Lieder Zitate (Seite 7)
Trost
Es haben viel Dichter gesungen
Im schönen deutschen Land,
Nun sind ihre Lieder verklungen,
Die Sänger ruhen im Sand.
Aber so lange noch kreisen
Die Stern' um die Erde rund,
Tun Herzen in neuen Weisen
Die alte Schönheit kund.
Im Walde da liegt verfallen
Der alten Helden Haus,
Doch aus den Toren und Hallen
Bricht jährlich der Frühling aus.
Und wo immer müde Fechter
Sinken im mutigen Strauß,
Es kommen frische Geschlechter
Und fechten es ehrlich aus.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Lockung
Hörst du nicht die Bäume rauschen
Draußen durch die stille Rund?
Lockt's dich nicht, hinabzulauschen
Von dem Söller in den Grund,
Wo die vielen Bäche gehen
Wunderbar im Mondenschein,
Und die stillen Schlösser sehen
In den Fluß vom hohen Stein?
Kennst du noch die irren Lieder
Aus der alten, schönen Zeit?
Sie erwachen alle wieder
nachts in Waldeseinsamkeit,
Wenn die Bäume träumend lauschen
Und der Flieder duftet schwül
Und im Fluß die Nixen rauschen –
Komm herab, hier ist's so kühl.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Aussicht
Komm zum Garten denn, du Holde!
In den warmen, schönen Tagen
Sollst du Blumenkränze tragen,
Und vom kühl kristallnen Golde
Mit den frischen, roten Lippen,
Eh ich trinke, lächelnd nippen.
Ohne Maß dann, ohne Richter,
Küssend, trinkend singt der Dichter
Lieder, die von selbst entschweben:
Wunderschön ist doch das Leben!
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Im hohen Gras der Knabe schlief,
Da hört' er's unten singen,
Es war, als ob die Liebste rief,
Das Herz, wollt ihm zerspringen.
Und über ihm ein Netze wirrt
Der Blumen leises Schwanken,
Durch das die Seele schmachtend irrt
In lieblichen Gedanken.
So süße Zauberei ist los,
Und wunderbare Lieder
Geh'n durch der Erde Frühlingsschoß,
Die lassen ihn nicht wieder.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
H.S.
Wenn Deiner Lieder dunkelwarme Laute
Wie Glockentöne weich ans Herz mir drangen,
Bis meiner Seele starre Hüllen sprangen
Und Thrän' auf Thräne trotzig niederthaute,
Und wie ich dann in wonnig-süßem Bangen,
In heiliger Scheu zu athmen kaum mich traute,
Nach Deinen Lippen sehnsuchtsvoll nur schaute
In unersättlich seligem Verlangen –
O, wer vergäße jemals dieser Tage,
Wo sich Natur und Kunst so schön verbunden,
Wo leis' und leiser klang die tiefe Klage,
Und milder schmerzten ewig-off'ne...
Felix Dörmann
Sühne
Erwachen endlich denn die Töne wieder,
die mir so dumpf und schwer im Herzen schliefen?
Oh steigt empor aus euren dunklen Tiefen,
schwingt rauschend auf zum Licht euch, meine Lieder!
Nehmt mit die Thränen alle im Gefieder,
die Thränen der Geliebten, die euch riefen!
aus euren sel'gen Höhen laßt sie triefen
wie Tau des Himmels dann auf mich hernieder!
Daß sie mir fluten durch die stillsten Gründe
der kranken Seele und gesund sie baden,
bis ich, erlöst von aller meiner Sünde,
mich vor mir...
Richard Fedor Leopold Dehmel
An Dich
Was fruchtet's, daß in schmerzlichen Entwürfen
dir Tag um Tag scheu wie ein Dieb entschleicht!
Aus jedem goldnen Becher sollst du schlürfen
den Trank, den jede goldne Stunde reicht;
denn jede Blüte, die du nicht gebrochen,
und jeder ungehörte Saitenklang
und jedes Glück, das du nicht ausgesprochen,
fällt als ein Tropfen Reue in den Trank.
Und was vergangen ist, das sei vergangen!
Der neue Tag führt neues Licht herauf.
Tot sind die Lieder, die noch gestern klangen.
Was kümmert's dich?...
Walter Calé
Der Winter ging, der Sommer kam,
er bringt aufs Neue wieder
den viel beliebten Wunderkram
der Blumen und der Lieder.
Wie das so wechselt Jahr um Jahr,
betracht ich fast mit Sorgen.
Was lebte, starb, was ist, es war,
und heute wird zu morgen.
Stets muss die Bildnerin Natur
den alten Ton benutzen
im Haus und Garten, Wald und Flur
zu ihren neuen Skizzen.
Wilhelm Busch
Die Aspiranten
Du Göttlicher, wie geht es zu,
Daß deine Lieder so behagen?
Wir quälen uns zu ganzen Tagen,
Zu ganzen Nächten sonder Ruh;
Wir setzen Vers für Vers wie du,
Und wenn wir gute Leute fragen,
So ist kein Schimpf auf uns zu sagen;
Und dennoch wollen unsre Schuh'
Uns nicht wie dich zum Ruhme tragen;
O Mann, wir müssen dich drum fragen;
Denn du nur kannst uns lehren, du!
Der Dichter:
Weht's euch der Genius nicht zu,
So weiß ich wahrlich nicht zu sagen.
Gottfried August Bürger
Freude des Wiedersehens
O, wie süße
Lebt es sich!
Ich genieße
Wieder mich.
In der Nähe
Hab' und sehe
Ich mein All;
Wer sie kennet,
Der durchrennet
Berg und Thal;
Ach, ich kannte,
Ach, ich rannte
Weit, o weit,
Sie zu küssen
Und im süßen
Unbefang
Hing ich trunken,
Wie versunken,
Stundenlang.
Wie ein Engel
Kam ich ihr,
Ihre schönen
Wonnethränen
Sagten's mir;
nd ihr Blicken
Und ihr Drücken
Sagt' es mir,
Mein Verflummen
Mein Verstummen
Sagt es ihr.
All' mein Sehnen,
All' mein Thränen
Ist...
Johann Aloys Blumauer
Waldvögel
Ein wohlbestelltes Mieder,
Die Backen rot gesund,
Den Schnabel voller Lieder
Und vorn und hinten rund.
Zwei Augen glutend blaue
Und eine kleine Hand,
Wohl mir, waldwilde Fraue,
Daß ich dich einsten fand.
Es war im tiefen Walde
Und Sommer war die Zeit,
In einem Wipfel balde
Nesthockten wir zu zweit
Und niemand hat gesehen
Das sondre Vogelpaar,
Das hoch im Windewehen
Vor Glücke schwindlig war.
Otto Julius Bierbaum
Denk' an deine Jugendsonne,
wenn dich's in der Seele friert;
träum von Jugendglück und Wonne,
wenn es Herbst im Herzen wird.
Strömt der Sonne Strahlenquelle
auch nur einen Augenblick: –
bleibt ihr Glanz in Herz und Seele
doch noch lange Zeit zurück!
Träumst du auch nur für Sekunden
von dem Glück, das längst dahin: –
ist dir gleich der Traum entschwunden,
lang' glüht dir sein Bild im Sinn.
Schmückst mit Blumen neu die Liebe,
suchst des Freundes treue Brust
gleich, als ob sie ewig...
Balder vom Berge