Schöne Leben Zitate (Seite 4)
Das Schöne bewundern,
Das Wahre behüten,
Das Edle verehren,
Das Gute beschließen;
Es führet den Menschen,
Im Leben zu Zielen,
Im Handeln zum Rechten,
Im Fühlen zum Frieden,
Im Denken zum Lichte;
Und lehret ihn vertrauen
Auf göttliches Walten
In allem, was ist:
Im Weltenall,
Im Seelengrund.
Rudolf Steiner
Sonntag
Wie lieb' ich es, an Sonntagnachmittagen
Allein zu sitzen im vertrauten Zimmer;
Durchs Fenster bricht der Sonne heller Schimmer,
Das Buch vergoldend, das ich aufgeschlagen.
Die Straßen; es rollen keine Wagen;
Des Marktes Lärm verstummt, als wär's auf immer,
Und all des Sonntagsstaates bunter Flimmer,
Er ward hinaus in Wald Flur getragen.
Verlassen fühlt sich, wer zurückgeblieben,
Und manches schöne Auge blickt verdrossen,
Und manche Wünsche unerfüllt zerstieben.
Es ruht das Leben, wie...
Ferdinand von Saar
Letzter Schmuck
Ich will, wann ich gestorben werde sein,
Als Blume blühn aus meines Grabes Staube:
Daß, die mich tötet jetzt, mich pflücke fein,
Und Liebe noch einmal mein Leben raube.
Ich will, wann ihre schöne Hand mich pflückt,
Daß sie nicht wisse, wen sie also pflücke;
Daß sie, mit der ich lebend mich geschmückt,
Im Tode doch mit mir einmal sich schmücke.
Friedrich Rückert
Noch ist die blühende, goldene Zeit,
du schöne Welt, wie bist du so weit!
Und so weit ist mein Herz und so blau, wie der Tag,
Wie die Lüfte durchjubelt von Lerchenschlag.
Ihr Fröhlichen singt, weil das Leben noch mai't:
Noch ist die blühende, goldene Zeit,
Noch sind die Tage der Rosen!
Otto Roquette
Und ich darf noch
Hie und da, dann und wann
Ein Wehweh. Doch im Ganzen:
Ich, der ich nicht tanzen kann,
Sehe gern andere tanzen.
Noch immer in Arbeit gestellt
Und die Arbeit genießend,
Finde ich dich, ausstudierte Welt,
Immer neu fließend.
Gehe durch die Straßen einer Stadt,
Um Dinge herum, die stinken.
Was Beine oder keine Beine hat,
Kann blinken oder winken.
Ich kann einen Pflasterstein,
Der am Rinnstein liegt, aufheben.
O schönes Auferdensein!
Und ich darf noch leben.
Joachim Ringelnatz
Nachtschwärmen
Die alte Pappel schauert sich neigend,
Als habe das Leben sie müde gemacht.
Ich und mein Lieb – hier ruhen wir schweigend –
Und vor uns wallt die drückende Nacht.
Bis sich zwei schöne Gedanken begegnen, –
Dann löst sich der bleierne Wolkenhang.
Goldene, sprühende Funken regnen
Und füllen die Welt mit lustigem Klang.
Ein trüber Nebel ist uns zerronnen.
Ich lege meine in deine Hand.
Mir ist, als hätt ich dich neu gewonnen. – –
Und vor uns schimmert ein goldenes Land.
Joachim Ringelnatz
Abschied von der Erde
Leb' wohl, du schöne Erde!
Kann dich erst jetzt versteh'n,
Wo Freude und wo Kummer
An uns vorüberweh'n.
Leb' wohl, du Meister Kummer!
Dank dir mit nassem Blick!
Mit mir nehm' ich die Freude,
Dich laß' ich hier zurück.
Sei nur ein milder Lehrer,
Führ' alles hin zu Gott,
Zeig' in den trübsten Nächten
Ein Streiflein Morgenrot!
Lasse sie die Liebe ahnen,
So danken sie dir noch,
Der früher und der später,
Sie danken weinend doch.
Dann glänzt das Leben heiter,
Mild lächelt...
Adolf von Pratobevera
Willst Gutes du und Schönes schaffen,
Das lebensvoll das Leben mehre,
Mußt du dich ernst zusammenraffen
Und darfst nicht scheu'n der Arbeit Schwere.
Da hilft kein Schwärmen bloß und Hoffen,
Kein Traum von künftiger Entfaltung;
Nein, ringen mußt du mit den Stoffen,
Und stark sie zwingen zur Gestaltung.
Julius Hammer
Es wirkt mit Macht der edle Mann
Jahrhunderte auf seines Gleichen:
Denn was ein guter Mensch erreichen kann,
Ist nicht im engen Raum des Lebens zu erreichen.
Drum lebt er auch nach seinem Tode fort,
Und ist so wirksam, als er lebte;
Die gute Tat, das schöne Wort:
Es strebt unsterblich, wie er sterblich strebte.
Johann Wolfgang von Goethe
Das Bilderbuch
Von der Poesie sucht Kunde
Mancher im gelehrten Buch,
Nur des Lebens schöne Runde
Lehret dich den Zauberspruch;
Doch in stillgeweihter Stunde
Will das Buch erschlossen sein,
Und so blick ich heut hinein,
Wie ein Kind im Frühlingswetter
Fröhlich Bilderbücher blättert,
Und es schweift der Sonnenschein
Auf den buntgemalten Lettern,
Und gelinde weht der Wind
Durch die Blumen, durch das Herz
Alte Freuden, alten Schmerz -
Weinen möcht ich, wie ein Kind!
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Der Halbpoet
Es ist die allergrößte Pein,
Ein Halbpoet geboren sein,
Zu tragen in sich unerhellt
Das Chaos einer ganzen Welt,
Aus dessen Gähren, dessen Ringen
Kein ganzes Leben will entspringen.
Zu steh'n in heißen Durstesqualen
Im Zauberborn des Idealen,
Das Schöne liebend zu bereifen,
Heran zur höchsten Klarheit reifen,
Im Reinen wandeln und im Wahren –
Ohnmächtig es zu offenbaren.
In dir ein Schaffen unbewußt,
Ein lautlos Schrei'n in deiner Brust,
Ein Wogen, Keimen, Knospensprengen,
Ein...
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach