So Ist Leben Zitate (Seite 23)
Das Ich ist unrettbar. Die Vernunft hat die alten Götter umgestürzt und unsere Erde entthront. Nun droht sie, auch uns zu vernichten. Da werden wir erkennen, daß das Element unseres Lebens nicht die Wahrheit ist, sondern die Illusion. Für mich gilt nicht, was wahr ist, sondern was ich brauche, und so geht die Sonne dennoch auf, die Erde ist wirklich, und ich bin ich.
Hermann Bahr
Sich groß zu fassen wissen, und wäre es auf dem Schafott, wäre es im Augenblick, da man so unüberlegt und unmoralisch als möglich handelt, dies ist etwas, dies ist viel, unendlich viel. Wissen, daß man ein großer Herr ist, weil man ein Mensch ist, nichts als das, dies lehrt doch vielleicht zu leben und zu sterben.
Hugo von Hofmannsthal
Was nützt alle das Leben? In Häusern wohnet die Sorge, / auf dem Lande die Müh" in den Geschäften der Neid, / auf dem Meere Gefahr. Besitzt du Habe, so droht dir / Schrecken, besitzest du nichts, quälet dich Mangel und Weh! / Lebe du unvermählt, so lebst du traurig und einsam, / nimm dir ein Weib, so nimmst du auch die Sorge mit ihr. / Kinder mühen, und ohne Kinder lebet sich halb nur; / Jüngling ist man ein Tor, weit in den Jahren ein Kind. / Dürft' ich wählen, ich würd' aus Zweien Eines mir...
Johann Gottfried von Herder
Was sich täglich im Dichter von Gedanken und Empfindungen aufdrängt, das will und soll ausgesprochen sein. Hat man aber ein größeres Werk im Kopfe, so kann nichts daneben aufkommen, so werden alle Gedanken zurückgewiesen, und man ist für die Behaglichkeit des Lebens selbst so lange verloren.
Johann Wolfgang von Goethe
Das Leben ist unermeßlich lange, so lang man noch jung ist. Man meint immer, noch recht viel vor sich zu haben und erst einen kurzen Weg gegangen zu sein. Darum schiebt man auf, stellt dieses und jenes zur Seite, um es später vorzunehmen. Aber wenn man es vornehmen will, ist es zu spät, und man merkt, daß man alt ist.
Adalbert Stifter
Es ist auch gut und sogar die erste Bedingung alles Lebens und aller Organisation, daß keine Kraft monarchisch ist im Himmel und auf Erden. Die absolute Monarchie hebt sich überall selbst auf, denn sie ist objektlos; es hat auch im strengen Sinne niemals eine gegeben. Alles greift ineinander und leidet, so wie es tätig ist.
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Die Welt, in der wir jetzt leben, ist, wenigstens in Europa, so düster, daß uns die Tugend abhanden gekommen ist, und zwar nicht nur in unserem Tun, sondern auch als Begriff. Tugend ist zum Schulwort herabgesunken, sie ist ein Zierstück für das Museum geworden, ein bloßes Wort, ein leerer Schall.
Seigneur Michel Eyquem de Montaigne
Vorletzte Stunde
Jede Stunde ist Tochter und Mutter zugleich
Und macht uns arm, und macht uns reich.
Und immer öffn' ich von neuem die Tür:
"Tritt ein, du Stunde, was bringst du mir?"
Sie schaut mich an: "Mich hab' ich gebracht;
So hab' ich dein Leben reicher gemacht." –
"Und ärmer!" schrei ich. Sie nickt und geht.
Die Tochter schon auf der Schwelle steht.
"Du, deine Mutter an mich vergaß!
Bring du mir endlich" … Ernst fragt sie: "Was?"
– "Das Leben!" fleh' ich. Da geht sie...
Hugo Salus
Was in der Schule du gelernt, ist's wohl vergebens,
Weil du gebrauchen es nicht kannst im Lauf des Lebens?
O nein, den Acker hat zum Anbau es entwildert,
Zum Wesentlichen hat's dich förmlich vorgebildet.
So, was im Leben selbst der großen Schule, du
Gelernt hast, bringst du nicht umsonst dem Himmel zu.
Du mußt die irdischen Aufgaben recht nur treiben,
Und ewig wird davon die Segenswirkung bleiben.
Friedrich Rückert
Wenn du geliebt, wenn du gehofft,
Wenn du gestrebt, gerungen,
Wenn du mit starkem Willen oft
Dein blutend Herz bezwungen:
Dann fühlst du, wie zu vollem Wert
Erwacht dein ganzes Leben,
Denn jeder Schmerz, der dich beschwert
Wird dich nur höher heben.
Dein Glück, es ist so selten echt,
Und wird dich doch betören:
Der Schmerz verleiht dir erst ein Recht,
Dem Leben zu gehören.
Ob du umfingst in Jugendluft
Die Welt mit Liebesarmen,
Es lehrt dich Leid erst und Verlust
Ein heiligstes Erbarmen.
Otto Roquette
Dankbares Leben
Wie schön, wie schön ist dieses kurze Leben,
Wenn es eröffnet alle seine Quellen!
Die Tage gleichen klaren Silberwellen,
Die sich mit Macht zu überholen streben.
Was gestern freudig mocht' das Herz erheben,
wir müssen's lächelnd heute rückwärts stellen;
Wenn die Erfahrungen des Geistes schwellen,
Erlebnisse gleich Blumen sie durchweben.
So mag man breiter stets den Strom erschauen,
auch tiefer mählich sehn den Grund wir winken
Und lernen täglich mehr der Flut vertrauen.
Nun...
Gottfried Keller
Angekommen?
Ich kehr in einen Traum zurück
nach dem ich lang gepennt
er ist wie ein Theaterstück
das man hier "Leben" nennt
Lebens - Traum
ich find Dich schön
ich träum Dich mehr und mehr
doch irgendwann da muß ich gehn
es fällt mir wirklich schwer
nur eines sag ich hier zum Schluß
es schlägt bald meine Stund
auch wenn ich wieder gehen muß
so penn ich mich gesund.....
Kurt Hermann Wilhelm Hübner
Der Frühling
Wenn aus der Tiefe kommt der Frühling in das Leben,
Es wundert sich der Mensch, und neue Worte streben
Aus Geistigkeit, die Freude kehret wieder
Und festlich machen sich Gesang und Lieder.
Das Leben findet sich aus Harmonie der Zeiten,
Daß immerdar den Sinn Natur und Geist geleiten,
Und die Vollkommenheit ist Eines in dem Geiste,
So findet vieles sich, und aus Natur das meiste.
(Scardanelli)
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Wir sind aus solchem Zeug wie das zu Träumen,
Und Träume schlagen so die Augen auf,
Wie kleine Kinder unter Kirschenbäumen,
Aus deren Krone den blassgoldnen Lauf
Der Vollmond anhebt durch die grosse Nacht.
Nicht anders tauchen unsre Träume auf.
Sind da und leben, wie ein Kind, das lacht,
Nicht minder gross im Auf- und Niederschweben
Als Vollmond, aus Baumkronen aufgewacht.
Das Innerste ist offen ihrem Weben,
Wie Geisterhände im versperrten Raum
Sind sie in uns und haben immer...
Hugo von Hofmannsthal