Schmerz Zitate (Seite 21)
Lorelei
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
was reitst du einsam durch den Wald?
Der Wald ist lang, du bist allein,
du schöne Braut! Ich führ dich heim!
»Groß ist der Männer Trug und List,
vor Schmerz mein Herz gebrochen ist,
wohl irrt das Waldhorn her und hin,
o flieh! du weißt nicht, wer ich bin.«
So reich geschmückt ist Roß und Weib,
so wunderschön der junge Leib,
jetzt kenn ich dich – Gott steh mir bei!
Du bist die Hexe Lorelei.
»Du kennst mich wohl – vom hohen Stein
schaut still mein...
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Das Bilderbuch
Von der Poesie sucht Kunde
Mancher im gelehrten Buch,
Nur des Lebens schöne Runde
Lehret dich den Zauberspruch;
Doch in stillgeweihter Stunde
Will das Buch erschlossen sein,
Und so blick ich heut hinein,
Wie ein Kind im Frühlingswetter
Fröhlich Bilderbücher blättert,
Und es schweift der Sonnenschein
Auf den buntgemalten Lettern,
Und gelinde weht der Wind
Durch die Blumen, durch das Herz
Alte Freuden, alten Schmerz -
Weinen möcht ich, wie ein Kind!
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Letzte Worte
Geliebte, wenn mein Geist geschieden,
So weint mir keine Träne nach;
Denn, wo ich weile, dort ist Frieden,
Dort leuchtet mir ein ewger Tag!
Wo aller Erdengram verschwunden,
Soll euer Bild mir nicht vergehn,
Und Linderung für eure Wunden,
Für euern Schmerz will ich erflehn.
Weht nächtlich seine Seraphsflügel
Der Friede übers Weltenreich,
So denkt nicht mehr an meinen Hügel,
Denn von den Sternen grüß ich Euch!
Annette von Droste-Hülshoff
O mach mich mild! Gib mir für fremden Schmerz
Ein göttlich Neigen und ein warm Erkennen;
Und laß um ein zertretnes Menschenherz
In meinem Herzen tausend Wunden brennen.
Gib meinem Ringen nur das fromme Glück,
In jedem Dunkel deinen Stern zu sehen;
Und laß mich still mit weichem Kindesblick
Durch eine Welt der Nacht und Sünde gehen.
Doch sieht die Schuld mich hilfeflehend an
Und windet sich, von Reuequal zerrissen,
So gib, daß ich die goldne Binde dann
Mit Freuden tausche um ein heilig...
Hedwig Dransfeld
Der dreifache Narr
Zwei Narren bin ich - nun gut:
Ich lieb, und sag, daß ich es tu,
In weinerlichem Vers;
Doch welcher Klugmann tauscht mit mir nicht gern,
Läßt sie sich erst bekehrn?
Wie des Erdgrundes eng gewundene Bahn
Gallbitteres Salz aus Meereswasser siebt,
So, schien mir, müßt ich meinen Wahn
Durch Reimnot plagen, bis er sich ergibt.
Gereimtes Leid tut nurmehr halb so weh:
Der zähmt den Schmerz, der ihn in Verse legt…
John Donne
Ein kahler Stein nackt wie ein Knochen
Liegt grinsend auf des Baches Grund,
Die Wasser ziehn ununterbrochen,
Bereden ihn mit schnellem Mund.
Er wird zum Antlitz blaß und düster,
Sieht zu mir auf von Schmerz gespannt,
Der Wellen unnützes Geflüster
Hat einen Namen mir genannt.
Ein tot Gesicht als Stein noch wartet
Auf das was einst mein Mund versprach;
Das Leben hat mit uns gekartet,
Mein Fleisch war stark, der Wille schwach.
Viel Schritte haben sich verloren,
Der Weg ist lang, der Weg ist...
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Wunsch für ihn (1870)
Gedulde dich! Es kommt der Tag,
da wird es dir gewähret,
Was du mit jedem Herzensschlag,
so überheiß begehret.
Dir funkelt's aus dem Adlerblick,
dir sprüht's um Haupt und Rechte
Du gehrst nach blut'gem Kampfgeschick
todbringender Gefechte.
Und brichst du dann, du stolzes Herz,
sollst du noch einmal fassen
Des Lebens Lust: - doch sonder Schmerz
um das, was du mußt lassen.
Therese Dahn
Zu dir
Und fällt ein Reif auf all' mein Wagen,
Und seufzt ein angsterfülltes Fragen
In mir:
Und schüttelt Schmerz mir wild die Glieder, -
Trägt's mich doch hoch auf Sturmgefieder
Zum Licht!
Mein mut'ger Stolz lernt nicht verzagen,
Mein heißes Herz wird nie entsagen,
Bis daß es bricht:
Ich singe deine Zauberlieder:
Vor allen ZweifelN flücht' ich wieder
Zu dir!
Therese Dahn
Wenn eines Menschen Seele du gewonnen
Und in sein Herz hast tief hineingeschaut
Und ihn befunden einen klaren Bronnen,
In dessen reiner Flut der Himmel blaut:
Laß deine Zuversicht dann nichts dir rauben,
Und trage lieber der Enttäuschung Schmerz,
Als daß du grundlos ihm entziehst den Glauben –
Kein größer Glück als ein vertrauend Herz!
Laß adlermutig deine Blicke schweifen
Bis dicht an die Unmöglichkeit heran:
Kannst du des Freundes Thun nicht mehr begreifen,
So fängt der Freundschaft frommer...
Felix Dahn
Spruch bei Annahme des roten Kreuzes
(Anfang August 1870)
Vergiß dich selbst, dein Glück, dein Leid,
Sei gegen Grau'n und Furcht gefeit, –
In Kampf und Schreck ein Held von Erz, –
Dem Schmerz ein Balsam sei dein Herz, –
Sei still und stark im Schlachtgedröhn
Und stirbst du so, so stirbst du schön.
Felix Dahn
Die Sterne
Ich sehe oft um Mitternacht,
wenn ich mein Werk getan
und niemand mehr im Hause wacht,
die Stern' am Himmel an.
Sie gehn da, hin und her zerstreut,
als Lämmer auf der Flur;
in Rudeln auch und aufgereiht
wie Perlen an der Schnur;
und funkeln alle weit und breit,
und funkeln rein und schön;
ich seh die große Herrlichkeit
und kann mich satt nicht sehn,
dann saget unterm Himmelszelt
mein Herz mir in der Brust:
"Es gibt was Bess'res in der Welt,
als all ihr Schmerz und...
Matthias Claudius
Zu sagen dir, daß ich dich liebe –
Zu sagen dir, daß ich dich liebe,
Trotzdem ich's nie und nie gesollt,
Das war ja alles, was mir bliebe,
Und alles, was ich noch gewoillt.
Ich tat's, o Teure, ohne Zaudern!
Ein Augenblick nur war's der Glut.
Der Augenblick, er sah dich schaudern,
Nun still! Und alles, alles ruht.
Als ob er nie geflutet hätte,
Verkriecht sich tief mein ganzer Schmerz.
Und giebt es wo geheimre Stätte,
Als ein verstummtes Menschenherz?
Emil Claar
Im Concert
Die traurige Kindheit,
Des Vaters Tod.
Der Jugend Blindheit,
Die herbe Noth,
Die Wintertage,
Das dünne Kleid,
Die Sorg' und Plage,
Das Seelenleid …
Die Gleichgiltigkeit,
Die schwer wie Erz,
Die schmerzlose Zeit –
Die mehr als Schmerz …
Das alles wogte,
Wieder vorbei,
Mit leisem Schluchzen
Und dumpfem Schrei,
Als deine Hand
Durch die Saiten glitt –
— — —
O, wie ich litt! –
Ada Christen
Ein neues altes Lied
Vertrau' nicht fürder mehr,
Und liebst du noch so sehr;
Liebt Jeder sich allein,
Und lacht des Andern Pein;
Wer lebt in Leid und Schmerz,
Der findt kein treues Herz.
Vertrau' nicht fürder mehr,
Denn Untreu kränket sehr!
Viel besser Einsamkeit,
Als falsche Freundlichkeit;
Kannst du mit Gott nur sein,
So bist du nicht allein.
Geh' hin zum Anger grün,
Und sieh die Berge blühn,
Natur ist immer da
Mit Mutterliebe nah,
Komm', trink' an ihrer Brust
Vergessenheit und...
Helmina von Chézy