Leid Zitate (Seite 17)
Abends
Abends, wenn die Glocken gehen,
Wird um's Herz mir doppelt schwer;
Nach der Teuren will ich sehen,
Aber ihr Gemach ist leer.
War mir's doch, ich hörte Rauschen
Nebenan erst noch ihr Kleid,
Gleich als käme sie zu lauschen
Meinem Seufzer, meinem Leid.
Doch sie kommt nicht, mir zu reichen
Treubesorgt die liebe Hand,
Sanft die Thränen mir zu streichen
Von der Wimper heißem Rand.
Und ich starr' aus ödem Zimmer
Schmerzvoll nach des Westens Rot.
Meine Trösterin kommt nimmer,
Nun erst glaub'...
Karl Gottfried Ritter von Leitner
Ich leb, ich sterb...
Ich leb, ich sterb: ich brenn und ich ertrinke,
ich dulde Glut und bin doch wie im Eise;
mein Leben übertreibt die harte Weise
und die verwöhnende und mischt das Linke
mir mit dem Rechten, Tränen und Gelächter.
Ganz im Vergnügen find ich Stellen Leides,
was ich besitz, geht hin und wird doch echter:
ich dörr in einem und ich grüne, beides.
So nimmt der Gott mich her und hin. Und wenn
ich manchmal mein, nun wird der Schmerz am größten,
fühl ich mich plötzlich ganz...
Louise Labé
Zu spät
Hab' an die Dornen nicht gedacht,
Als ich die Rose brach,
Die Blätter sanken über Nacht,
Der Dorn mich blutig stach.
Hab' an den Winter nicht gedacht
Im Frühlings-Sonnenstrahl,
Nun schwand die duft'ge Blumenpracht
Und öd' ist's allzumal.
Hab' an das Scheiden nicht gedacht,
Als ich mein Lieb umfing,
Nun kommt der Trennung kalte Nacht,
Die Rosenzeit verging.
Daß ich an's Ende nicht gedacht,
Das macht mir bittern Schmerz,
Das Leid ist kommen über Nacht,
Und bricht mir nun das Herz.
Auguste Kurs
Überall Leid
Allüberall, wohin ich ging und kam,
Fand ich ein Weh; so einsam lag kein Land,
Daß nicht der Weg zu ihm die Sorge fand,
Und wo kein Baum gedieh, gedieh noch Gram;
Und magst du ziehn nach Süd und Nord,
Gen Ost und West, nach allen Winden,
Du wirst doch stets dasselbe Lösungswort,
Die Arbeit und des Lebens Mühsal finden.
Dasselbe Kämpfen um dein täglich Brot,
Das sich nicht lohnt, so schwer verdient zu sein,
Erwartet dich am Hudson wie am Rhein;
Ihr Bürgerrecht hat überall die...
Konrad Krez
Abend
Die Stunden trugen jede eine Last,
Solang' die Sonne wachte, in den Händen,
Als wollte nimmer sich der Kreis vollenden.
Nun aber war der letzte Glanz verblaßt.
Und endlich hob die Krone ab der Tag.
Auf samtnen Schuh'n mit Füßen silberbleichen,
So zog der Abend her aus fernen Reichen
Zur Erde, die noch jüngst in Purpur lag.
Und da der Frieden still ins Zimmer glitt
Und mir die Augen schloß, die heißen, wachen,
Da weckt' er mir ein goldnes Kinderlachen
Und kam mit meiner Jugend frohem...
Friede Henriette Kraze
Zu Tod möcht ich mich lieben
Liebster Freund, und kann's denn sein,
Wächst noch immer diese Liebe
Längst war ihr das Herz zu klein
Quillt noch stets von neuem Triebe!
Tag für Tag und Nacht für Nacht,
Füllt sich's fort aus ew'gen Quellen
Und das Herze weint und lacht,
Kann sich gar nicht mehr verstellen.
Süße Krankheit, himmlisch Leid
Und so mag's die Welt denn wissen
Der mich liebt, ist ach, so weit
Und das Herz ist mir zerrissen!
Aber dann im Traum der Nacht,
O wie sind wir da...
Christian Reinhold Köstlin
Alte Uhr
Leis tickt die Uhr, der Pendel schwingt,
die zarte Heimchenstimme klingt.
Der Zeiger rückt von Ort zu Ort,
so geht es heut', so geht es fort.
Es sah die Uhr schon manche Zeit,
sie tickte Glück, sie tickte Leid!
Und endet' sie des Tages Lauf,
dann zog der Mensch sie wieder auf.
Es starb der Mensch und ward geborn,
die alte Uhr gib nicht verlorn.
Sie schlug den sanften Silberschlag,
sie schlägt ihn heute, Tag um Tag!
Jüngst zog sie auf ein junger Mann,
heute rührt ein Greis den Pendel...
Gertrud Koehler
Die Rose
Was sehnst du nach der Sonne dich,
Du Rose, jung und schön,
Und strebst empor und mühest dich
Hinauf nach ihren Höh'n?
Sie zieht dich an mit falschem Blick,
Wärmt dir die Wangen rot,
Und willst du dich darüber freu'n,
so wärmt sie dich zu Tod.
Was sehnst du nach der Liebe dich,
Du Herz mit frischem Fleh'n.
Gieb acht, es kann der Rose gleich
Dir Leid dabei gescheh'n.
Franz Ritter von Kobell
An den Flieder
Flieder, blütenfroher Flieder,
schlägst du bald die Augen auf,
deine leuchtenden blauen Augen?
Sehnsucht nach dir durchblüht das land,
Veilchen sind fort. Noch reden nicht Rosen.
Aber die leisen Glöckchen des Maien
läuten. Sie lockten dich immer herbei.
Heiß brennt die Sonne,
heißer die heimliche Sehnsucht nach dir.
Flieder, blühst du,
stillt sich die Sehnsucht, –
lösest ganz leise die Flügel der Seele,
lähmst durch ein wonnig-weiches Ermüden
die vor Erwartung erregten...
Karl Ernst Knodt
Verträumte Jugend
Mir liegt ein Lied voll Leide
schon lang, so lang im Sinn.
Über die träumende Heide
trug ich's erst leise hin.
Weit in schlafende Wälder
schleppt ich sein schluchzendes Herz;
über weiße Winterfelder
wehte wie Wind sein Schmerz.
Heut soll sein Klagen gehen
hinaus mit klingendem Schrei;
Nie hab ich die Jugend gesehen!
Nun ging sie ewig vorbei.
Karl Ernst Knodt
Der neue Mann
Hast mich aufgefangen,
als ich mußte um mein Ego bangen,
hast mit lieben angefangen,
das ich bald war in Deinem Bann gefangen.
Hast mir die Liebe geschworen,
sagtest,
Du wirst durch mich neu geboren,
hast mich und die Liebe gepflegt,
gehegt,
sie durch viel Zärtlichkeit,
auch in mir erregt.
Und doch habe ich Angst vor der Zeit,
das die Liebe wieder geht,
und nur bleibt das Leid.
Sag' mir das alles so bleibt,
am liebsten für die Ewigkeit.
Alexandra Kluxen
An der Wiege
Schlummre!
Schlummere und träume von kommender Zeit,
Die sich dir bald muß entfalten,
Träume, mein Kind, von Freud' und Leid,
Träume von lieben Gestalten.
Mögen auch viele dir kommen und geh'n,
Müssen dir neue doch wieder ersteh'n.
Bleibe nur fein geduldig.
Schlummre!
Schlummere und träume von Frühlingsgewalt,
Schau all das Blühen und Werden;
Horch, wie im Hain der Vogelsang schallt!
Liebe im Himmel, auf Erden.
Heut zieht's vorüber und kann dich nicht kümmern,
Doch wird dein...
Ernst August Friedrich Klingemann
Rasch rennt die Zeit mit Lust und Leid,
Die Stunde ruft: 's ist an der Zeit!
Der Morgen mahnt, der Abend spricht:
Kurz ist der Tag, thu deine Pflicht!
Kurz ist der Tag, rasch ist der Tod,
Drum sei ein Helfer ohne Not,
Und was du thust, mehr thust du nicht –
Das merke wohl – als deine Pflicht!
Hermann Kletke
Der Liebe Obdach
Die Liebe baut, ein thöricht Kind,
Ihr Haus aus Blum- und Blattgewinden;
Hier hofft sie gegen Frost und Wind
Ein freundlich Obdach einst zu finden.
Doch eine Herbstnacht war genug,
Ihr Hoffen ganz in Leid zu kehren,
Das leichte Haus im wilden Flug
Mit Dach und Pfosten zu zerstören.
Nun irrt sie, mit verzagtem Blick,
Zum Tod erschöpft, im wüsten Wetter,
Und sammelt aus verlornem Glück
Sich weinend noch die welken Blätter.
Hermann Kletke