Sehnsucht Zitate (Seite 10)
Wo bist du, Gott?
Wo bist du, Gott? Ich hab die Wälder
Mit deinem Namen wachgeschrien,
Ließ heißaufweinend durch die Felder
Nach dir der Stimme Sehnsucht ziehn.
Ich hab das Meer gefragt, die Stürme
Nach ihrer Heimat Ewigkeit.
Ich schrieb ins Glockenerz der Türme,
Wie meine Seele nach Dir schreit.
Die Frommen fragt ich, mit den Spöttern
Hab ich beim Weine dich verlacht,
Hab in des Meeres Blitzeswettern
Nach dir gefiebert, Meer der Nacht.
Mit Beten, Betteln, Grimm und Fluchen,
Mit rastlos...
Gustav Schüler
Ihr meint, ich trüge meine Stirne
Ihr meint, ich trüge meine Stirne
Etwas zu hoch vor Tatendrang –
Wahr ist's, es lodert mir im Hirne
Zu wild für euren Schneckengang.
Was kümmert mich das kleine Schaffen,
Das eurer Seelchen Sehnsucht stillt –
Was das Erlisten, das Erraffen,
Womit ihr euer Leben füllt;
Was kümmert mich das Weltgetriebe,
Sein leerer Gang, sein hohler Schein!
Ein starker Fels ist meine Liebe,
Und über ihr steht Gott allein.
Prinz Emil von Schoenaich-Carolath-Schilden
Schlaf und Traum
Schlaf ist eine dunkle Reise
In ein frührothelles Land,
Wandrer Traum gesellt sich leise,
Reicht uns seine Spielmannshand.
Nacht ist still gewordner Wille,
Der gebietet, der vollzieht,
Wenn die Königin der Stille
In uns singt ihr Zauberlied.
Alles muß sich dann erfüllen,
Was die dunkle Sehnsucht bringt,
Das Begehrte zu enthüllen,
Fessel springt und Schleier sinkt.
Denn dem Traum hat ihre Schwingen
Bunte Wirklichkeit geliehn:
Alle Himmel zu durchdringen,
Alle Höllen zu...
Carl Ludwig Schleich
Frühlings-Hymne
Dieser blaue Frühlingsmorgen-Himmel
Und dies junge frische Blattgewimmel,
Drin der Wind von Ast zu Aste springt –
Bis sich Blatt mit Blatt im Tanze schwingt –
Diese Flitterwochenzeit der Bäume,
Ihre ersten Sonnen-Blütenträume
Unterm blauen Hochzeitsbaldachin –
Dieses golddurchwirkte Farbenglühn …
O, dies unaussprechlich zarte Beben,
Leib-inLeib- und Seel-in-Seel-Verweben,
Dies Beseeltsein stummster Kreatur,
Offenbarend ihre Gottnatur! …
Bad dich nun, mein Herz, von Staub und...
Ludwig Scharf
Die Sterne
Wenn sich die Nacht zaghaft mit euch besteckt,
wie eine dunkle Tänzerin den seide-
weichen Leib mit spärlichem Geschmeide,
wenn ihr gleich brennendem Staub den Himmel deckt
und leuchtend in das Nichts hinüberleckt,
fliegt wohl von dieser dürren Lämmerheide
und abgegrasten Trübsalsrinderweide
die Seele lechzend zu euch hoch und reckt
der Sehnsucht Fackel hoch in euch empor,
bis sie vom Weine der Unendlichkeiten
trunken taumelt und ein wirrer Flor
sich um die Sinne legt –: aus euren...
Gustav Sack
Warum sind deine Augen denn so naß?
Warum sind deine Augen denn so naß?
Ich habe der Liebsten ins Auge geschaut,
So lange bis mir die meinen sind übergegangen,
Warum sind deine Wangen denn so blaß, so blaß?
Es sind die Rosen, die ich gebaut,
Vor Sehnsucht hinüber gewandelt auf ihre Wangen.
Friedrich Rückert