Süßes Zitate (Seite 34)
Die Mutter bei der Wiege
Schlaf, süßer Knabe, süß und mild!
Du deines Vaters Ebenbild!
Das bist du; zwar dein Vater spricht,
Du habest seine Nase nicht.
Nur eben itzo war er hier
Und sah dir ins Gesicht,
Und sprach: »Viel hat er zwar von mir,
Doch meine Nase nicht.«
Mich dünkt es selbst, sie ist zu klein,
Doch muß es seine Nase sein;
Denn wenn's nicht seine Nase wär,
Wo hättest du denn die Nase her?
Schlaf, Knabe, was dein Vater spricht,
Spricht er wohl nur im...
Matthias Claudius
Ich kann's nicht fassen, nicht glauben,
Es hat ein Traum mich berückt;
Wie hätt' er doch unter Allen
Mich Arme erhöht und beglückt?
Mir war's, er habe gesprochen:
Ich bin auf ewig dein –
Mir war's – ich träume noch immer
Es kann ja nimmer so sein.
O laß im Traume mich sterben,
Gewieget an seiner Brust,
Den seligsten Tod mich schlürfen
In Thränen unendlicher Lust.
Adelbert von Chamisso
Scheiden
Fahr' wohl, mein Lieb, der Morgen graut,
Fahr' wohl, wir müssen uns trennen.
Das Scheiden ist ein bitt'res Kraut,
Von heißen Tränen ist's betaut,
Und seine Blätter brennen.
Es sprießen Blumen ohne Zahl,
Wo Minne und Jugend werben.
Wo zwei in stummer Herzensqual
Beisammensteh'n zum letzten Mal,
Die Gräser und Blumen sterben.
Schau mich noch einmal lächelnd an,
Das will ich zum letzten bitten.
Du hast mir viel zu Lieb' gethan,
Die Welt hat's nicht gelitten.
Dort drüben am Bach eine...
Rudolf Baumbach
Ich habe das Neue Testament nach meinem besten Vermögen und Gewissen übersetzt. Ich habe auch niemanden gezwungen, daß er's lese, sondern es jedem freigelassen. Ich habe allein denen damit dienen wollen, die es nicht besser machen können. Es ist niemandem verboten, es besser zu machen. Wer es nicht lesen will, der lasse es liegen.
Martin Luther
Vom Himmel steigend Jesus bracht / des Evangeliums ewige Schrift. / Den Jüngern las er sie Tag und Nacht; / ein göttlich Wort, es wirkt und trifft. / Er stieg zurück, nahm's wieder mit; / sie aber hatten's gut gefühlt, / und jeder schrieb, so Schritt für Schritt, / wie er's in seinem Sinn behielt, / verschieden. Es hat nichts zu bedeuten: / Sie hatten gleiche Fähigkeiten; / doch damit können sich die Christen / bis zu dem Jüngsten Tage fristen.
Johann Wolfgang von Goethe
Neuerdings hab ich mir's zur Richtschnur gemacht: In Sachen, die ich nicht verstehe, und es tut einer etwas, das ich nicht begreife, so macht er's dumm und greift's ungeschickt an; denn das, was schicklich und recht ist, begreift man auch in unbekannten Dingen; wenigstens muß es einer einem leicht und bald erklären können.
Johann Wolfgang von Goethe
Am schwersten zu bergen ist ein Gedicht; / man stellt es untern Scheffel nicht. / Hat es der Dichter frisch gesungen, / so ist er ganz davon durchdrungen; / hat er es zierlich nett geschrieben, / will er, die ganze Welt soll's lieben. / Er liest es jedem froh und laut, / ob es uns quält, ob es erbaut.
Johann Wolfgang von Goethe
Als der AKH-Skandal war, hab ich den Worm eingeladen und gesagt: Kommen S' mit dem Tonband, nicht um es vorzuspielen, aber kommen S' mit dem Tonband (auf dem sich die belastende Aussage Alfred Winters befand, des Hauptschuldigen im AKH-Skandal, den Alfred Worm aufgedeckt hatte, Anm.). Daß Worm das Band in der Hand hielt, hat Winter so erschreckt, daß er geredet hat. Jahre später hab ich dann dem "profil" entnommen, es war eh nix drauf. Aber so ein Tonband, von dem man im Fersehen behauptet:...
Robert Hochner
Herbstblatt
Ein Herbstblatt stellte sich die Frage:
Wo es denn sei, das Grün vergang'ner Tage?
Und wähnte schon, es läg' an der Ernährung,
der Baumsaft neige ja gelegentlich zur Gährung.
Was tun, denkt es und sammelt seine Kräfte,
sich abzuschotten gegen diese bitt'ren Säfte.
Welch Irrtum, denn der Teint wird trotzdem bleicher!
Und auch der Halteapparat wird weich und weicher.
Ein Windstoß schließlich trennt das Blatt vom Baum
Es schwebt zu Boden. - Aus der grüne Traum!
Das Blatt gesellt sich...
Klaus Reißig