Süßes Zitate (Seite 4)
Schweige, Mund
Schweige, Mund, und redet, Augen!
Andre Sendung will ich nicht;
Nur so zarte Boten taugen,
Wo ein zart Geheimnis spricht.
Durch der Wimpern Schattenschleier
Dringen Blicke, bang, doch kühn,
Süßes, wunderbares Feuer
Spiegelnd in der Wangen Glüh'n.
Ja, mit Wundermacht entzünden
Licht sie im verwandten Sein,
Wissen schnell die Bahn zu finden
Tief in Herzens Herz hinein.
Und die lieblichen Gesandten
Führen mächt'ge Sprache dort,
Und so schlingt mit Wechselbanden
Sich der Blicke...
Karoline Louise Brachmann
Liebesschauder
Unter einer Trauerweide,
Vor dem Tor im Sternenschein
Flüstern, von der Mailuft trunken,
In ihr süßes Glück versunken,
Junggesell' und Mägdelein.
Unterm Gras ruht ein Vergess'ner,
Von den Wurzeln treu bewacht.
Ruhig schaun die tiefen, dunklen
Augenhöhlen in das Funkeln
Einer seligen Liebesnacht.
Was verstummt das traute Lispeln?
Kam ein Schauder jenen Zwei'n,
Daß auf einem Grab sie küssen,
In der Jugend Vollgenüssen,
In dem Kreis des Todes sei'n?
Jakob Boßhart
Unschuld
Gieb, schönes Kind, mir deine Hand
Und sieh mich an,
Den Reisenden aus Wehmutland
Und ärmsten Mann.
Schlag deine Augen nieder nicht;
Sie sind so hold;
Noch nicht voll Glut, doch voller Licht
Und Unschuldsgold.
Das hat so innig milden Schein,
Oh süßes Kind,
Daß alle Kümmernisse mein
Verflogen sind.
Otto Julius Bierbaum
Hitze
Netz die Lungen mit Wein! Heiß über uns wandelt die Sonne schon,
Alles schmachtet und lechzt unter der Wucht drückender Jahresglut;
Schmelzend süßes Gezirp tönt aus dem Laub, wo die Zikade rasch
ihre Flügel bewegt, denen der helltönende Sang entquillt.
Jetzt, zur Zeit wo die Golddistel erblüht, rasen die Weiber all,
Und die Männer sind schwach.
Mark und Gehirn trocknet des Sirius Gluthauch.
Alkäos
Einzeln bin ich geboren, einzeln will ich leben und werde auch einzeln sterben. Darunter mein' ich nicht Alleinsein, aber nicht Mengegefühl will ich pflegen. Der Stempel des Einzelnen liegt auf der ganzen Natur, und kein Baum will Wald sein; wolle er's, es gäbe keinen Wald. Seine</em> Wurzeln, nicht des Waldes Wurzeln nähren ihn.
Alexander von Villers