Schmerz Zitate (Seite 9)
Dichterlos
Wer einmal nur in Versen sprach,
Dem folgt das Unglück ewig nach,
Denn was er auch in Zukunft spricht,
Der Welt dünkt alles ein Gedicht.
Wenn warm sein Herz für Tugend glüht,
Ein göttlich Feuer aus ihm sprüht,
Singt er von Gott, von Recht und Pflicht,
Der Welt dünkt alles ein Gedicht.
Und gibt sein liebeheißer Mund
Die seligsten Gefühle kund,
Ich liebe Dich! – Man glaubt ihm nicht,
Hält seine Liebe für Gedicht.
Und foltert ihn der Sehnsucht Pein,
So klagt und weint er ganz...
Berthold Sengschmitt
Bei dir allein
Bei dir allein empfind' ich, daß ich lebe,
Daß Jugendmut mich schwellt
Daß eine heit're Welt
Der Liebe mich durchhebe;
Mich freut mein Sein
Bei dir allein!
Bei dir allein weht mir die Luft so labend,
Dünkt mich die Flur so grün,
So mild des Lenzes Blüh'n,
So balsamreich der Abend,
So kühl der Hain,
Bei dir allein!
Bei dir allein verliert der Schmerz sein Herbes,
Gewinnt die Freud' an Lust!
Du sicherst meine Brust
Des angestammten Erbes;
Ich fühl' mich mein
Bei dir allein!
Johann Gabriel Seidl
So rein ist Mutterliebe, wie die Sonne;
Kein Herz kann lieben, wie das Mutterherz.
Des Kindes Freude ist der Mutter Wonne,
Des Kindes Weinen ist der Mutter Schmerz.
Kann man doch einzig aus der Mutter Augen
Den frommen Ausdruck stiller Liebe saugen;
Der Blick, der immer Gutes sinnt:
Es ist der Mutter Blick aufs Kind.
Johann Heinrich Schulze
Warum du?
Es war der traurigste Tag, den die Erde je geboren,
an dem ich dich und all meine Hoffnung verloren.
Ein Tag war nie wieder so grausam und trist,
wie der Tag, an dem du gegangen bist.
Jede Sekunde des Atmens nur Schmerz;
Jeder Gedanke ein Stich in mein Herz;
Jede Träne Erlösung, jedes Empfinden total;
Jeder Zuspruch vergebens, jeder Schritt eine Qual.
Ich werde niemals verstehn und ich frag immerzu:
Warum nicht ich? Warum jetzt? Warum Du?
Jutta Schulte
Es ist wohl schwer, zu ziehen
Von denen, die uns lieb,
Und die ein heftig Fühlen
In uns're Seele schrieb;
Doch ist ob allen Häuptern
Ein gleiches Blau gespannt,
Und eine gleiche Sonne
Wärmt auch das fernste Land.
Es ist wohl schwer zu scheiden
Auf immer von der Welt,
Von allem was sie Theures
Für unser Herz enthält;
Doch öffnet einst ein Himmel
Sein golden strahlend Thor,
Und ruft verwandte Seelen
Vereinigend empor.
Doch bitt'rer noch und schwerer,
Als selbst des Todes Pein,
Ist lieben und...
Hyacinth von Schulheim
Mutterherz, o Mutterherz!
Ach! wer senkte diese Regung,
Diese flutende Bewegung,
Diese Wonne, diesen Schmerz,
Süß und schauervoll in dich:
Gott, der Herzensbilder,
Sprach zur roten Flut
In den Adern: Milder
Fließe, still und gut!
Und da strömten Flammen
Alle himmelwärts
In der Brust zusammen -
Und es ward ein Mutterherz.
Christian Friedrich Daniel Schubart
Adler sind meine Gedanken!
Adler sind meine Gedanken!
Flattern hoch in der Lüfte blaulichem Meer.
Adler der Lüfte sind meine Gedanken.
Fassen die Beute so hoch und hehr.
Aber das Opfer, so grausam zerrissen,
Fliehendes Leben verkündend im Schmerz –
Mußt' es verhehlend am Ende doch wissen:
Daß es das eigne verblutende Herz.
Schwäne sind meine Gefühle!
Theilen still jener Tiefe wogende Nacht!
Singende Schwäne sind meine Gefühle,
Singen der Sonne verheerende Pracht.
Aber die Gluthen, die sie...
Luise Adelaide Lavinia, genannt Adele Schopenhauer
Beruhigung
Sprich, was soll dein irres Sehnen,
Was dein hoffnungsloser Schmerz?
Blicke mutig durch die Thränen,
Blicke freudig himmelwärts.
Wo, was jetzt vorüberwehend,
Wie ein Himmelston verklingt,
Jugendkräftig und bestehend
Alle Schmerzen niederzwingt.
Wünsche dir entfloh'ner Stunden
Helle Freude nicht zurück –
Denn das Glück ist nie verschwunden,
Was verschwindet, ist kein Glück! –
L. Schnabel
Kinderglaube?
Ein Engel, hieß es, als wir Kinder waren,
ist unterwegs, der sammelt jeden Schmerz,
den bösen, ungerechten, unduldbaren,
und fliegt hinauf und rührt an Gottes Herz.
Und zu Musik wird einer Schande Name,
es trägt als Duft ihn jeder Wind,
und Traumgespiele, helle, wundersame,
gesellen sich dem Schmerzenskind.
Das plötzlich strahlt. Es sieht: die Himmel rüsten,
dem Qualverstummten Gottes Arm zu leihn…
Ach, wär es wahr, sagt, wieviel Engel müßten
da heute wohl auf allen Wegen sein!
René Schickele
O Mensch, schau hin und klage
Fortan im Unglück nicht!
Du siehst: was wären Tage
Voll lauter Sonnenlicht?
Damit zu reichem Segen
Der Frühlingskeim erwacht,
Gibt ihm der Himmel Regen,
Gibt ihm der Himmel Nacht.
Und daß zu voller Schöne
Erblüh' des Menschen Herz,
Schickt uns ein Gott die Träne,
Schickt uns ein Gott den Schmerz.
Ernst Scherenberg
Glück und Unglück
O, daß der Freude lichter Born,
Einmal getrübt, so leicht versiegt,
Und unser Glück und unsre Lust
Spurlos wie Schaum im Wind verfliegt!
Indes von jedem Unglück doch
Ein Stachel tief im Herzen bleibt
Und unauslöschbar seine Schrift
Der Schmerz in Stirn und Wangen schreibt!
Ernst Scherenberg
Ungeweinte Tränen
bedeuten nicht:
Härte
Gefühlsarmut
Abgeklärtheit
Distanz
Kühlheit
...
Sie fließen nicht,
wenn andere sie von mir erwarten.
Selten erst dann,
wenn ich die Türe hinter Euch schließe
und mir der Schmerz des Geschehenen
oder
der Worte
eintritt.
Ungeweinte Tränen –
schmerzvoller als Gelebte!
Alexandra Savnik
Ergebung
Mag immerhin der Strom entgleiten,
Der meines Lebens Kahn entführt;
Indeß der Bord der Jugendzeiten
Sich mir in Fernungsduft verliert.
Zwo Töchter der Erfahrung stiegen
In meinen Kahn und weichen nie:
Verklärten Schmerz in trüben Zügen,
Süßlächelnde M e l a n c h o l i e.
Die andre, die mit leisem Dämpfer
Der Seele Saiten reiner stimmt,
E r g e b u n g, die geprüfte Kämpfer
In ihres Schilds Umschattung nimmt.
Wenn jene tief in meine Laute
Nach rührenden Akkorden greift;
Ruft die,...
Johann Gaudenz Freiherr von Salis-Seewis