Raum Zitate (Seite 5)
Odysseus
Odysseus wollte nur
zum nächsten Kiosk geh'n,
um sich sein Abendbier zu holen.
So, wie er es immer tat.
Sie hatten Streit gehabt;
er und Penelope.
Telemach schlief sanft
in seinem Bette.
Odysseus wollte nur,
wie schon gesagt,
zum nächsten Kiosk geh'n.
Doch, nur der Zeus mag wissen,
wer aus seiner Sippe
an welchem Strange zog.
Die Zeit ging durcheinander;
Es dehnte sich der Raum,
und es vergingen Jahre,
bevor Odysseus
nach Hause wieder kam
und fragte,
wo der Flaschenöffner sei.
Manfred Schröder
Wechsel der Dynastie in der Philosophenschule
Erst stand im höchsten Rang das Ich,
Litt Du und Er kaum neben sich,
Und jedes Nicht-Ich schien ihm nichtig,
Das Ich macht' alle Dinge richtig.
So schlug es manchen Purzelbaum
Im metaphysisch leeren Raum.
Nachdem es lang von sich gesprochen,
Ward ihm zuletzt der Hals gebrochen.
Der unbarmherzige Begriff
Erdroßelt' es mit hartem Griff.
Der lehrt: was wirklich, was vernünftig;
Das macht ihn bei Philistern zünftig. –
Wer sagt uns, welcher neue...
August Wilhelm von Schlegel
Breite und Tiefe
Es glänzen viele in der Welt,
Sie wissen von allem zu sagen,
Und wo was reizet und wo was gefällt,
Man kann es bei ihnen erfragen,
Man dächte, hört man sie reden laut,
Sie hätten wirklich erobert die Braut.
Doch gehn sie aus der Welt ganz still,
Ihr Leben war verloren,
Wer etwas Treffliches leisten will,
Hätt gern was Großes geboren,
Der sammle still und unerschlafft
Im kleinsten Punkte die höchste Kraft.
Der Stamm erhebt sich in die Luft
Mit üppig prangenden Zweigen,
Die...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Menschliches Wissen
Weil du liesest in ihr, was du selber in sie geschrieben,
Weil du in Gruppen fürs Aug ihre Erscheinungen reihst,
Deine Schnüre gezogen auf ihrem unendlichen Felde,
Wähnst du, es fasse dein Geist ahnend die große Natur.
So beschreibt mit Figuren der Astronome den Himmel,
Daß in dem ewigen Raum leichter sich finde der Blick,
Knüpft entlegene Sonnen, durch Siriusfernen geschieden,
Aneinander im Schwan und in den Hörnern des Stiers.
Aber versteht er darum der Sphären mystische...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Liebe
O Liebe, du Morgentraum,
Geboren kaum,
Und weise wie die Ewigkeit,
Im Greisenhaar
Noch mild und klar,
Noch fühlend und spielend
Wie Kindlein in der Weihnachtszeit.
O Liebe, du Zauberwort,
Klingst fort und fort
Wie Wellenschlag der Ewigkeit.
Du Melodie
Und Harmonie
Von Wonnen, zerronnen
In Tönen fließet Raum und Zeit.
O Liebe, von dir empfing
Der Schmetterling
Des Blütenlebens zarten Keim.
O Wonnepreis!
Im Blumenkreis
Zu nippen mit Lippen
Die Küsse gleich dem Honigseim.
O Liebe, du...
Max von Schenkendorf
All-Mensch
Dein Kugelhirn ist angefüllt
Mit flutenden Gedanken,
Hoch schwillt die blutgewärmte Brust,
Wie stilles Wogenschwanken.
Die Nase saugt die Erdenluft,
Die frische, volle, klare,
Im lichten Raum dein Auge schwimmt
Gleich dunklem Sonnenaare.
Dein Finger tastend liegt am Herz
Und spürt sein eigenes Leben –
Und sonnenwärts und weltallwärts
Fliegt deiner Seele Beben.
Ludwig Scharf
Geisterflug
Kronos: Ruhe im Weltall!
Jehova: Alle Sonnen schlafen.
Astaroth: Ein schwüler Atemzug geht durch den Raum.
Athene: Wie lange noch, bis wir hinüber sind?
Jehova: Drei Ewigkeiten. –
Wodan: Seht ihr den Kohlenkloß?
Astaroth: Er züngelt in purpurroten Flammen.
Luzifer: Hat ausgeleuchtet!
Jehova: Dort sein Planetenchor!
Astaroth: Die sieben schwarzen Klumpen?
Wodan: Dort stand die Erde. –
Athene: Seht ihr die Flammenschlinge, die um die Sonne ringt?
Astaroth: Und dort in schräger Kurve...
Ludwig Scharf
Das ist meine Klage
Das ist meine Klage,
Daß vor dieser Plage
Selbst verstummt die Klage.
Wie ich mich am Tage
Mit den Sorgen schlage,
Wie ich nächtlich zage,
Was ich stündlich trage,
Läßt nicht Raum der Klage.
Wann, o Himmel sage,
Lösest du die Frage
Der Entscheidungswage,
Daß ich nicht mehr zage,
Sondern überschlage,
Mit Geduld ertrage,
und in Ruh beklage!
Sonnenschein, o schlage,
In die Flucht, verjage
Diese Nacht der Plage!
Sommer, komm, ich trage
Lust nach längstem Tage,
Wann ich nicht...
Friedrich Rückert
Um Mitternacht
Nun ruht und schlummert alles,
Die Menschen, der Wald und Wind,
Das Wasser leisen Falles
Nur durch die Blumen rinnt.
Der Mond mit vollem Scheine
Ruht breit auf jedem Dach;
In weitem Wald alleine
Bin ich zur Stund' noch wach.
Und alles, Lust und Schmerzen,
Bracht' ich in mir zur Ruh'.
Nur eins noch wacht im Herzen,
Nur eins: und das bist du!
Und deines Bildes Friede
Folgt mir in Zeit und Raum:
Bei Tage wird er zum Liede,
Und nachts wird er zum Traum.
Julius Rodenberg