Schatten Zitate (Seite 2)
Wenn das Wort, schärfer ist als ein Schwert, ist ein Satz, dann potenter als ein Heer? Und sind Seiten weiser Sätze dann gefahrvoller als entfesseltes Atom? / Wenn das Wort aber nur ein Schatten ist vom wahren Gefühl, ist das wahre Gefühl, dann nur ein Schatten einer ersten Idee? / Fühlte sich die Idee ins Sein oder dachte sich das Sein ins Gefühl und schuf dabei das Wort, das stärker ist als ein Schwert?
Christa Schyboll
Du bist ein Schatten am Tage und in der Nacht ein Licht; Du lebst in meiner Klage und stirbst im Herzen nicht. Wo ich mein Zelt aufschlage, da wohnst du bei mir dicht, du bist mein Schatten am Tage und in der Nacht mein Licht. Wo ich auch nach dir frage, find' ich von dir Bericht, du lebst in meiner Klage und stirbst im Herzen nicht.
Friedrich Rückert
Resümee
oder
Es hat alles einen Sinn
Wenn der Schatten das Licht berührt,
und der Mond die Sonne verführt...
wenn Sterne nicht mehr blinken,
und Steine nicht mehr sinken...
wenn Blumen nicht mehr blühen,
und Wolken nicht mehr ziehen...
wenn Kinder nicht mehr lachen,
und Engel nicht mehr wachen...
wenn Augen nicht mehr weinen,
und Kerzen nicht mehr scheinen...
wenn Meere nicht mehr salzig sind,
und Sand nicht mehr durch Hände rinnt...
wenn Blut die Farbe Rot verliert,
und Lava kalt zu Eis...
Damaris Wieser
Tief im Schatten alter Rüstern,
Starren Kreuze hier am düstern
Uferrand.
Aber keine Epitaphe
Sagen uns, wer unten schlafe,
Kühl im Sand.
Still ist's in den weiten Auen.
Selbst die Donau ihre blauen
Wogen hemmt.
Denn sie schlafen hier gemeinsam,
Die, die Fluten still und einsam,
Angeschwemmt.
Alle, die sich hier gesellen,
Trieb Verzweiflung in der Wellen
Kalten Schoß.
Drum die Kreuze, die da ragen,
Wie das Kreuz, das sie getragen,
"Namenlos".
Albrecht Graf Wickenburg
Schuldner oder Gläubiger
Manch ungehobelt Holz wird zum Merkur gemacht,
Weil mancher theure Mann, aus aller Höfling' Acht,
Sich sonst bei keinem Maß, als seinem Schatten mißt.
Viel hebt das Glück empor, viel' hält es auch zurück;
Doch wer die Welt recht kennt, der findet, daß das Glück
Mehr Schulden ausstehn hat, als es selbst schuldig ist.
Christian Wernike
Herz, schöpf aus die tausend Quellen,
die dir freudefunkelnd schwellen
in dem Strahl des Sonnenlichts!
Laß die heil'gen Lebensfluten
nicht verrinnen und verbluten
in das abgrundtiefe Nichts.
Noch hast du die Kraft zu fangen,
bald wohl ist der Tag vergangen,
und des Abends Schatten fällt;
bald, wer weiß, mußt du vollenden
und du gehst mit leeren Händen
aus der überreichen Welt.
O. Wentorf
Schwester
Immer sind die dunkeln Abenteuer
Zwischen uns, wir können oft
Keines der vielen blauen Worte finden,
Die uns geschenkt sind.
Dann, wenn ich die schmalen Krystalle
Meines weißen Traumes Dir bringe,
Häufst Du rötliche Scheiter
Und glühst ein Feuer.
Oder ich möchte mit Abendwind
Deine schmerzliche Lippe kühlen
Und er kommt schwül von den Gärten
Meiner Sehnsucht.
Schwester, immer sind die dunkeln Abenteuer
Zwischen uns, wir können kaum
Unter Schatten erkennen, wie sehr
Wir uns lieben.
Maria Luise Weissmann
Abgewendet
Du stehst vor mir, ein stolzes Weib,
In hoher, unnahbarer Pracht,
Als wüßte nichts dein holder Leib
Vom Zauber süßer Liebesmacht.
Die Lippen weigern Wort und Gruß,
Die Lippen, deren weiche Glut
Zu mancher Stund' im Flammenkuß
Auf meinen freudig jüngst geruht.
Nicht sekmnkst du scheu der Augen Licht,
Wenn ich im Zufall dir genaht,
Dein marmorbleiches Angesicht,
Nicht bebt es, führt uns gleicher Pfad,
So ferne heut', da gestern noch
Der Tag uns sah voll Seligkeit –
Doch ob du fremd...
Gottfried Wandner
Wir gingen atmend Arm in Arm,
am Frühlingsabend still und warm,
im Schatten grüner Schlehen
uns Veilchen zu erspähen.
Rot schien der Himmel und das Meer;
mit einmal strahlte groß und hehr
der liebe volle Mond daher.
Das Mägdlein stand und ging und stand
und drückte sprachlos mir die Hand.
Johann Heinrich Voß