Lebens Zitate (Seite 219)
Vor manchen, manchen Jahren,
als ich zuerst dich sah,
war eine Locke rabenschwarz,
braun deine Wange da.
Jetzt ist die Wange blässer,
wie Silber glänzt dein Haar,
und dennoch bist du lieber mir,
ja lieber, als mir der Jüngling war.
Des Lebens schroffe Hügel
erstiegen Hand in Hand
wir, wie es Wind und Wetter gab.
hin über Fels und Sand;
jetzt ist der Abend milder,
wir steigen sanft hinab,
und dort am Fluß erwartet uns zusammen
ein Brautgemach, das Grab.
Robert Burns
An die Liebe
Einmal, meines Lebens Rest zu segnen,
Laß mir noch ein Mädchen oder Weib,
Göttin Liebe, laß mir eins begegnen,
So gestaltet, so an Seel' und Leib
Ausgeschmückt mit deinen goldnen Gaben,
Daß ich armer, freudenloser Mann
Mich an ihm von ganzem Herzen laben
Und es lieben und verehren kann!
Gottfried August Bürger
Sinnenliebe
Ein Honigvöglein, weich und zart,
Ist leichte Sinnenliebe;
Von Schmetterlings- und Bienenart
Sind ihre Nahrungstriebe.
Nur für den Lenz hat die Natur
Dies Flatterkind geboren;
Im Lenze lebt und webt sie nur,
Gehegt, gepflegt von Floren.
Kaum dürftest du im Sommer ihr
Das Leben noch erhalten;
Doch untern Händen wird sie dir
Gewiß im Herbst erkalten.
Autumnus' volles Segenshorn
Wirst du umsonst ihr bieten;
Es nähret sie, statt Wein und Korn,
Nur Duft und Thau der Blüten.
Gottfried August Bürger
Gegenliebe
Wenn, o Mädchen, wenn dein Blut
Reger dir am Herzen wühlte;
Wenn dies Herz von meiner Glut
Nur die leise Wärme fühlte.
Wenn dein schöner Herzensdank
Meiner Liebe Gruß empfinge;
Und dir willig, ohne Zwang,
Kuß auf Kuß vom Munde ginge:
O dann würde meine Brust
Ihre Flamme nicht mehr fassen,
Alles könnt' ich dann mit Lust,
Leib und Leben könnt' ich lassen.
Gegengunst erhöhet Gunst,
Gegenliebe nähret Liebe,
Und entflammt zur Feuersbrunst,
Was sonst Aschenfünkchen bliebe.
Gottfried August Bürger
Denn die Geister hoher Weisen schweben
Nicht in Nacht sich hüllend aus dem Leben
In die Wohnung der Vergessenheit.
Ihre Weisheit waltet fort hier oben;
Ihrer Weisheit Götterwerke loben
Die Entschwebten bis in Ewigkeit.
Preis und Dank für ehrenwerte Taten;
Preis und Dank für das, was sie geraten,
Was sie wohl geordnet, wohl bestellt;
Für die Fackel, die sie hoch gehalten,
Die des Irrtums Chaos zu gestalten
Wandelloser Wahrheit aufgehellt.
Gottfried August Bürger
Seufzer eines Ungeliebten
Hast du nicht Liebe zugemessen
Dem Leben jeder Kreatur?
Warum bin ich allein vergessen,
Auch meine Mutter du! Natur?
Wo lebte wohl in Forst und Hürde,
Und wo in Luft und Meer ein Tier,
Das nimmermehr geliebet würde? -
Geliebt wird alles außer mir!
Wenngleich in Hain und Wiesenmatten
Sich Baum und Staude, Moos und Kraut
Durch Lieb und Gegenliebe gatten;
Vermählt sich mir doch keine Braut.
Mir wächst vom süßesten der Triebe
Nie Honigfrucht zur Lust...
Gottfried August Bürger
Höchstes Leid
Hart ist's an dem Grab zu steh'n
Derer, die du heiß geliebet,
Hart auch, wie am Fels der Zeit
Traum um Traum in Nichts zerstiebet.
Bittrer als des Todes Raub,
Und was kalt die Zeit entwendet,
Ist's, wenn du dein best Gefühl
An Unwürdige verschwendet.
Wie ein Bettler stehst du da,
Der sein Alles hingegeben,
Dem nichts blieb von seinem Schatz,
Als das nackte, arme Leben.
Wie, von roher Hand gestürzt,
Liegt ein Götterbild im Staube,
Also ist ein Trümmerhauf'
Deines Herzens...
Luise Büchner
Das Schneegestöber
Wie die kleinen Flöckchen
Bei des Windes Weh'n
Hell im weißen Röckchen
Durcheinander dreh'n!
Wechseltänze schlingen
Sie auf luft'gem Plan;
In verworr'nen Ringen
Krümmt sich ihre Bahn.
Hast vergeb'nes Mühen,
Rasches Flöckchen dort;
Spottend dein im Fliehen
Schwebt das Liebchen fort.
Andre, die ersiegen
Sich die holde Braut,
Aneinander schmiegen
Sie sich sanft und traut.
Aber alle kommen
Endlich hin zur Ruh',
Wann die Sonn' erglommen,
Deckt ein Grab sie zu.
Wahres Bild des...
Adolf Bube
Gefangen hinter unsichtbaren Gittern
Mein freies Sein zu oft ich seh' verwittern
Von Zweifeln durchsetzt
Vom Glauben gehetzt
Durch Deine Hände geleitet zum Hassen
Werden sie mich auch lieben lassen?
Teile doch mein Leben mit Dir
Zum Sterben aber bin ich alleine hier
Du bist Ich
Aber wer bist Du?
Stephan Brünnler
Wenn ich seh’ der andern Lieb’
Fühl’ mich dabei nur wie ein Dieb
Such’ in mir nur dies Gefühl
Doch je mehr ich in mir wühl’
Spür ich nur die eisig Kühl’
Verliere mich in Träume
Schreite gedanklich durch all die Räume
Aber auch meine Zeit wird wieder kommen
Sonst mein Leben ich mir hätt’ schon längst genommen
Mit Feigheit hat dies nichts zu tun
Würd’ dann endlich nur in Frieden ruh’n
Verlange ich zuviel von mir
Oder such’ ich letztendlich nur nach Dir?
Stephan Brünnler
Wer ein Liebchen hat gefunden,
Die es treu und redlich meint,
Lohn' es ihr durch tausend Küsse,
Mach' ihr all das Leben süß,
Sei ihr Tröster, sei ihr Freund!
Trallalera, trallalera!
Doch sie treu sich zu erhalten,
Schließ' er Liebchen sorglich ein;
Denn die losen Dinger haschen
Jeden Schmetterling und naschen
Gar zu gern von fremden Wein.
Trallalera, trallalera!
Sonderlich beim Mondenscheine,
Freunde, nehmt sie wohl in Acht!
Oft lauscht da ein junges Herrchen,
Klirrt und lockt das kleine...
Christoph Friedrich Bretzner
Lieb und Leid im leichten Leben
Sich erheben, abwärts schweben,
Alles will das Herz umfangen,
Nur Verlangen, nie erlangen.
In dem Spiegel all ihr Bilder
Blicket milder, blicket wilder
Jugend kann doch nichts versäumen
Fort zu träumen, fort zu schäumen.
Frühling soll mit süßen Blicken
Sie entzücken und berücken,
Sommer mich mit Frucht und Myrthen,
Reich bewirten, froh umgürten.
Herbst du sollst mich Haushalt lehren,
Zu entbehren, zu begehren,
Und du Winter lehr mich sterben
Mich verderben,...
Clemens Brentano