Menschen Zitate (Seite 110)
Glauben
Früher habe ich an ihn geglaubt.
Später im Leben dann vergessen.
Heute war ich ihm sehr nah.
Erinnerte mich an seine Kraft.
Saß in der Kirche, letzte Reihe.
Habe stumm mit ihm geredet.
Bat ihn um einen einfacheren Weg.
Erflehte Liebe und Geborgenheit.
Ersuchte um Verständnis und Wärme.
Erhoffte Vertrauen und glücklich sein…
…für den Menschen, der neben mir saß.
Damaris Wieser
Ich bin sehr müde
Mein Fenster lehnt sich weit in den Abend hinaus,
Die Wolken stehen über den Dächern, ein Blumenstrauß,
Die Luft streichelt mich und ist sanft und voll großer Güte.
Ich aber halte die Hände gefaltet, denn ich bin müde,
Und höre verwundert auf das beschwingte Schreiten
Der Menschen, die auf der Straße vorübergleiten,
So sehr sind ihnen heute die Glieder leicht.
Nur ich liege, schwergebettet in meine Müde.
Manchmal höre ich einen Schritt, der Deinem gleicht,
Dann bin ich,...
Maria Luise Weissmann
Das gute Herz begreift die gute That
Auch ohne des Verstandes Deutung leicht,
Den wie die Stern' an Gottes Firmamente,
Verbündet sie ein heiliger Magnet,
Der seine Kraft vom Mittelpunkt des Himmels
Zum Mittelpunkt des Menschen niederströmt.
Und welcher zwischen diese Himmelspole
Die kalte Prüfungsmacht, den Erdengeist,
Zu drängen sich erkühnt, nie wird ihm mehr
An der getrübten Pforte des Gemüths
Die Glorie der edlen That erscheinen.
Joseph Anton Weißenbach
Tiefer Friede
Die Tage verblassen, die Stunden zergehn,
Die Waffen rasten und rosten;
Ich bin von vorn und von hinten besehn
Ein armer verlorener Posten.
Es kreisen die Dohlen, es kriecht das Gewürm,
Die Menschen hassen und lieben;
Ich bin wie ein alter Regenschirm
In Gedanken stehengeblieben.
Staub deckt meine Falten, es wackelt der Knauf,
Es wankt das Skelett unterm Knaufe;
Ich wollte, des Schicksals Hand spannte mich auf
Und hielte mich unter die Traufe.
Frank Wedekind
Die Realistin
Rosetta behauptet, die Liebe
Sei lediglich Schweinerei,
Die man nur deshalb betriebe,
Weil einem so wohl dabei.
Daß Menschen an Liebe gestorben,
Das sei nicht schwer zu verstehn.
Sie hätten sich eben verdorben,
Wie's öfter pflegt zu geschehn.
Sie selber nähme das peinlich,
Denn ein verliebtes Schwein,
Das müsse auswendig so reinlich
Wie ein Engel inwendig sein.
Frank Wedekind
An den Menschen
Fazit
Ich war nie zuvor,
ich bin jetzt und einzigartig.
Einst werde ich nicht sein,
nicht aufgefahren und nicht hinabgestiegen.
Sinn des Lebens?
Nicht nach dem Sinn zu fragen. –
Fazit:
Kein Sinn.
Aber ich bin,
und ich kann nicht zusehen,
wie Du hungerst, wie Du blutest,
wie Du stirbst.
Ich muss Dir helfen, denn
irgendwie
liebe ich Dich.
Raymond Walden
Wölfe
Blutige Schnauzen im Wind
Das Dunkel zum Jagen gemacht
Wißt ihr noch, gestern, das Kind?
Es heulte wie wir in der Nacht.
Der Neuschnee verwischt uns’re Spuren
Legt sich sacht auf gefrorenes Blut
Und der Wind übertönt unser Knurr’n
Das ist gut! Das ist gut!
Am Tag kamen Menschen hierher
Haben Hunde bei sich geführt
Kamen mit Stock und Gewehr
Doch ich hab ihre Angst gespürt.
Ihre Angst, uns wirklich zu seh’n
Ihre Angst, daran zu verbrennen
Ihre Angst, vor Scham zu vergeh’n
daß...
Götz vor dem Gentschenfelde
Was nicht gesehen werden kann und jenseits des Denkens ist,
was ohne Ursache oder Teile ist,
was weder wahrnimmt noch handelt,
was unwandelbar ist, alldurchdringend, allgegenwärtig,
feiner als das Feinste,
das ist das Ewige, von dem die Weisen wissen,
dass es die Quelle von allem ist.
So wie eine Spinne ihren Faden ausspinnt
und ihn in sich zurücknimmt,
so ist die ganze Schöpfung aus dieser Kraft heraus gewoben
und kehrt in sie zurück.
So wie Pflanzen in der Erde wurzeln,
so...
Upanishaden
Nachricht
(Dies ist eine Antwort auf folgendes Gespräch:
A. So sind die Mägdchen, wie ihr meynt, Denn keine Menschen?
B. Nein, Mein Freund!
A. Was sind sie denn? Herr Mägdchenkenner!
B. Lebendge Puppen für die Männer.)
Nun, da es Gleim im Scherz geschrieben,
Daß alle Mägdchen Puppen wären;
Hält mancher uns im Ernst für Puppen,
Als wären wir für ihn gedrechselt.
Doch wißt, ihr stolzen Mägdchenkenner,
Ihr kleinen Zwecke kleiner Puppen!
Als die Natur uns euch bestimmte,
Damit ihr mit...
Johanne Charlotte Unzer
Poetenbegräbnis
Abseits des Weges grub man ihn ein,
Zwei Männer standen am Schragen,
Ohn Sing und Sang im Tannenschrein
Hat man ihn fortgetragen.
Hoch war sein Dach in lichtleerer Welt,
Sein Tun: nur nächtliches Schreiben.
Er war ein Dichter und ohne Geld:
"Was soll so nutzloses Treiben?"
Denn niemand weiß, wie ihm glühte der Kopf,
Wenn die Seele in Flammen gestanden:
"Er war ein seltsam-verrückter Tropf
Und wurde daran zuschanden."
Und keines Menschen Mund hat geklagt
Ob unverstandenem...
Wilhelm Uhlmann-Bixterheide
Luftveränderung
Fahre mit der Eisenbahn,
fahre, Junge, fahre!
Auf dem Deck vom Wasserkahn
wehen deine Haare.
Tauch in fremde Städte ein,
lauf in fremde Gassen;
höre fremde Menschen schrein,
trink aus fremden Tassen.
Flieh Betrieb und Telefon,
grab in alten Schmökern,
sieh am Seinekai, mein Sohn,
Weisheit still verhökern.
Lauf in Afrika umher,
reite durch Oasen;
lausche auf ein blaues Meer,
hör den Mistral blasen!
Wie du auch die Welt durchflitzt
ohne Rast und Ruh –:
Hinten auf dem Puffer...
Kurt Tucholsky
Von vier Uhr bis sieben
Im Herz, wie im Spiegel, ein Schatten,
Auch unter den Leuten – alleine geblieben…
Der Tag geht nur langsam von statten
Von vier Uhr bis sieben!
Ich brauch keine Menschen – sie lügen
Und werden grausam bei Dämmerung.
Ich könnte weinen. Zur Schnur
Haben die Finger das Tüchlein gewrungen.
Hab ich dich beleidigt – verzeih,
Doch bitt ich, mich nicht zu betrüben!
– Ich spüre unendliche Traurigkeit
Von vier Uhr bis sieben.
Marina Ivanovna Tsvetaeva
Klage
Schlaf und Tod, die düstern Adler
Umrauschen nachtlang dieses Haupt:
Des Menschen goldnes Bildnis
Verschlänge die eisige Woge
Der Ewigkeit. An schaurigen Riffen
Zerschellt der purpurne Leib
Und es klagt die dunkle Stimme
Über dem Meer.
Schwester stürmischer Schwermut
Sieh ein ängstlicher Kahn versinkt
Unter Sternen,
Dem schweigenden Antlitz der Nacht.
Georg Trakl