Schwarze Zitate (Seite 7)
Zwischen Gräben und grauen Hecken,
den Rockkragen hoch, die Hände in den Taschen,
schlendre ich durch den frühen Märzmorgen.
Falbes Gras, blinkende Lachen und schwarzes Brachland
so weit ich sehn kann.
Dazwischen,
mitten in den weissen Horizont hinein,
wie erstarrt,
eine Weidenreihe.
Ich bleibe stehn.
Nirgends ein Laut. Noch nirgends Leben.
Nur die Luft und die Landschaft.
Und sonnenlos, wie den Himmel, fühl ich mein Herz!
Plötzlich ein Klang,
Ich starre in die Wolken.
Über mir,...
Hermann Oscar Arno Alfred Holz
Ein Tag … ohne dich ist … kein Tag!
Die
Stunden … kriechen.
Alles … öde … alles leer!
Noch … nachts,
mitten zwischen zwei Träumen,
die mich in deine Arme
wiegen, plötzlich:
Ich
schrecke auf!
Mit … zitterndem …
Herzen!
Liegst du … jetzt wach?
Sehnst du … dich … nach mir?
Riefst
du … mich?
Schwarze, schwere, regungslose,
nur durch das
jagende, fiebernde, pochende
Pulsen meines Bluts
durchhämmerte Stille!
Fern … von mir … fern
bist … du,
fern!
Hermann Oscar Arno Alfred Holz
Ermahnung
Ach was wollt ihr trüben Sinnen
Doch beginnen!
Traurig sein hebt keine Not.
Es verzehret nur die Herzen,
Nicht die Schmerzen,
Und ist ärger als der Tod.
Auf, o Seele! du mußt lernen
Ohne Sternen,
Wenn das Wetter tobt und bricht,
Wenn der Nächte schwarze Decken
Uns erschrecken,
Dir zu sein dein eigen Licht.
Christian Hofmann von Hofmannswaldau
Leben, Traum und Tod
Leben, Traum und Tod ...
Wie die Fackel loht!
Wie die Erzquadrigen
Über Brücken fliegen,
Wie es drunten saust,
An die Bäume braust,
Die an steilen Ufern hängen,
Schwarze Riesenwipfel aufwärts drängen ...
Leben, Traum und Tod ...
Leise treibt das Boot ...
Grüne Uferbänke
Feucht im Abendrot,
Stiller Pferde Tränke,
Herrenloser Pferde ...
Leise treibt das...
Hugo von Hofmannsthal
Das Vöglein
Vöglein, Vöglein mit den Schwingen,
Mit den Äuglein schwarz und klein,
Laß uns mit einander singen,
Laß uns liebe Freunde sein!
Vöglein hüpfte auf den Bäumen,
Endlich es mit Sang begann:
Du kannst nur von Freiheit träumen,
Dich seh' ich als Fremdling an!
Mensch, auch Du hast Deine Schwingen,
Äuglein klar und hell und rein,
Könntest Freiheit dir...
Stefan George
Reue
Die Nacht war schwarz, die Luft war schwül,
Ich fand nicht Schlaf auf meinem Pfühl,
Mein Sinn ward trüb und trüber;
Da schritten die Tage der alten Zeit
Zu langem, langem Zug gereiht
Wehklagend mir vorüber:
»Du hattest den Lenz und du hast ihn entlaubt,
Du hattest das Heil und du hast nicht geglaubt,
Du hattest ein Herz zum Lieben,
Du hast es vertändelt mit eitlem Schein;
Nun bist du zuletzt allein, allein
Mit deinem Jammer geblieben.
Und wie du ringst in bangem Gebet,
Es ist...
Emanuel Geibel
Dreihundertmal hab' ich gedacht:
Heute hast du's gut gemacht,
Dreihundertmal durchfuhr mich das Hoffen:
Heute hast du ins Schwarze getroffen,
Und dreihundertmal vernahm ich den Schrei
Des Scheibenwärters: »Es ging vorbei.«
Schmerzlich war mir's dreihundertmal –
Heute ist es mir egal.
Theodor Fontane
Rätsel
Ein Männlein steht im Walde ganz still und stumm,
Es hat von lauter Purpur ein Mänt'lein um.
Sagt, wer mag das Männlein sein,
Das da steht im Wald allein
Mit dem purpurroten Mäntelein?
Das Männlein steht im Walde auf einem Bein
Und hat auf seinem Haupte schwarz Käpplein klein,
Sagt, wer mag das Männlein sein,
Das da steht im Wald allein
Mit dem kleinen, schwarzen Käppelein ?
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Der Pinguin
Emanzipiert, ob Mann ob Weib,
brillieren sie im Frack,
darunter sitzt ein Federkleid,
das glänzt wie weißer Lack.
So geht man - und so taucht man ein
in eisig-kalte Flut,
das Torkeln und das komisch-Sein,
weicht nun dem größten Mut.
Sie gleiten kühn mit Eleganz,
sind schneller als ein Pfeil,
sind eingeölt von Kopf bis Schwanz,
das Meer - ihr Seelenheil.
Ob Eises Wind, ob schwarze Nacht,
ob meterhoher Schnee,
es wird des Fischers Werk vollbracht,
per Frack - in tiefer...
Klaus Ender
Es geht wohl anders als du meinst:
derweil du frei und fröhlich scheinst,
ist Lenz und Sonnenschein verflogen,
die liebe Gegend schwarz umzogen;
und kaum hast du dich ausgeweint,
lacht alles wieder, die Sonne scheint -
es geht wohl anders, als man meint!
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Dunkles Gefühl
Ich lag unter blühendem Baume,
Wie unter prächtigem Zelt –
Und sah in wachem Traum
Blitzen, die Axt, die ihn fällt.
In Golde prangten die Saaten,
In Purpur dazwischen der Mohn –
Ich hörte die Schnitter, die nahten,
Ich sah die Sichel schon.
Und nachts, da hab' ich vernommen
Im Hause schleichenden Tritt –
Vier schwarze Männer kommen
Und nehmen mich schweigend mit.
Emil Claar
Duldung
Schwarzes Eisen, kalt und spröde,
Schelten möchte ich dich nicht,
Weil es dir an Lebenswärme
Und an Biegsamkeit gebricht.
Bist du doch in Feuersgluthen
Zischend einst emporgewallt,
Eh' du unter Hammerschlägen
Mußtest werden starr und kalt.
Und, so sollt auch ihr nicht schelten,
Wenn ihr seht ein kaltes Herz,
Sollt ihm heißes Mitleid zollen,
Weil es gleicht dem todten Erz.
Wißt ihr denn, ob es nicht glühend,
Zischend einst emporgewallt,
Bis es unter Schicksalsschlägen
Ward wie Eisen...
Luise Büchner
Der Garten der Liebe
Ich begab mich zum Garten der Liebe
und sah, was noch nie ich gesehn:
Eine Kirche erricht' in der Mitte,
wo ich pflegte spielen zu gehn.
Und die Pforte der Kirch' war verschlossen
und – Du Sollst Nicht – graviert überm Tor:
So ging ich zum Garten der Liebe,
wo Blumen blühten zuvor.
Und ich sah ihn gefüllt mit Gräbern
und statt Blumen Grabsteine nur,
wo schwarze Pastoren,
dem Rundgang verschworen,
mit Dornzweigen fangen
mein Lust und Verlangen.
William Blake