Lernen Zitate (Seite 10)
Vergessen
Du mußt vergessen lernen,
Mußt aus der Seele Grund
Das süße Bild entfernen,
Von dem das Herz dir wund!
Sieh, vor dir grüne Auen,
Mailust und Sonnenlicht:
Und du willst rückwärts schauen,
Mit Thränen im Gesicht?
Es sei! ich will's verschmerzen,
Doch nur vergessen nie,
Was dem gepreßten Herzen
Einst Himmelswonne lieh.
Willst du die Frommen schmähen,
die betend, sehnsuchtkrank,
Noch starr gen Westen sehen,
Wenn längst die Sonne sank?
Und willst du Ähren flechten
Zu Garben, hoch...
Robert Eduard Prutz
Was soll dies kindliche Verzagen,
dies eitle Wünschen ohne Halt?
Da du der Welt nicht kannst entsagen,
erobre sie dir mit Gewalt!
Und könntest du dich auch entfernen,
es triebe Sehnsucht dich zurück;
denn hör', die Menschen lieben lernen,
es ist das einzig wahre Glück.
August Graf von Platen Hallermund (Hallermünde)
Der Meister sprach:
"Ich war fünfzehn, und mein Wille stand aufs Lernen,
mit dreißig stand ich fest,
mit vierzig hatte ich keine Zweifel mehr,
mit fünfzig war mir das Gesetz des Himmels kund,
mit sechzig war mein Ohr aufgetan,
mit siebzig konnte ich meines Herzens Wünschen folgen,
ohne das Maß zu übertreten."
Konfuzius
Dankbares Leben
Wie schön, wie schön ist dieses kurze Leben,
Wenn es eröffnet alle seine Quellen!
Die Tage gleichen klaren Silberwellen,
Die sich mit Macht zu überholen streben.
Was gestern freudig mocht' das Herz erheben,
wir müssen's lächelnd heute rückwärts stellen;
Wenn die Erfahrungen des Geistes schwellen,
Erlebnisse gleich Blumen sie durchweben.
So mag man breiter stets den Strom erschauen,
auch tiefer mählich sehn den Grund wir winken
Und lernen täglich mehr der Flut vertrauen.
Nun...
Gottfried Keller
Soll ich denn kommen, wenn das Herbstlaub sinkt
und sanftes Gold in deinen Augen blinkt?
Soll Mandoline lernen, Arien lallen
und Verse lesen, um dir zu gefallen?
Die andere Schwester treibt es gar so toll –
es kommt ein Tag, da weiß ich, was ich soll,
ich sag zum Vater: "Höre meine Wahl:
Gib mir die Blonde, Mann, den Sonnenstrahl!"
Erik Axel Karlfeldt
Ermahnung
Ach was wollt ihr trüben Sinnen
Doch beginnen!
Traurig sein hebt keine Not.
Es verzehret nur die Herzen,
Nicht die Schmerzen,
Und ist ärger als der Tod.
Auf, o Seele! du mußt lernen
Ohne Sternen,
Wenn das Wetter tobt und bricht,
Wenn der Nächte schwarze Decken
Uns erschrecken,
Dir zu sein dein eigen Licht.
Christian Hofmann von Hofmannswaldau
An Fritz St.
Ins Stammbuch
Die Schlechten siegen, untergehn die Wackern,
Statt Myrten lobt man nur die dürren Pappeln,
Worein die Abendwinde tüchtig rappeln,
Statt stiller Glut lobt man nur helles Flackern.
Vergebens wirst du den Parnaß beackern
Und Bild auf Bild und Blum auf Blume stapeln,
Vergebens wirst du dich zu Tode zappeln, –
Verstehst du's nicht, noch vor dem Ei zu gackern.
Auch mußt du wie ein Kampfstier dich behörnen,
Und Schutz- und Trutz-Kritiken schreiben lernen,
Und kräftig oft...
Heinrich Heine
Ein edler Mensch kann einem engen Kreise
Nicht seine Bildung danken. Vaterland
Und Welt muß auf ihn wirken. Ruhm und Tadel
Muß er ertragen lernen. Sich und andere
Wird er gezwungen, recht zu kennen. Ihn
Wiegt nicht die Einsamkeit mehr schmeichelnd ein.
Es will der Feind, – es darf der Freund nicht schonen.
Dann übt der Jüngling streitend seine Kräfte,
Fühlt, was er ist und fühlt sich bald ein Mann.
Johann Wolfgang von Goethe