Jungs Zitate (Seite 15)
Das erste Grün
Du junges Grün nach Wintertagen
Du Gruß vom jungen Frühlingsmorgen,
Du sproßtest auf, um mir zu sagen:
Gib nun den Winden Gram und Sorgen
Und froh klopft dir mein Herz entgegen,
Du lehrst es wieder gläubig hoffen;
Die Erde träuft von Gottes Segen,
Und drüber steht der Himmel offen.
Julius Karl Reinhold Sturm
Auferstehung
Im Süden
brachen schon die Krusten auf.
Aus Knospen blüht es
weiß und rot und blau;
die Wiesen leuchten hell herüber,
stolz geht mit ihrem Kind
die Frau.
Bei uns
bläst noch der eis'ge Wind,
die Bäume frieren
und Berggipfel sind schneebedeckt.
Und doch: der Frühling kommt.
Die junge Sonne
hat ihn endlich aufgeweckt.
Schon morgen wird bei uns
das Licht der Blumen bunt erblühn,
das Grün
aus heut noch dürren Ästen wachsen
und Osterfriede
in die Herzen ziehn.
Ingrid Streicher
Lose
Der einst seine junge
Sonnige Liebe gebracht,
Die hat ihn gehen heißen,
Nicht weiter sein gedacht.
Darauf hat er heimgeführet
Ein Mädchen still und hold;
Die hat aus allen Menschen
Nur einzig ihn gewollt.
Und ob sein Herz in Liebe
Niemals für sie gebebt:
Sie hat um ihn gelitten
Und nur für ihn gelebt.
Theodor Storm
Sommermittag
Nun ist es still um Hof und Scheuer,
Und in der Mühle ruht der Stein;
Der Birnenbaum mit blanken Blättern
Steht regungslos im Sonnenschein.
Die Bienen summen so verschlafen;
Und in der offnen Bodenluk',
Benebelt von dem Duft des Heues,
Im grauen Röcklein nickt der Puk.
Der Müller schnarcht und das Gesinde,
Und nur die Tochter wacht im Haus;
Die lachet still und zieht sich heimlich
Fürsichtig die Pantoffeln aus.
Sie geht und weckt den Müllerburschen,
Der kaum den schweren Augen...
Theodor Storm
Dir gilt es!
Stets werd' ich dich als Menschen achten,
Denn menschlich bist du von Gestalt;
Du kannst mit Händ' und Füßen trachten,
Bist jung und wirst nach Jahren alt.
Doch soll ich dich als Freund umfassen,
So mußt du in der Menschenbrust
Auch etwas lieben, etwas hassen
Und Leid empfinden oder Lust.
Du mußt vermögend sein, zu beten
In jedem wahren Heiligtum,
Mit schöner Ehrfurcht hinzutreten
Vor jeden echten Siegesruhm.
Johann Fercher von Steinwand
Bruchstücke einer Dichtung
Sonnenaufgänge sing' ich und Sonnenuntergänge:
Aufgang und Untergang ist das Leben –
Aber einmal dämmern Tage,
Da die Nacht in graue Gräber fiel,
Ewig Sonnenleuchten über alle Welten flutet:
Einmal – und ich lausche in die Nacht,
Und mir ist, der fahle Dämmer trägt
Wie ein zitternd Ahnen fernes Pochen,
Abglanz jener tausend Morgenchöre,
Die der Welten hehrstes Fest umbrausen,
Und ich grüße aus dem Zwang der Nacht
...
Ernst Maria Richard Stadler
Gang im Schnee
Nun rieseln weiße Flocken unsre Schritte ein.
Der Weidenstrich läßt fröstelnd letzte Farben sinken,
Das Dunkel steigt vom Fluß, um den versprengte Lichter blinken,
Mit Schnee und bleicher Stille weht die Nacht herein.
Nun ist in samtnen Teppichen das Land verhüllt,
Und unsre Worte tasten auf und schwanken nieder
Wie junge Vögel mit verängstetem Gefieder –
Die Ebene ist grenzenlos mit Dämmerung gefüllt.
Um graue Wolkenbündel blüht ein schwacher Schein,
Er leuchtet unserm Pfad in...
Ernst Maria Richard Stadler
Die Sängerin
Im Traume wars. Ein Pilgerschwarm
Von Männern und von Frauen zog
Durch meine Heimat Hand in Hand,
Lobsingend einen süßen Psalm.
Im letzten Gliede schreitend folgt
Ich selig der verwandten Schar.
Da schwang durch den harmonischen Chor,
Vom Haupt des Zuges, unsichtbar
sich eine Stimme jung und frisch
Und klar, weithin Gebirg und Tal
Vergoldend mit dem sonnigen Sang.
Allein die Stimme jauchzte falsch,
Im Tone hinkend und im Takt.
Und ob dem wundersamen Sang
So schön, so innig und so...
Carl Spitteler
Das blanke Gold
Macht Weiß aus Schwarz, aus Häßlich Schön,
Macht Unrecht recht, Schlecht gut, Alt jung, Feig' tapfer;
Es lockt den Priester fort von dem Altare,
Reißt Halbgenes'nen weg das Schlummerkissen.
Ja, dieser gelbe Sklave löst und bindet
Geweihte Bande, segnet den Verfluchten,
Macht selbst den Aussatz lieblich; hilft dem Dieb
Zu Ämtern, Titeln, Ehr- und Anerkennung,
Und schafft der überjähr'gen Witwe Freier.
William Shakespeare
Bad boy
Ich bin der böse Junge von nebenan,
der, der den Sargträgern hilft
wenn sie die Nachbarn wegschaffen.
Ich gehe um wie Grippe.
Die drei Kids von oben
haben sich angesteckt: eine Sinfonie
aus Streichholz und Feuerwehrlärm.
Ich bin es, der den Ersatzschlüssel hat
und die Blumen mit Rattengift gießt.
Das ist schon ein tolles Leben,
wenn im Frühling kollaterale Schädel
Führergeburtstag feiern und wie durch
Zufall in ihren Hirnanhangsdrüsen
meine Küchenmesser stecken.
Die Bulldogs, die ich...
Stefan Schütz
Hoffnung
Es reden und träumen die Menschen viel
Von bessern künftigen Tagen,
Nach einem glücklichen, goldenen Ziel
Sieht man sie rennen und jagen.
Die Welt wird alt und wird wieder jung,
Doch der Mensch hofft immer Verbesserung!
Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein,
Sie umflattert den fröhlichen Knaben,
Den Jüngling locket ihr Zauberschein,
Sie wird mit dem Greis nicht begraben,
Denn beschließt er im Grabe den müden Lauf,
Noch am Grabe pflanzt er - die Hoffnung auf.
Es ist kein leerer...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
O, wie im Glanz der Morgensonne
Die Welt verlockend vor mir lag!
O, wieviel Kränze, wieviel Wonne
Verhieß mir dieser junge Tag! –
Nun hab' ich bis zum Grund getrunken
Den Becher, den die Hoffnung bot;
Schon ist die Sonne still versunken,
Und leis verglomm das Abendrot.
Und ach! ich habe nichts gefunden
Als eines Herbsttags kalte Pracht;
Nur wenig sonnenlichte Stunden –
Und eine endlos lange Nacht.
Ernst Scherenberg
Hell schmetternd ruft die Lerche
Mich aus dem Traume wach,
Es grüßt im Morgenschimmer
Der junge Frühlingstag.
Im Garten rauscht die Palme
Geheimnisvoll bewegt,
Ans ferne Meeresufer
Die Brandung schäumend schlägt.
Und ehern blau der Himmel,
Gülden der Sonnenschein,
Mein Herz, was willst du weiter?
Stimm in den Jubel ein!
Und sing ein Lied zum Preise
Deinem alten Gott und Herrn,
Er hat dich nie verlassen,
Du nur, du bist ihm fern.
Joseph Victor von Scheffel