Schmerz Zitate (Seite 8)
Letzte Liebe
Wie an der Neige unserer Zeit
Wir zarter, abergläubischer lieben!
Als Abglanz der Vergänglichkeit
Ist, letzte Liebe, dein Strahl geblieben.
Den halben Himmel deckt die Nacht,
Und nur im Westen schweifen Lichter.
Verweile, verweile, du Abendpracht,
Verstrick mich, Zauber, dicht und dichter.
Mag spärlich das Blut sich regen,
Doch voller Zartheit ist das Herz.
O letzte Liebe, Fluch und Segen
Und Glück und hoffnungsloser Schmerz.
Fjodor Iwanowitsch Tjuttschew
Ob dir ein Pfühl, mir karges Moos
Zum Wiesenlager ward bestellt,
Uns Menschen traf das gleiche Los:
Wir kamen elend auf die Welt!
Ob eine Thräne mich begrüßt,
Ob lauter Freudenruf erscholl,
Als Liebe jubelnd dich geküßt:
Wir kamen hülflos, schmerzensvoll!
Und wie und wo wir immer gehn,
Im Hermelin, im Bettelkleid,
Im dunklen Thal, auf lichten Höhn:
Ein jeder hat sein eigen Leid!
Dem zuckt der Schmerz im Angesicht,
Und jener scherzt und fühlt doch tief,
Daß ihm ein Dorn die Brust zersticht,...
Julius Karl Reinhold Sturm
Beginn des Endes
Ein Punkt nur ist es, kaum ein Schmerz,
Nur ein Gefühl, empfunden eben;
Und dennoch spricht es stets darein,
Und dennoch stört es dich zu leben.
Wenn du es andern klagen willst,
so kannst du's nicht in Worte fassen.
Du sagst dir selber: »Es ist nichts!«
Und dennoch will es dich nicht lassen.
So seltsam fremd wird dir die Welt,
Und leis verläßt dich alles Hoffen,
Bis du es endlich, endlich weißt,
Daß dich des Todes Pfeil getroffen.
Theodor Storm
Mehr in der Töne Schwellen
Neigt sich die Seele dir;
Höher schlagen die Wellen,
Fluten die Pulse mir.
Fliehen und Wiederfinden,
Wechselnde Melodie!
Laß du die Seele schwinden,
Sterben in Harmonle.
Hörst du den Ruf erklingen,
Rührend dein träumend Ohr?
Weiße blendende Schwingen
Tragen dich wehend empor.
Selig, im Lichte zu schweben
Über den Wolken hoch!
Ließt du das süße Leben,
Kennst du die Erde noch?
Aber zum stillen Grunde
Zieht es hernieder schon;
Heimlich von Mund zu Munde
Wechselt ein...
Theodor Storm
Im Traum
Ich ritt auf einem schwarzen Pferde
Durch die Nacht.
Ich ahnte nicht,
Dass das so stolz und traurig macht.
Ich war ein junger Edelmann,
Und hatte goldene Kleider an.
Doch auch der Sterne reiche Pracht,
Sie konnte mich nicht trösten.
Ich wusste nicht, woher ich kam.
Ich wusste nicht, wohin ich ritt.
Ich wusste nur, dass ich unsäglich litt.
Die Bäume und die Steine um mich waren fremd.
Und meine schweren Kleider
Froren wie ein Totenhemd.
Ich kannte meinen Namen nicht mehr,
Nicht...
Francisca Stoecklin
Im Waldgehege
Das braust und stöhnt im Waldgehege,
Es kracht der Baum, die Wolken weh'n;
Ich gehe schweigend meine Wege –
Ich hab's gelernt, im Sturm zu geh'n.
Die Wogen sprüh'n empor, die weißen,
Der See heult und der Nordwind brüllt.
Sturm, willst du mir vom Herzen reißen
Auch noch das Lied, das mich erfüllt?
Ich geb' dir's nicht, – ich preß' die Arme
Um dies gequälte, volle Herz,
Erbarmungsloser Sturm, erbarme
Dich meiner! – Laß mir meinen Schmerz!
Karl Stieler
Worte
Die Worte sollen nicht Dornen sein,
Das bange Herz zu verwunden –
Es wird ja doch so selten ein Strauß
Von Rosen dem Leben gebunden.
Und wo so spärlich die Rosen blühn,
Verhüllt nur die Sterne scheinen,
Da darf durch's spitzige Wort kein Aug'
Eine einzige Thräne weinen.
Es sei das Wort fürs klagende Herz
Balsam der Wiederbelebung,
Zu Grabe tragend den herben Schmerz
Mit stillem Trost der Ergebung.
Karl Stelter
Begegnung
Du sagst immer, sei offen!
Ich wäre es so gerne,
wenn ich nicht so viel Angst davor hätte,
daß du mich verletzt!
Ich sage immer zu mir, bleib offen!
Ich wäre es so gerne,
wenn ich nicht so viel Angst hätte,
vor all dem Schmerz und den tiefen Wunden!
Doch alle Angst wird mich nicht daran hindern,
mir und dir,
eines Tages zu begegnen,
mit offenen Armen und offenem Herzen!
Wozu würde ich sonst leben?
Petra Speth
Die Freude ist ein Schmetterling
der dicht über den Boden flattert.
Der Kummer dagegen ist ein Vogel
mit großen, starken schwarzen Schwingen,
die tragen uns hoch über das Leben,
das unten im Sonnenlicht im Grünen liegt.
Der Vogel des Kummers fliegt hoch oben,
dort, wo die Engel des Schmerzes Wache halten
über die Lager des Todes.
Edith Södergran
Friede
Ich frug die Freunde. – Sie drückten
Herzinniglich mir die Hand,
Doch fühlt' ich – Keiner von allen
So recht mein Wort verstand.
Ich frug die Sterne. – Sie schwiegen,
Sie wußten zu rathen nicht; –
Ich frug die Blumen. – Sie wiegten
Ihr lächelnd Angesicht. –
Dir schaut' ich nur in die Augen,
Du lächeltest mild mich an:
Das hat dem krankenden Herzen
Unendlich wohl gethan.
Denn Alles, was es ersehnet,
Dir tief in der Seele blüht –
Ein stiller seliger Friede,
Ein fromm und keusch...
Karl Siebel