Seelen Zitate (Seite 4)
Ich bin ein Pilger ...
Ich bin ein Pilger, der sein Ziel nicht kennt;
der Feuer sieht und weiß nicht, wo es brennt;
vor dem die Welt in fremde Sonnen rennt.
Ich bin ein Träumer, den ein Lichtschein narrt;
der in dem Sonnenstrahl nach Golde scharrt;
der das Erwachen flieht, auf das er harrt.
Ich bin ein Stern, der seinen Gott erhellt;
der seinen Glanz in dunkle Seelen stellt;
der einst in fahle Ewigkeiten fällt.
Ich bin ein Wasser, das nie mündend fließt;
das tauentströmt in Wolken sich...
Erich Mühsam
Allen Bruder sein!
Allen helfen, dienen!
Ist, seit Er erschienen,
Ziel allein!
Auch dem Bösewicht,
Der uns widerstrebet!
Er auch ward gewebet
Einst aus Licht.
"Liebt das Böse – gut!"
Lehren tiefe Seelen.
Lernt am Hassen stählen –
Liebesmut!
Brüder – hört das Wort!
Daß es Wahrheit werde –
Und dereinst die Erde
Gottes Ort!
Christian Morgenstern
Wir müssen immer wieder uns begegnen
Und immer wieder durch einander leiden,
Bis eines Tages wir das alles segnen.
An diesem Tage wird das Leiden weichen,
Das Leiden wenigstens, das Blindheit zeugte,
Das uns wie blinden Wald im Sturme beugte.
Dann werden wir in neues Ziel und Leben
Wie Flüsse in ein Meer zusammenfließen,
Und kein Getrenntsein wird uns mehr verdrießen.
Dann endlich wird das »…suchet nicht das Ihre«
Wahrheit geworden sein in unsern Seelen.
Und wie an Kraft, wird's uns an Glück...
Christian Morgenstern
Genug oft
Genug oft, daß zwei Menschen sich berühren,
– nicht leiblich, geistig nur – daß sie sich sehn</em>,
daß sie sich einmal gegenüberstehn –
um sich danach vielleicht auf immer zu verlieren.
Genug oft, daß ein Lächeln Zweier Seelen
vermählt – oh nicht vermählt! nur dies: sie führt,
so vor einander schweigend und erschüttert,
daß ihnen alle Wort' und Wünsche fehlen,
und jede, unaussprechlich angerührt,
nur tief vom Zittern der verwandten zittert.
Der kann von Liebe nicht reden,
dem sie...
Christian Morgenstern
Auch du bist fremd
Auch du bist fremd und feind den großen Worten.
Sie haben uns zu oft betrogen.
Wir haben selbst damit zu oft gelogen;
Vielleicht nicht wollend, doch zu allen Orten.
Schmerzlich mißtrauend jenen blinden Räuschen,
Die Menschen treiben, Menschen anzuhangen,
Umfangen unsre Seelen sich voll Bangen
Und zittern, sich noch einmal zu enttäuschen.
Christian Morgenstern
Es sandte mir das Schicksal tiefen Schlaf.
Ich bin nicht tot, ich tauschte nur die Räume.
Ich leb in euch, ich geh in eure Träume,
da uns, die wir vereint, Verwandlung traf.
Ihr glaubt mich tot, doch daß die Welt ich tröste,
leb ich mit tausend Seelen dort,
an diesem wunderbaren Ort,
im Herzen der Lieben. Nein, ich ging nicht fort,
Unsterblichkeit vom Tode mich erlöste.
Michelangelo
Fröhlicher Tod
Es ist ein fröhlich Ding um aller Menschen Sterben:
Es freuen sich darauf die gerne-reichen Erben;
Die Priester freuen sich, das Opfer zu genießen;
Die Würmer freuen sich an einem guten Bissen;
Die Engel freuen sich, die Seelen heimzuführen;
Der Teufel freut sich, im Fall sie ihm gebühren.
Friedrich Freiherr von Logau
Das sehnlichste, das quälendste Verlangen,
Was selbstbewußte Seelen weich'rer Art
Ergreift auf ihrer dunklen Lebensfahrt,
Ist der Gedanke: hätt' ich's nie begangen!
Der Qualgedanke: wär ich rein geblieben!
Verfinstert ihnen jeden holden Stern,
Vergällt der Freude innerlichsten Kern,
Hat manchen schon in frühen Tod getrieben.
Nikolaus Lenau
Der Stern von Bethlehem
Der Stern von Bethlehem
leuchtet hinein
in unsere Dunkelheit
der inneren Unruhe,
des Überfordert- Seins,
des Machtstreites
untereinander,
der Lieblosigkeit,
der Verzweiflung
und der Unfähigkeit
zum Handeln.
Du, Stern von Bethlehem,
laß dein Licht
unsere Seelen erhellen
und uns zu Taten
der Liebe bewegen.
Gudrun Kropp
Zusammen
Nach jenen blauen Bergen senden,
Willst du die Blicke sehnsuchtsvoll,
Willst, daß auch ich mein Aug' hin wenden,
Und deinen dort begegnen soll.
So klammre dich denn, wundes Herze,
an jenen starren Felsen an
Grab' dort dich ein mit deinem Schmerze
Dem nur der ihre gleichen kann.
So findet dort euch, treue Seelen
Zusammen schmied' euch fest der Gram
Nichts wird euch in der Wildnis fehlen
Ob auch das Schicksal alles nahm.
Christian Reinhold Köstlin
Das Leben
Beklage nicht, daß deinem Leben
Der Herr nur kurze Frist gegeben,
Dem Traume gleich dein Dasein ist.
Zu bösen Thaten, wie zu guten,
Brauchst du nur wenige Minuten; -
Wie lang' ist deines Lebens Frist!
Wie bei dem Vater aller Seelen
Jahrtausende nur Tage zählen,
Zählt jeder Tag Jahrtausend' dir:
In einem Tage soviel Gutes
Kannst du vollbringen frohen Mutes,
Als wärst du ein Jahrtausend hier!
Ludwig Kossarski