Liebende Zitate (Seite 3)
Brief VIII
Berühre ruhig
Berühre ruhig mit dem Zauberstabe
das Ungenaue, das du um mich scharst,
und du wirst wieder wissen, wie du Knabe
und in der Dinge Freundschaft warst.
Berühre nochmals, und es wird sich zeigen,
daß dich die Liebende empfing,
weil aller Glanz, den Himmlische verschweigen,
aus deinem Neigen in sie überging.
Ein drittes Mal berühr, um zu erfahren,
daß Macht sich giebt und sich entzieht,
und nun sei rein in deinem Offenbaren
und sage dienend, was geschieht.
Rainer Maria Rilke
Gesehn, gehofft, gefunden
Gesehn, gehofft, gefunden,
gestanden und geliebt –
drauf eine Zahl von Stunden
durch keinen Schmerz getrübt.
Gequält, getrennt, geschieden
durch feindliches Bemühn –
dahin der Seele Frieden,
die süße Ruh dahin…
Sich liebend treu geblieben,
geklagt, gesehnt, geweint
und dann, im bessern Drüben
auf ewig doch vereint.
Rainer Maria Rilke
Die Liebende
Ja ich sehne mich nach dir. Ich gleite
mich verlierend selbst mir aus der Hand,
ohne Hoffnung, daß ich das bestreite,
was zu mir kommt wie aus deiner Seite,
ernst und unbeirrt und unverwandt.
...jene Zeiten: O wie war ich Eines,
nichts was rief und nichts was mich verriet;
meine Stille war wie eines Steines,
über den der Bach sein Murmeln zieht.
Aber jetzt in diesen Frühlingswochen
hat mich etwas langsam abgebrochen
von dem unbewußten dunkeln Jahr.
Etwas hat mein armes warmes...
Rainer Maria Rilke
Es ist traurig,
daß ein so wunderbares Phänomen wie die Liebe
durch Menschen und ihre Interpretationen
einen negativen Beigeschmack bekommen hat.
Eines Tages werden es alle wissen,
daß es das Höchste ist, was ein Mensch
geben
erfahren
erhalten
fühlen und auch sehen kann.
Denn liebende Augen
sehen eine andere Realität.
Liebe ist der Odem des Lebens.
Irina Rauthmann
herz und verstand
erst wenn dein herz
aus seinem tiefsten
inneren heraus
zu einem menschen
ja sagt
und wenn auch
dein verstand
im klarsten bewußtsein
aus voller überzeugung
zu einem menschen
ja sagen kann
erst dann bist du
wirklich bereit
einem menschen
das geben zu können
was du für ihn
bereit bist zu geben
und das
empfangen zu können
was ein dich
liebender mensch
dir zu geben
bereit ist
Markus Prem
Frauenliebe
Frauenliebe ist die Quell' im Thale,
Die, ob festes Eis sie noch umschließt,
Bei dem ersten warmen Sonnenstrahle
Wieder reicher wallend sich ergießt.
Frauenlieb' ist gleich dem Rosenstrauche;
Ob ihm Nord und Sturm die Blüten raubt,
Bei dem ersten warmen Frühlingshauche
Hebt aufs neu' erblühend er das Haupt.
Frauenlieb' ist gleich dem Abendsterne,
Scheint vergebens er auch tausendmal,
Ruhig harrt er in der blauen Ferne,
Bis ein liebend Aug' erkennt den Strahl.
Luise von Plönnies
Untrennbar
Wie lang ach! warst du in der Ferne!
Zog auch mein liebend Herz mit dir,
Du standest nur, gleich einem Sterne,
In meinen Träumen über mir.
Doch, deucht mir, warst du bei mir immer,
Seh' ich dir jetzt ins Angesicht –
Weil ganz der alten Liebe Schimmer
Aus deinem treuen Auge bricht.
Und hältst du mich so lind umfangen
Mit unverlernter Zärtlichkeit –
Ist mir, als wären wir gegangen
So Hand in Hand die ganze Zeit.
Vergessen ist nun alles Scheiden,
Daß wir einst fern, wir...
Ludwig Pfau
Jugend
Viele Stunden habe ich mit Dir verbracht,
an Dich, die jung an Jahren –
noch verträumt im Leben steht,
für die die Zeit in Windeseile vorübergeht.
Sekunden, Minuten, Stunden und Tage –
der Wünsche, Hoffnungen und kleinen Qualen.
Nicht alles in Deinem Leben wird sich erfüllen,
nicht alles kannst Du haben.
Doch eines wünsche ich Dir zu finden –
einen Menschen, der Dich lieb hat,
aber versuche nicht, ihn mit Ketten an Dich zu binden.
Finde den richtigen Weg –
es wird nicht leicht...
Karin Obendorfer
Mitmenschen
Das sind die mitleidlosen Steine,
die Tag und Nacht dein Ich zerreiben;
willst du dein ganzer Eigner bleiben,
so flieh die liebende Gemeine.
Und bricht einmal dein volles Herz
und spricht von einer Überwindung: –
»Oh!« ruft des Nächsten kleiner Schmerz,
»bei Gott, ich kenne die Empfindung!«
Daß er so wenig weiß und kann,
das ist es, was den Edlen schmerzt,
indes der eitle Dutzendmann
zu jedem Urteil sich beherzt.
Christian Morgenstern
Verzage nicht, wenn auf der Welt
Nicht eine Seele dich versteht,
Wenn du alleine wandern mußt,
Wo eines mit dem andern geht!
Ist doch für jedes Hälmchen Grün
Ein Perlentropfen, der's betaut,
Für jedes wilde Waldgezweig'
Ein Vogel, der sein Nestlein baut;
Für jeden Fels ein Wölkchen weiß,
das seine graue Stirne küßt,
Für jeden Strom ein tiefes Meer,
In das er seine Wasser gießt.
O hoffe nur, ein Wesen kreuzt
Doch einmal liebend deinen Pfad;
Es naht gewiß und wenn's dir erst
In deiner letzten...
Joseph Mayr-Tüchler
Leitung
Es wird ein Engel dir gesandt,
um dich durchs Leben zu begleiten.
Er nimmt dich liebend an der Hand
und bleibt bei dir zu allen Zeiten.
Er kennt den Weg, den du zu gehen hast,
und trägt mit dir der Erde Leid und Last.
Es wird ein Engel dir gesandt,
dem sollst du dich gern anvertrauen.
Auf ihn soll stets und unverwandt
das Auge deiner Seele schauen.
Er trägt zu deinem Schutz das Schwert des Herrn
und ist dir nie mit seiner Hülfe fern.
Es wird ein Engel dir gesandt,
dem sollst du...
Karl May
Lachenden Mutes sind wir geschieden,
Ahnten nicht, daß es für immer war.
Werd' ich dich nie mehr sehen hienieden?
Seltsam ist es und wunderbar!
Scherzend den letzten Kuß dir vom Munde
Küßt' ich in lachender, glücklicher Stunde.
Dort wo die Wolken so leuchtend scheinen,
Dort auf seligem Inselland
Wandeln wir einst in Myrtenhainen,
Liebende Schatten Hand in Hand.
Daß man auf ewig sich trennen müsse,
Nimmermehr glauben das zärtliche Küsse.
Hermann Ritter von Lingg