um die zarten Hüften,
Hosen in Röcke ausgetauscht,
Selbst manch grimmige Gesichter
verwandeln sich von ganz allein,
in den Augen blitzen Lichter
und auch die Lippen lächeln...
Horst Rehmann
Auf alle Höhen
Da wollt' ich steigen,
Zu allen Tiefen
Mich niederneigen.
Die Nah und Ferne
Wollt' ich erkünden,
Geheimste Wunder
Wollt' ich ergründen.
Unendlich Schweifen,
Im ew'gen Streben,
Ein Nieergreifen –
Das war mein Leben.
Nun ist's geschehen; –
Aus allen Räumen
Hab' ich gewonnen
Ein holdes Träumen.
Nun sind umschlossen
Im engsten Ringe,
Im stillsten Herzen
Weltweite Dinge.
Lichtblauer Schleier
Sank nieder leise;
In Liebesweben,
Goldzauberkreise –
Ist nun mein Leben.
Wilhelm Raabe
Das Wasserrohr
Nachts braust ein hohles Rauschen an mein Ohr.
Schrill tönt mein Schritt, der banges Leben kündet.
Tief unterm Erdreich liegt ein Wasserrohr:
Weiß nicht, wo's herkommt, – weiß nicht, wo es mündet.
So tief wie eine Ahnung rollt der Schall,
wie bange Märchen, die wir schaudernd träumen.
Mein Fuß erschrickt – und weiß, daß überall
tief unter meinen Wegen Wasser schäumen.
Erich Mühsam