Kleine Zitate (Seite 28)
Zu Tod möcht ich mich lieben
Liebster Freund, und kann's denn sein,
Wächst noch immer diese Liebe
Längst war ihr das Herz zu klein
Quillt noch stets von neuem Triebe!
Tag für Tag und Nacht für Nacht,
Füllt sich's fort aus ew'gen Quellen
Und das Herze weint und lacht,
Kann sich gar nicht mehr verstellen.
Süße Krankheit, himmlisch Leid
Und so mag's die Welt denn wissen
Der mich liebt, ist ach, so weit
Und das Herz ist mir zerrissen!
Aber dann im Traum der Nacht,
O wie sind wir da...
Christian Reinhold Köstlin
Das gute Gefühl
Ich fühle mich gut,
zurück ist er,
mein Mut.
Ich frage mich, wie er das tut.
Doch egal,
das Glück in meinem Herze ruht.
Weiß nicht warum,
doch ein „bumm“
und es war da.
So verschwommen ich auch sah,
nun ist vieles wieder klar.
Kein neuer Mann,
wo ich hätte mich verrannt.
Keine neue Liebe,
auf welche hätte folgen können Hiebe.
Kein neuer Job,
welcher hätte werden können wohl ein Flop.
Das gute Gefühl war einfach wieder da
und plötzlich bin ich mir gerne...
Alexandra Kluxen
Du, mein künftiges Sein, wie jauchz' ich dir entgegen.
Wie fühl' ich's in mir, wie klein ich bin!
Aber wie fühl' ich es auch,
Wie groß ich werde sein!
O du, die steigt zu dem Himmel hinauf,
Hoffnung, gegeben von Gott!
Ein kurzer, schneller, geflügelter Augenblick,
Er heißet Tod, dann werd' ich es sein!
Friedrich Gottlieb Klopstock
Soll ich kleine Lieder singen,
Wie ich oftmals tat?
Sonne schon und Nachtigallenschwingen
Naht.
Unterm Schnee die Quellen rauschen
Schon dem Frühling zu.
Laß uns lächeln, laß uns lauschen!
Du!
Rinnt nicht auch in deinen Tränen
Schon der Mai?
Liebend Berge sich an Berge lehnen.
Sei!
Eine Tanne steht im jungen Triebe,
Wo der Marder schlich.
Winter wankt. Die Föhne stürmen. Liebe
Mich!
Klabund
Ballade vom Wort
Was wollen die großen Worte?
Sie rollen wie ein Kiesel klein
Am Weg, an der Straßenborte
In den Morgen ein.
Sie hängen an manchem Baume
Wie Früchte halbgereift.
Sie haben von manchem Traume
Den zarten Puder gestreift.
Sie schmecken wie Galle so bitter.
So spei sie aus dem Spiel!
Sie sitzen im Fleisch wie Splitter.
Ein Wort ist schon zuviel.
Ein Wort schon ist Mord schon am Himmel.
So schweige und neig dich zum Herd.
Stumm lenkt durch das Sternengewimmel
Der Herr sein ewiges...
Klabund
Und doch, wie traurig wäre das Wandern,
Und doch, wie öde wäre die Welt,
Wie kalt der Mond und alle Gestirne,
Wüßt ich nicht fern auf der kleinen Erde
Irgend ein heimliches Nest mir gebaut,
Ein kleines Nestchen,
Und wüßt' ich im Nestchen ein Herz nicht,
Das in Sehnen mir schlägt
Und des Wandernden denkt;
Und säßen im Nestchen
Die Vögelchen nicht
Aufsperrend die Schnäblein,
Und zwitscherten lustig
Und fragten die Mutter:
Kommt der Vater auch bald
Und bringt uns Futter?
Johann Gottfried Kinkel
Alles neu macht der Mai
macht die Seele frisch und frei,
kommt heraus, lasst das Haus,
windet einen Strauß!
Rings erglänze Sonnenschein,
duftend prangen Flur und Hain,
Vogelsang, Hörnerklang
tönt den Wald entlang.
Wir durchziehen Saatengrün,
Haine, die ergötzend blüh'n!
Waldespracht, neu gemacht
nach des Winters Nacht.
Dort im Schatten an dem Quell
rieselnd munter silberhell,
Klein und Groß ruht im Moos,
wie im weichen Schoß.
Hier und dort, fort und fort,
wo wir ziehen, Ort für Ort,
weit...
Hermann Adam von Kamp
Paradies
Kleine Seele, springst im Tanze,
Legst in warme Luft den Kopf.
Hebst die Füße aus glänzendem Gras,
Das der Wind in zarte Bewegung treibt.
Frische Fülle, quellendes Wasser,
Stürmisches, friedliches, hohes,
Sich ausbreitendes Wachsen.
Glückselige Oase.
Morgen nach durchtobter Nacht.
Mit dem Himmel Brust an Brust.
Friede, Versöhnung, Versinkung.
Franz Kafka
Schwalbe, kleine Himmelsschwester,
hoch unter dem Gewitterbogen.
Wohin flattert dein Flügelchen
wenn Eisgeröll und Blitzgeschmetter
dein Jagdrevier durchfurcht?
Kennst du den Flug des Falken,
stürzt dich wie er in die Tiefe,
suchst Schutz unter dem Traufbrett
am Dach?
So ist es gut; wart' nicht zu lang.
Wünsch dir noch ganz viel
Fliegenspeck
Bernd (bejot) Jacobs
Großes Kind
Wann ich im Herzen glücklich war,
O Freunde, heute früh.
Ich schnitt mir ab ein Weidenpaar
Und nachher schält' ich sie.
Und warf stillachend Stab um Stab
Weit in den Rauschebach,
Und ging dem flinken Auf und Ab
Zerschäumter Wellen nach.
Und lief auch beinah so geschwind
Als wie mein Ästepaar,
Als wär' ich noch ein kleines Kind,
Nicht große dreißg Jahr.
Das, Freunde, will ich euch gesteh'n,
Gab Früh- und Frohgefühl.
Ich habe Menschen nicht geseh'n,
Drum ward ich Kind im Spiel.
Ludwig Jacobowski
Wenn du, um größ'res Weh zu meiden,
von dem, was du geliebt, mußt scheiden –
Geh nicht in Groll! Geh nicht in Zorn!
Die Zeit wird mildern deine Schmerzen;
Doch gehst du mit verhülltem Herzen,
Bleibt in der Wunde dir der Dorn.
Du mußt ihn immerdar empfinden,
Manch größ'res Leiden wird verschwinden,
Indes das kleine dir verblieb;
Es wird vergiften dir das Leben,
Daß du gezürnt und nicht vergeben;
Drum – eh du scheidest, o vergib!
Ludwig Ißleib
Zuweilen kommen niegeliebte Frauen
Zuweilen kommen niegeliebte Frauen
Im Traum als kleine Mädchen uns entgegen
Und sind unsäglich rührend anzuschauen,
Als wären sie mit uns auf fernen Wegen
Einmal an einem Abend lang gegangen,
Indes die Wipfel atmend sich bewegen
Und Duft herunterfällt und Nacht und Bangen,
Und längs des Weges, unsres Wegs, des dunkeln,
Im Abendschein die stummen Weiher prangen
Und, Spiegel unsrer Sehnsucht, traumhaft funkeln,
Und allen leisen Worten, allem Schweben
Der...
Hugo von Hofmannsthal