Neu Zitate (Seite 2)
Wo schlägt ein Herz, das bleibend fühlt? / Wo ruht ein Grund, nicht stets durchwühlt? / Wo strahlt ein See, nicht stets durchspült? / Ein Mutterschoß, der nie erkühlt? / Ein Spiegel, nicht für jedes Bild? / Wo ist ein Grund, ein Dach, ein Schild, / ein Himmel, der kein Wolkenflug, / ein Frühling, der kein Vogelzug, / wo eine Spur, die ewig treu, / ein Gleis, das nicht stets neu und neu? / Ach, wo ist Bleibens auf der Welt, / ein redlich, ein gefriedet Feld, / ein Blick, der hin und her nicht...
Clemens von Brentano
Wenn im Frühjahr das welke Grau der Wiesen dem Grün Platz macht, so geschieht dies dadurch, daß Millionen von Trieben aus den Wurzeln neu sprossen. Also auch kann die Gedankenerneuerung, die für unsere Zeit kommen muß, auf keine andere Weise zustande kommen, als daß die Vielen ihre Gesinnungen und Ideale aus dem Nachdenken über den Sinn des Lebens und den Sinn der Welt neu gestalten.
Albert Schweitzer
Beständigkeit im Wechsel
Ein Pfeil nur, sagst du, kann verwunden
Und wer berührt von ihm, den Strahl
So recht in tiefster Brust empfunden,
Der liebe nicht zum zweitenmal? –
Seht ihr denn nicht, in jedem Lenze
Erwacht ein ganzes Blumenreich,
Und allwärts schmücken frische Kränze,
Die Flur, die erst vom Winter bleich.
Der Baum treibt seine Blätterwonne,
Es glänzt das Laub, es schwillt die Frucht;
Er hat des neuen Frühlings Sonne,
Sie ihn mit gleicher Brunst gesucht.
Drum schmäht nicht, wenn in...
Joseph Christian Freiherr von Zedlitz
Zeitung
Allein das liebe Publikum
Ist nun mal so daran gewöhnt,
Als ob ein Evangelium
Ihm aus der Zeitung Spalten tönt;
Als ob daraus sich jeder hole
Die litterarische Parole.
Man wagt kein Urteil im Salon,
Bevor nicht über das Problema
Hier Segen sprach das Feuilleton,
Dort ein vernichtend Anathema.
Dann aber weiß man schon genug
Von neu erschienenem Romane;
Und vom Theater spricht man klug
Und schwört zu seines Blättchens Fahne.
Julius Wolff
Männer sind wie…
Schnupfen, man kann sie sich leicht einfangen.
Männer sind wie…
Parfüm, meistens verduften sie schnell.
Männer sind wie…
Hefeteig, sie verdoppeln schnell ihr Volumen.
Männer sind wie Bücher:
Neu – spannend, aufregend, anregend –
mit der Zeit geht der Einband kaputt,
fehlen immer mehr der vergilbten Seiten –
will man das Buch nicht mehr lesen.
Wird es heimlich ausgeliehen, dann
bekommt man es nicht ganz ausgelesen
wieder zurück.
Anni Wieser
Tote Liebe
Was mir erwarb
Ihr süßes Licht
Was ihr verdarb
Mein Angesicht
Warum sie starb
Ich weiß es nicht.
Die Märchenbraut
Lag so im Tod
Dem Blick vertraut;
Der Wange Rot
Wer es geschaut
Fiel neu in Not.
Als hübe sie
Die er gewann
Die wie der Früh-
Tau ihm zerrann
Als hübe sie
Zu sprechen an:
Was dich mir warb
Damals im Licht
Was mich verdarb
Für dein Gesicht
Warum ich starb
Ich weiß es nicht.
Wir wissen beid
Nicht wie's geschah
Wir sind im Leid
Uns nun ganz nah
An deine Seit
Sehnt ich mich...
Maria Luise Weissmann
Mut für neue Wege
Auf ausgetretenen Wegen
lauf ich mit, und gegen
Wände.
Hände
halten mich und stützen,
schützen,
tragen mich so weit.
Die Zeit
hat vieles mir genommen,
manches verschwommen,
Freude und Leid,
Erinnerung und Eitelkeit.
Und ich renne,
brenne
innerlich so lichterloh.
Bin froh,
das Feuer noch zu spüren.
Laß mich verführen
von den Zielen,
die wirklich wichtig unter vielen,
die strebsam,
behutsam,
erreichbar sind.
Und in mir weht ein neuer Wind,
der das Feuer neu entfacht
und Mut...
Katja Uhlich
Ob es das wohl gibt:
Ein Mann, der so nett bleibt, so aufmerksam
wie am ersten Tag, wo er einen nahm … ?
Einer, der Freund ist und Mann und Liebhaber;
der uns mal neckt, mal bevatert,
der immer neu ist, vor dem man Respekt hat
und der einen liebt … liebt … liebt …
ob es das gibt?
Manchmal denke ich: ja.
Dann sehe ich: nein.
Man fällt immer wieder auf sie herein.
Kurt Tucholsky
Wie wenn das Leben wär nichts andres
Wie wenn das Leben wär nichts andres
Als das Verbrennen eines Lichts!
Verloren geht kein einzig Teilchen,
Jedoch wir selber gehn ins Nichts!
Denn was wir Leib und Seele nennen,
So fest in eins gestaltet kaum,
Es löst sich auf in Tausendteilchen
Und wimmelt durch den öden Raum.
Es waltet stets dasselbe Leben,
Natur geht ihren ew'gen Lauf;
In tausend neuerschaffnen Wesen
Stehn diese tausend Teilchen auf.
Das Wesen aber ist verloren,
Das nur durch ihren...
Theodor Storm
Rote Rosen
Wir haben nicht das Glück genossen
In irdischer Gelassenheit,
In Qualen ist's emporgeschossen,
Wir wußten nichts von Seligkeit.
Verzehrend kam's in Sturm und Drange;
Ein Weh nur war es, keine Lust!
Es bleichte deine zarte Wange
Und brach den Atem meiner Brust.
Es schlang uns ein in wilde Fluten,
Es riß uns in den jähen Schlund;
Zerschmettert fast und im Verbluten
Lag endlich trunken Mund auf Mund.
Des Lebens Flamme war gesunken;
Des Lebens Feuerquell verrauscht,
Bis wir auf's...
Theodor Storm