Kranke Zitate (Seite 4)
Priester, du willst die Seele erkennen,
Willst Gesundes vom Kranken trennen,
Irrt dein Sinn oder lügt dein Mund?
Was ist krank?! Was ist gesund?!
Richter, eh du den Stab gebrochen,
Hat keine Stimme in dir gesprochen:
Ist das Gute denn nicht schlecht?
Ist das Unrecht denn nicht Recht?
Mensch, eh du einen Glauben verwarfst,
Weißt du denn auch, ob du es darfst?
Wärest du tief genug nur gedrungen,
Wär dir derselbe Quell nicht entsprungen?
Hugo von Hofmannsthal
Nur eine Meile noch
Mein Mütterle ach, wie bist du krank
Nun bring' ich dir Hilfe, Gott sei Dank!
Ich bring' aus der Stadt die Arznei,
Die heilt dich, und bald ist die Angst vorbei.
Wie bin ich so müd' und verschmachte fast!
An der Bergcapelle mach ich Rast.
Der Weg war steil und heiß und lang,
Und so ganz allein wird mir oft bang'.
Doch rast’ ich gewiß nicht länger, als ich
Zum lieben Gott ich bete für dich.
Nur wenige Stunden – dann bin ich bei dir.
So lang' bleib' du, lieber Gott bei Ihr!
Friedrich Hofmann
Die Glocken
Wie seltsam läuten, seltsam ernst und tief
die alten Glocken meiner Heimatstadt!
als ob ein Märchentraum in ihnen schlief,
daß mancher schon den Kopf geschüttelt hat.
Im morschen Glockenstuhl mit einem Mal
raunt auf das dunkle Gold ... es wiegt sich, zieht
dann durch den Abend, durch das stille Tal,
von Schwermut krank, doch voll im Klang sein Lied.
Wenn aus dem Schlaf ein Schmerz mich plötzlich stört
oft in der Fremde, spät um Mitternacht,
hör ich das Glockenspiel ganz fern und...
Camill Hoffmann
In alten Tagen
Ich glaube in alten Tagen,
da liebt ich ein Mägdelein.
Mein Herz ist krank und trübe,
es mag wohl ein Märchen sein.
Ich glaube in alten Tagen,
da sonnte sich einer im Glück,
war ich's oder war es ein andrer,
vergebens sinn ich zurück.
Ich glaube in alten Tagen,
da sang ich, ich weiß nicht was,
hab' ich denn alles vergessen,
seitdem sie mich vergaß?
Paul von Heyse
Meiner Mutter
Mutter, aus der Ferne eilst du,
Deinen Sohn zu sehen,
Ach, die kranke Seele heilst du,
Linderst ihre Wehen.
Bin zermartert, bin zerschlagen
Wie im Sturm die Eiche,
Doch bei dir vergeht mein Klagen,
Gute, Milde, Weiche.
Wer der Zeit Meduse schaute
Schon mit jungen Jahren,
Wem's in Höllenschlünden graute,
Früh hinabgefahren:
...
Karl Henckell
Und wüßten's die Blumen, die kleinen,
wie tief verwundet mein Herz,
Sie würden mit mir weinen,
Zu heilen meinen Schmerz.
Und wüßten's die Nachtigallen,
Wie ich so traurig und krank,
Sie ließen fröhlich erschallen
erquickenden Gesang.
Und wüßten sie mein Wehe,
Die goldenen Sternelein,
Sie kämen aus ihrer Höhe,
Und sprächen Trost mir ein.
Die alle können's nicht wissen,
Nur eine kennt meinen Schmerz:
Sie hat ja selbst zerrissen,
zerrissen mir das Herz.
Heinrich Heine
Gekommen ist der Maie,
Die Blumen und Bäume blühn,
Und durch die Himmelsbläue
Die rosigen Wolken ziehn.
Die Nachtigallen singen
Herab aus der laubigen Höh,
Die weißen Lämmer springen
Im weichen grünen Klee.
Ich kann nicht singen und springen,
Ich liege krank im Gras;
Ich höre fernes Klingen,
Mir träumt, ich weiß nicht was.
Heinrich Heine
Was ist das für ein Frauenbild…
Was ist das für ein Frauenbild
In dürftigen Gewand?
Sie stützt ein Antlitz krank und mild,
In eine weiße Hand.
Sie sieht nach mir, wird rot und bleich,
Lacht gellend auf und weint
Und ist dem Regentropfen gleich,
Drch den die Sonne scheint.
Ach, jetzt versteh' ich ihren Schmerz,
Und er betrübt mich sehr:
Einst liebt ich dich, du armes Herz,
Nun kannt' ich dich nicht mehr.
Doch wer erkennt ein Blumenbeet,
Das ihn im Lenz entzückt,
Wenn zwischen Herbst und Winter...
Christian Friedrich Hebbel
So zu mir sprach Abdallah, der Kurde:
"Wisse du, warum dein Freund ich wurde.
Weil du hörst und schweigst, wenn Andre sprechen,
Weil du singest, wenn die Andern zechen.
Sahst du Moslems im Gebete liegen,
Hast du, Franke, ehrfurchtsvoll geschwiegen.
Schmerzlich krank hast du nur Nachts geklaget,
Morgens stiegst zu Pferd du unverzaget.
Nie das Gestern hört ich dich beklagen,
Doch du redest schön von künft'gen Tagen."
Moritz Hartmann
Zueignung
Ja, du weißt es, teure Seele,
Daß ich fern von dir mich quäle,
Liebe macht die Herzen krank,
Habe Dank.
Einst hielt ich, der Freiheit Zecher,
Hoch den Amethysten-Becher,
Und du segnetest den Trank,
Habe Dank.
Und beschworst darin die Bösen,
Bis ich, was ich nie gewesen,
heilig, heilig an's Herz dir sank,
Habe Dank.
Hermann von Gilm, Ritter zu Rosenegg
Leben –
höchster Wert
der Menschenkinder,
haltet fest daran –
ungeborenes, krankes, altes –
haltet fest daran!
Laßt euch nicht von Diesseitsmenschen,
diesen irrenden Propheten,
wirren Köpfen, argen Tröpfen,
eine falsche Lehr' aufschwätzen.
Wären diese ungeborn,
wär' der Menschheit nichts verlorn?
Carl Peter Fröhling
Ritter der Trauer
Keiner dreht sich nach dir um
Keiner sieht dich
Du bist allein
Verlassen in dieser Welt
Eine Feder im Wind
Ein Tropfen im Meer
Bettelarmes Wesen
Schmerz in deiner Seele
Krankes Herz
Verloren seit langer Zeit
Kein Ziel vor Augen
Im Niemandsland wo du stehst
Kein Reiz der dich erregt
Tot
Kalt im Gesicht und Leib
Gedankenlos
Keiner vermisst dich
Keiner hat für dich Zeit
Jetzt willst du sterben
Wo ist dein Sarg
Du bist nicht mehr da
Eine einzige Blume auf deinem Grab
Einsam dein...
Volkmar Frank
Der Gast
Das Kind ist krank zum Sterben,
die Lampe gibt trägen Schein,
die Mutter spricht: "Mir ist es,
als wären wir nicht allein."
Der Vater sucht zu lächeln,
doch im Herzen pocht's ihm bang,
stiller wird's und stiller, –
die Nacht ist gar zu lang.
Nun scheint der Tag ins Fenster,
die Vögel singen so klar;
die beiden wußten es lange,
wer der Gast gewesen war.
Theodor Fontane