Schweigen Zitate (Seite 17)
An die Günstigen
Dichter lieben nicht zu schweigen,
Wollen sich der Menge zeigen.
Lob und Tadel muß ja sein!
Niemand beichtet gern in Prosa;
Doch vertraun wir oft sub Rosa
In der Musen stillem Hain.
Was ich irrte, was ich strebte,
Was ich litt und was ich lebte,
Sind hier Blumen nur im Strauß;
Und das Alter wie die Jugend,
Und der Fehler wie die Tugend
Nimmt sich gut in Liedern aus.
Johann Wolfgang von Goethe
Fenster wo ich einst mit dir
Abends in die landschaft sah
Sind nun hell mit fremdem licht.
Pfad noch läuft vom tor wo du
Standest ohne umzuschaun
Dann ins tal hinunterbogst.
Bei der kehr warf nochmals auf
Mond dein bleiches angesicht . . .
Doch es war zu spät zum ruf.
Dunkel – schweigen – starre luft
Sinkt wie damals um das haus.
Alle freude nahmst du mit.
Stefan George
O du, vor dem die Stürme schweigen,
Vor dem das Meer versinkt in Ruh,
Dies wilde Herz nimm hin zu eigen
Und führ' es deinem Frieden zu;
Dies Herz, das ewig umgetrieben
Entlodert, allzurasch entfacht,
Und, ach, mit seinem irren Lieben
Sich selbst und andre elend macht.
Entreiß es, Herr, dem Sturn der Sinne,
Der Wünsche treulos schwankem Spiel;
Dem dunkeln Drange seiner Minne,
Gieb ihm ein unvergänglich Ziel;
Auf daß es, los vom Augenblicke,
Von Zweifel, Angst und Reue frei,
Sich einmal ganz...
Emanuel Geibel
Die Sprache der Liebe
Das ist der Liebe eigen,
Mit Worten muß sie schweigen;
Sie spricht mit süßen Zeichen
Von Dingen ohne Gleichen.
Es sagt die Hand am Herzen:
Hier innen trag' ich Schmerzen,
Und möchte doch dies Leiden
Um alle Welt nicht meiden.
Im Auge spricht die Thräne:
Wie ich nach dir mich sehne!
Mein Wollen, Denken, Sinnen,
Es will in deins verrinnen.
Es spricht der Lippe Zücken:
O laß dich an mich drücken,
Auf daß im Feuerhauche
Sich Seel' in Seele tauche!
So weht aus stummen...
Emanuel Geibel
Ein Licht wie dieses,
das die Flamme wirkt
der Kerze in der Nacht
des Schweigens,
unscheinbar zwar
und doch
des Scheines mächtig
und der Kraft des Trostes.
Dein Leuchten macht
die Ferne nah,
wandelt Dunkelheit
in Sternenglanz,
führt das wunde Herz
aus der Fährnis
und der Bangigkeit
in die Freude
ganz.
Carl Peter Fröhling
Mein ewiges Suchen
Nächtlicher Himmel ---
ich gehe in die Einsamkeit,
fort vom Trubel,
nur noch meine Gedanken,
die mich beherrschen.
Doch gibt es ein Entrinnen,
das mir Glück verspricht?
Stille und Schweigen ---
mein Schicksal in dieser Nacht,
allein!
Ich irre durch die Dunkelheit
und ich suche ein Ziel,
ein Halt im Meer der Gefühle.
Ich gehe – ich irre – ich suche ---
ein Leben lang!
Volkmar Frank
Alles still! es tanzt den Reigen
Mondenstrahl in Wald und Flur,
Und darüber thront das Schweigen
Und der Winterhimmel nur.
Alles still! vergeblich lauschet
Man der Krähe heisrem Schrei.
Keiner Fichte Wipfel rauschet,
Und kein Bächlein summt vorbei.
Alles still! die Dorfeshütten
Sind wie Gräber anzusehn,
Die, von Schnee bedeckt, inmitten
Eines weiten Friedhofs stehn.
Alles still! nichts hör ich klopfen
Als mein Herze durch die Nacht -
Heiße Tränen niedertropfen
Auf die kalte...
Theodor Fontane
Weihnachten gefunden
Worte die ins Nichts verschwinden,
Worte die man nicht gehört
werden plötzlich wieder deutlich,
werden nicht durch Furcht zerstört.
Augen, die sonst blind vor Leiden
sehen endlich wieder hell.
Münder, die sonst still, voll Schweigen
sprechen wieder laut und schnell.
Ohren, die sonst nichts mehr hören
öffnen sich dem neuen Wort,
weil der Heiland kommt hernieder
hier zu uns an diesem Ort.
All das Dunkle, all das Graue
wird nun hell und leuchtet klar,
weil die Sehnsucht in...
Klaus Flüß
Noch ist's dem Frühling nicht gelungen,
Dem duftenden, sich uns zu nahn,
Schnee füllt die Schluchten, Niederungen,
Noch rasselt in den Dämmerungen
Das Fuhrwerk auf gefrorner Bahn.
Rot perlt auf hohen Lindenzweigen.
Kaum wärmt der Mittagssonne Hauch.
Ein erstes Gelb die Birken zeigen,
Jedoch die Nachtigallen schweigen
Noch im Johannisbeerenstrauch.
Vom Neugeborenwerden künden
Die Kraniche, die weiterziehen,
Und ihrem Flug folgt, bis sie schwinden,
Die Schöne in den Steppengründen,
Der...
Afanassi Afanassjewitsch Fet
Liebesfrühling
Wie oft schon ward es Frühling wieder
Für die erstorbne öde Welt!
Wie oft schon schollen frohe Lieder
Ihm überall durch Wald und Feld!
Wie oft schon ward es Frühling wieder!
Doch Frühling ward es nicht für mich:
Es schweigen meines Herzens Lieder,
Denn Frühling wird es nur durch dich.
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben