Nur Zitate (Seite 158)
Abschied
Nur den Abschied schnell genommen,
Nicht gezaudert, nicht geklagt,
Schneller als die Thränen kommen,
Losgerissen, unverzagt.
Aus den Armen losgewunden,
Wie dir's in der Brust auch brennt,
Was im Leben sich gefunden,
Wird im Leben auch getrennt.
Sollst du tragen, mußt du tragen,
Trage nur mit festem Sinn,
Deine Seufzer, deine Klagen
Wehen in die Lüfte hin.
Soll der Schmerz nicht dich bezwingen,
So bezwinge du den Schmerz,
Und verwelkte Blüthen schlingen
Frisch sich um dein wundes Herz.
Johann Ludwig Deinhardstein
Sehnsucht gab mir ihr weites Kleid
Sehnsucht gab mir ihr weites Kleid,
Seine Naht ist lang wie die Ewigkeit.
Streicht die Sehnsucht um das Haus,
Trocknen die plaudernden Brunnen aus;
Die Tage kommen wie Tiere daher,
Du rufst ihre Namen, sie atmen nur schwer;
Du suchst dich im Spiegel, der Spiegel ist leer,
Hörst nur der Sehnsucht Schritt,
Du selbst bist nicht mehr.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Alle handeln wie die Herzen müssen
Meine Ohren horchen in die Nacht,
Wie der Regen seinen Tanzschritt macht.
Ruhe, eine der uralten Ammen,
Singt ihr Lied mit Dunkelheit zusammen,
Und der Regen tanzt auf flinken Füßen.
Alle handeln wie die Herzen müssen,
Alle wandeln frisch und unverfroren.
Nur die Liebe wird mit Angst geboren,
Nur der Sehnsucht ruhen nie die Ohren.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
O Regen sag' du kommst so hoch daher,
Ist droben auch der Tag spurlos und leer?
Du fällst zum Fluß und schwimmst zum Meer,
Glaubst, du enteilst dem Leid und suchst Genuß?
O wüßten alle nur, was doch ein jeder wissen muß:
Die Tage lassen keine Spur, so wenig wie
Der Regen auf dem Fluß, —
Die Liebe nur…
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Mein Zimmer hat nur Wände
Mein Zimmer hat nur Wände,
Und Fenster hat es keine,
Denn als mein Schatz gegangen,
Saß ich mit nassen Wangen,
Fand, daß die Sonne blende.
Ich schickte meine Hände,
Sie schleppten Mauersteine.
Sie bauten auf der Stelle
Mit Mörtel und mit Kelle
Für meine Seerlenruh
Die lauten Fenster zu.
Niemand sieht's, wenn ich weine,
Statt Licht sind um mich Steine
Und tröstend dunkle Wände.
Die Träne findet allein
Den Weg in meine Hände.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Der Verzweifelte
Nicht mehr zu dir zu gehen,
Beschloss ich und beschwor ich,
Und gehe jeden Abend,
Denn jede Kraft und jeden Halt verlor ich.
Ich möchte nicht mehr leben,
Möcht augenblicks verderben,
Und möchte doch auch leben
Für dich, mit dir, und nimmer, nimmer sterben.
Ach rede, sprich ein Wort nur,
Ein einziges, ein klares,
Gib Leben oder Tod mir,
Nur dein Gefühl enthüllle mir, dein wahres!
Georg Friedrich Daumer
Weheschrei
Ich kann nicht mehr! Kann nicht mehr ringen
Mit mir, mit Schicksal, Gott und Welt.
Dies totgequälte Herz will springen:
Zu stark die Sturmflut, die es schwellt.
O hätt' ich einen Freund! nur einen!
Er sollte mir ja helfen nicht:
Möcht' nur an einem Herzen weinen
Noch einmal, eh' das meine bricht.
Felix Dahn
Gebet um Liebe
O ew'ge Liebe, heil'ge mich
Mit deinen sanften Gluten,
In meine Seele senke dich,
Wenn meine Wunden bluten!
Wenn ich aus dieser wüsten Welt
Nach Licht und Rettung spähe,
Ist nichts, was meine Hoffnung hält,
Als deine sel'ge Nähe!
O halte mich in deinem Arm,
Mir graut vor dem Erkalten,
Und mach' das Herz mir hell und warm
Bis in die tiefsten Falten.
Mit deiner Glut verzehre mich,
In dir laß mich vergehen,
Ich will nicht mich, ich will nur dich,
In dir nur auferstehen!
Du wirst...
Ernst Curtius
Das unschuldige Mädchen
Meine Mutter sagt' mir:
"Deine Lippen gab dir
Zum Sprechen, Tochter, die Natur,
Und zum Sprechen brauch' sie nur."
Warum sind sie so rot?
Oh, ich könnt' auch mit weißen Lippen sprechen,
Und warum gebot
Meine Mutter: nur zum Sprechen?
Wer zeigt mir armen Mädchen an,
Was mein Mund mehr als sprechen kann?
Matthias Claudius
Anselmuccio
Ist gar ein holder Knabe er!
Als ob er's Bild der Liebe wär'.
Sieht freundlich aus und weiß und rot,
Hat große Lust am Butterbrot,
Hat blaue Augen, gelbes Haar,
Und Schelm im Nacken immerdar,
Hat Arm' und Beine rund und voll!
Und alles, wie man's haben soll.
Nur eines fehlt dir, lieber Knabe!
Eins nur: daß ich dich noch nicht habe.
Matthias Claudius
Verwandte
Ihr seid beleidigt, weil ich nicht
Gerührt in Eure Arme stürze
Und das Verzeihungs-Arrangement
Mit keiner Reuescene würze.
Ich flehte nicht, Ihr selber seid
Nun plötzlich gnädig mir gewogen;
Doch legt die Gnadenmienen ab,
Schaut, welche Kluft Ihr einst gezogen.
Setzt nur herüber kühnen Sprungs,
Seid einmal menschlich-unbesonnen…
Brecht Ihr auch das Genick dabei,
Hat Welt und Hölle nur gewonnen.
Ada Christen
Hab' oft im Kreise der Lieben
Im duftigen Grase geruht
Und mir ein Liedlein gesungen,
Und alles war hübsch und gut.
Hab' einsam auch mich gehärmet
In bangem, düsteren Mut,
Und habe wieder gesungen,
Und alles war wieder gut.
Und manches, was ich erfahren,
Verkocht' ich in stiller Wut,
Und kam ich wieder zu singen,
War alles auch wieder gut.
Sollst nicht uns lange klagen,
Was alles dir wehe thut,
Nur frisch, nur frisch gesungen!
Und alles wird wieder gut.
Adelbert von Chamisso
Seit ich ihn gesehen
Seit ich ihn gesehen,
glaub ich, blind zu sein;
wo ich hin nur blicke,
seh ich ihn allein.
Wie im wachen Traume
schwebt sein Bild mir vor,
taucht aus tiefstem Dunkel
heller nur empor.
Sonst ist licht- und farblos
alles um mich her,
nach der Schwestern Spiele
nicht begehr ich mehr.
Möchte lieber weinen
still im Kämmerlein;
seit ich ihn gesehen,
glaub ich blind zu sein.
Adelbert von Chamisso