Recht Zitate (Seite 42)
Gestern war in meiner Mütze
Mir mal wieder was nicht recht;
Die Natur schien mir nichts nütze
Und der Mensch erbärmlich schlecht.
Meine Ehgemahlin hab' ich
Ganz gehörig angeblärrt,
Drauf aus purem Zorn begab ich
Mich ins Symphoniekonzert.
Doch auch dies war nicht so labend,
Wie ich eigentlich gedacht,
Weil man da den ganzen Abend
Wieder mal Musik gemacht.
Wilhelm Busch
Einem Idealisten
O rechte zürnend nicht mit unsern Tagen
Noch lobe traurig die vergangnen Zeiten!
Wärst du im Stande auch zurückzuschreiten
Jahrhunderte, du würdest gleichfalls klagen.
Wo du auch magst an alten Stätten fragen,
Du hörst denselben Kampf, dasselbe Streiten,
Du siehst das Kleine stolz und keck sich breiten,
Was edel ist – in Kettenhaft geschlagen.
Laß doch dem Kleinen, daß es Ruhm erhasche
Auf kurze Zeit! Was wahrhaft groß zu nennen,
Hebt sich, ein Phönix, erst aus seiner...
Otto Buchwald
Geheime Liebe
Unbeglückt muß ich durchs Leben gehen,
Meine Rechte sind nicht anerkannt;
Aus der Liebe schönem Reich verbannt,
Muß ich dennoch stets ihr Schönstes sehen!
Nicht die schwache Zunge darf's gestehen,
Nicht der Blick verstohlen zugesandt,
Was sich eigen hat das Herz ernannt,
Nicht im Seufzer darf's der Brust entwehen!
Tröstung such' ich bei der fremden Nacht,
Wenn der leere lange Tag vergangen,
Ihr vertrau' ich mein geheim Verlangen;
Ist in Tränen meine Nacht durchwacht,
Und der...
Clemens Brentano
Begeisterung
Eine Fichte ragt im Garten
Träumerisch am alten Tor;
In der Äste Dunkel rankt sich
Heimlich wilder Wein empor.
Keinem Auge ist er sichtbar,
Kleidet ihn des Sommers Grün:
In der Herbstluft fängt die Fichte
An wie Moses' Busch zu glühn.
Aus den Ästen hoch zum Wipfel
Eine Purpurflamme schlägt,
Eine helle Freudenfackel.
Brennt die Krone windbewegt.
So loht aus der Seele Dunkel,
Wenn die rechte Stunde kam,
Keiner weiß, von wem entzündet,
Die Begeisterung wundersam.
Jakob Boßhart
Schweigen – größtes Wort der Sprachen,
Woran alle Stürme brachen,
Denn der Schöpfung hehres Los
Lag geheimnisvoll im Schoß.
Aller Weisheit Mutter du,
Alles Schmerzens letzte Ruh'
Und der Toten Wissenschaft
Und des Glaubens höchste Kraft,
Lehre mich es recht versteh'n:
In dein Wesen übergehn.
Luise von Bornstedt
Was ist das Wort? Vom Hauch getragen,
Ein flüchtig Nichts, das schnell verklingt,
Und doch: wer wüßte wohl zu sagen,
Was Alles dieses Nichts vollbringt?
Das rechte Wort aus rechtem Munde
Wird unbewußt zum Segenswort,
Und sprichst du es zur rechten Stunde –
In tausend Thaten lebt es fort.
Edwin Bormann
Im Nachbarhof – o schöne Welt!
Mit Brettern, Stangen, Dielen,
Wie ist da alles vollgestellt,
Recht zum Versteckens spielen.
Da ist ein Hügel, ein Mauerloch,
Ein kleiner Stall für Schweine,
Des Hundes Hütte und dazu noch
Die lustigen, großen Steine.
Wie uns in stiller Seligkeit
Die Stunden da entschwinden
Kein schönrer Fleck ist weit und breit
Auf dieser Welt zu finden!
In allen Winkeln groß und klein
Die einen sich verstecken,
Die andern suchen aus und ein
An allen End' und Ecken.
Es folgen...
Franz Bonn
Es sucht der echte Weise,
Daß er das Rechte finde:
Jung wird er nicht zum Greise,
Alt wird er nicht zum Kinde!
Der Winter treibt keine Blüte,
Der Sommer treibt kein Eis –
Was früh dein Herz durchglühte,
Das ziemt dir nicht als Greis!
Jung sich enthaltsam preisen,
Alt toll von Sinnen sein,
Wird nie des wahren Weisen
Rat und Beginnen sein!
Friedrich Martin von Bodenstedt
Vorfrühling
Sieh da: Die Weide schon im Silberpelz,
Die Birken glänzen, ob auch ohne Laub,
In einem Lichte, das wie Frühling ist.
Der blaue Himmel zeigt türkisenblau
Ganz schmale Streifen, und ich weiß, das ist
Des jungen Jahres erster Farbenklang,
Die ferne Flöte der Beruhigung:
Die Liebe hat die Flügel schon gespannt,
Sie naht gelassenen Flügels himmelher,
Bald wird die Erde bräutlich heiter sein.
Nun Herz, sei wach und halte dich bereit
Dem holden Gaste, der mit Blumen kommt
Und Liebe...
Otto Julius Bierbaum
Zwei Sprüche für Prüde:
Die Sittlinge müssen sich immer genieren,
Wenn Einer recht herzhaft von Liebe spricht.
Sie denken halt immer ans »Amüsieren«,
An des Rätsels Heiligkeit denken sie nicht.
Natur, mein Freund, ist immer sittlich.
Der Staatsanwalt freilich ist unerbittlich.
Jüngst hat er ein Andachtsbuch konfisziert,
Weil sich zwei Fliegen drauf kopuliert.
Otto Julius Bierbaum