Macht Zitate (Seite 63)
Es ist auf Erden keine Nacht,
Die nicht noch ihren Schimmer hätte,
So groß ist keines Unglücks Macht,
Ein Blümlein hängt an seiner Kette!
Ist nur das Herz vom rechten Schlage,
So baut es sich ein Sternenhaus
Und schafft die Nacht zum hellen Tage,
Wo sonst nur Asche, Schutt und Graus.
Gottfried Keller
Kreislauftechnische Empfehlung
All zu oft gehen Chancen flöten
durch überraschendes Erröten,
doch auch dauernd zu erblassen,
sollt man besser unterlassen.
Das eine wirkt nicht selbstbewußt,
und sorgt dadurch für Seelenfrust,
das andere, im Direktvergleich,
macht den Körper ziemlich bleich.
Bei beidem wünsch dir von der Fee
Beistand für dein EKG.
Hoffnung bleibt, denn blaß und rot,
ist deutlich besser noch als tot.
KarlHeinz Karius
Es ist nun einmal so auf dieser Erdenwelt,
Es gibt nur einen starken Hebel, der heißt: Geld!
Wer ihn nicht hat, darf in gedrückten Lagen
Zu deren Hebung auch den Versuch nicht wagen;
Die Tröstung ohne Macht ist eitles Betrügen,
Dem Schwachen ziemts, demütig sich zu fügen;
Es hört sich nichts possierlicher wohl an,
Als kluger Rat von einem armen Mann.
Wer nach dem Wort die Tat nicht auch kann zeigen,
Tut besser dran, bescheiden ganz zu schweigen.
Meschullam ben Kalonymos
Die Macht der Liebe
Überall wohin mein Auge blicket,
Herrschet Liebe, find' ich ihre Spur;
Jedem Strauch und Blümchen auf der Flur
Hat sie tief ihr Siegel eingedrücket.
Sie erfüllt, durchglüht, verjüngt und schmücket
Alles Lebende in der Natur;
Erd' und Himmel, jede Kreatur,
Leben nur durch sie, von ihr beglücket.
Johann Nepomuk Ritter von Kalchberg
Zwei Gräber
Sie liebten sich und mußten, ach, sich meiden!
Im Traum nur durften sie einander sehen,
Im Traume sich ihre Liebe eingestehen,
Denn eine weite Kluft lag zwischen beiden.
Da kam der stille Tod und machte Frieden,
Mit milder Hand versöhnt' er ihre Leiden,
Und während sonst im Tod die Menschen scheiden,
Hat sie der Tod vereinigt noch hienieden.
Sein Grab umklettern blüh'nde Rosenranken
Sie sind vom Hügel sanft hinabgestiegen,
Sich zärtlich an das Immergrün zu schmiegen,
Das ihrem...
Max Kalbeck
Sehnsucht
Das macht der duftige Jasmin,
Daß ich nicht Ruhe finde,
Die Nachtgedanken der Sehnsucht ziehn
Hinaus und schweifen im Winde.
Ob eine Seele wohl mein gedenkt
In all der blühenden Runde?
Ich hätte gar bald mein Herz verschenkt,
So einsam ist die Stunde!
Wie Silber liegt der Mondenschein
Über den schweigenden Gärten. –
O ging es jetzt in die Welt hinein
Mit einem lieben Gefährten!
O kämst du, Einziger, her zu mir,
Zu mir in Nacht und Schweigen!
Und führtest die Einsame fort von hier,...
Max Kalbeck
Lied
In allen trüben Stunden,
Die mir die Welt gebracht,
Hab' ich allzeit empfunden
Des alten Wortes Macht:
Ein Saatgefilde ist die Zeit,
Du erntest Lust, du erntest Leid –
Der Tag hat seine Stunden
Und ihre Zeit die Nacht.
Das hab' ich immer feste
Gehalten vor dem Sinn,
Es kam und schwand das Beste
So wie das Schlimmste hin.
Harr' aus nur eine Weile lang,
Bis es erinnernd wiederklang,
Und was da bleibt vom Reste,
Der Rest bleibt doch Gewinn.
Wilhelm Jensen
Nach Hause
Das macht die Sommernacht so schwer:
Die Sehnsucht kommt und setzt sich her
und streichelt mir die Wange.
Man hat so wunderlichen Sinn;
man will wohin, weiß nicht wohin,
und steht und guckt sich bange.
Wonach?
Die Fackel in der Hand,
so weist die Sehnsucht weit ins Land,
wo tausend Wege münden.
Ach! einen möchte ich schon geh'n,
»Nach Hause!« müßte drüber steh'n. –
O Herz, nun geh' ihn finden!
Ludwig Jacobowski
Wortspiel der Liebe
Ich hab mich nicht verschossen,
ich hab ins Schwarze getroffen,
ich trage keine rose Brille,
ich sehe klarer denn je.
Du hast mir nicht mein Herz gestohlen,
du füllst es,
du raubst mir nicht die Sinne,
du bereicherst sie.
Du nimmst mir nicht den Verstand,
du verstehst,
du nimmst mich nicht,
du gibst dich.
Die Liebe zu dir macht nicht blind,
sie öffnet Augen,
Ich hab mich nicht verliebt,
ich liebe ganz bewußt.
Claudia Horn
Auf einen guten Mann
Der Silvian, das fromme Blut!
Ihm glückt auch alles, was er tut.
Er lebt so friedsam, so vergnügt;
Ob er nicht ackert oder pflügt,
So bleibet er doch wohlversorgt:
Hat er kein Geld, ihm wird geborgt.
Sein Weib bleibt von ihm jede Nacht,
Doch jährlich ihn zum Vater macht.
Schaut, ob es ihm nicht wohl ergeht?
Er erntet, was ein andrer sät.
Ernst Christoph Homburg
Niemand weiß
Niemand weiß, wie schwer mir's fällt,
Flammen in der Brust zu hegen,
Und sie dennoch vor der Welt
Nicht ans freie Licht zu legen.
Feuer läßt sich nicht verhehlen,
Denn sein Glanz ist allzu klar,
Und die Glut verliebter Seelen
Macht sich selber offenbar.
Christian Hofmann von Hofmannswaldau
Keiner ahnet, was er verbricht,
Keiner die Schuld und keiner die Pflicht.
Darfst du leben, wenn jeder Schritt
Tausend fremde Leben zertritt,
Wenn du nicht denken kannst, nichts erspüren,
Ohne zu lügen, zu verführen!
Wenn dein bloßes Träumen Macht ist,
Wenn dein bloßes Leben Schlacht ist,
Dunkles Verderben dein dunkles Streben,
Dir selbst verborgen, so Nehmen wie Geben!
Darfst du sagen »Ich sehe«?
Dich rühmen »Ich verstehe«?
Dem Irrtum wehren,
Rätsel klären,
Du selber Rätsel,
Dir selber...
Hugo von Hofmannsthal
Dichter im Lorbeerkranz,
Betrogner Betrüger,
Wärmt dich dein Ruhmesglanz,
Macht er dich klüger?!
Deuten willst du das dämmernde Leben,
Im Herzen erlösen das träumende Streben?
Kannst du denn noch verstehen,
Was du selber gestern gedacht,
Kannst du noch einmal fühlen
Den Traum der letzten Nacht?
Wenn deine Seele weinet,
Weißt du denn auch warum?
Dir ahnt und dünkt und scheinet, -
Oh, bleibe lieber stumm.
Denn was dein Geist, von Glut durchzuckt, gebar,
Eh du's gestaltet, ist's schon nicht mehr...
Hugo von Hofmannsthal
Die Glocken
Wie seltsam läuten, seltsam ernst und tief
die alten Glocken meiner Heimatstadt!
als ob ein Märchentraum in ihnen schlief,
daß mancher schon den Kopf geschüttelt hat.
Im morschen Glockenstuhl mit einem Mal
raunt auf das dunkle Gold ... es wiegt sich, zieht
dann durch den Abend, durch das stille Tal,
von Schwermut krank, doch voll im Klang sein Lied.
Wenn aus dem Schlaf ein Schmerz mich plötzlich stört
oft in der Fremde, spät um Mitternacht,
hör ich das Glockenspiel ganz fern und...
Camill Hoffmann