Ich Sein Zitate (Seite 69)
Er ließ mir melden, wenn ich sagte, sein Bart wäre nicht gut gestutzt, so wäre er anderer Meinung: Das nennt man den höflichen Bescheid. Als ich ihm wieder sagen ließ, er wäre nicht gut gestutzt, so ließ er mir sagen, er stutze ihn für seinen eigenen Geschmack: Das nennt man den feinen Stich. Sagte ich noch einmal, er wäre nicht gut gestutzt, so erklärte er mich unfähig zu urteilen: Das nennt man die grobe Erwiderung. Nochmals, er wäre gut gestutzt, so antwortete er, ich spräche nicht wahr:...
William Shakespeare
Bestimmt hab ich hin und wieder jemandem Unrecht getan. Ich glaube aber nicht, daß ich zu den skrupulöseren Typen meines Gewerbes zähle. Es gibt einen mißverständlichen Satirebegriff. Ich definiere das immer so: Es stellt sich einer an den Straßenrand und pinkelt zehn vorbeigehende Passanten an. Dann hat er eine automatische Trefferquote von sieben Richtigen. Ich frage mich nur, warum müssen die drei anderen auch was abbekommen? Man muß vom Start weg sehr lange nachdenken, welche sieben es...
Werner Schneyder
Daß ich meine zwölf Stunden des Tags einen Garten beschickte, daß ich ihm nichts veruntreue und Ordnung unter meinen Leuten erhalte, das bezahlt mir der gnädige Herr mit Geld. Aber daß ich es mit Freuden tue, weil ich es ihm tue, daß ich des Nachts davon träume, daß es mich mit der Morgensonne heraustreibt - das, mein Fräulein, muß er mir mit seiner Zufriedenheit lohnen. Ein einziger Besuch in seinem Park tut hier mehr als alle sein Mammon.
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Glauben
Früher habe ich an ihn geglaubt.
Später im Leben dann vergessen.
Heute war ich ihm sehr nah.
Erinnerte mich an seine Kraft.
Saß in der Kirche, letzte Reihe.
Habe stumm mit ihm geredet.
Bat ihn um einen einfacheren Weg.
Erflehte Liebe und Geborgenheit.
Ersuchte um Verständnis und Wärme.
Erhoffte Vertrauen und glücklich sein…
…für den Menschen, der neben mir saß.
Damaris Wieser
Beim Tod meines Bruders
Nun danke Gott, die Fahrt ist aus!
Du kehrtest heim ins Vaterhaus,
froh bist du bei den Deinen, -
und ich muß weinen.
Du kehrtest heim, stell' hin den Stab,
die schwere Bürde, leg' sie ab,
zieh aus die Reiseschuhe,
nun hast du Ruhe.
Dir tat so unsanft diese Welt,
vergiß sie unterm Palmenzelt,
vergiß sie in der andern; -
ich muß noch wandern.
Und bring der Mutter Gruß auf Gruß
von Ihrem, der noch wandern muß,
und sag' ihr, daß sein Lieben
ihr treu geblieben.
Und...
Friedrich Wilhelm Weber
Entschluß
Und bist du mir auch nicht beschert,
Dein Anschaun sei mir nicht verwehrt.
Ich will's genießen still entsagend,
Kein irdisches Gelüste tragend.
Es sprach zur Sonne einst der Schnee:
»Frau Sonne, laß mich, tust mir weh!«
Sie ging. Doch er ward grau und trübe,
Als fehlte ihm der Strahl der Liebe.
Da rief die Sonne er zurück,
Sie wärmte ihn mit Feuerblick,
Bis daß sein schimmernd Weiß ergraute.
Sie glänzte fort; doch er zertaute.
Du bist die liebe Sonne mir,
Und Wollust ist ein Blick...
Felix Schumann
Ihr meint, ich trüge meine Stirne
Ihr meint, ich trüge meine Stirne
Etwas zu hoch vor Tatendrang –
Wahr ist's, es lodert mir im Hirne
Zu wild für euren Schneckengang.
Was kümmert mich das kleine Schaffen,
Das eurer Seelchen Sehnsucht stillt –
Was das Erlisten, das Erraffen,
Womit ihr euer Leben füllt;
Was kümmert mich das Weltgetriebe,
Sein leerer Gang, sein hohler Schein!
Ein starker Fels ist meine Liebe,
Und über ihr steht Gott allein.
Prinz Emil von Schoenaich-Carolath-Schilden
Heimweh
O du, die mich von hinnen trieb,
Dich hab' ich dennoch, dennoch lieb!
– Wie einer seine Heimat liebt,
Dem sie auch nichts als Elend gibt,
Und wie er aus der Fremde Glück
Sich dennoch sehnt nach ihr zurück.
Dort ist der Himmel tiefer blau,
Dort liegt in satterm Grün die Au,
Dort blühn die Blumen schöner auch
Und atmen düftevollern Hauch,
Dort klingt sogar der Vögel Laut
Ihm wundersüß und wohlvertraut.
Und stieß ihn auch die Heimat fort,
Im Traum ist seine Seele dort,
Und klopft an ihr...
A. de Nora (Pseudonym für Anton Alfred Noder)
Ein Geheimnis
Ihr wißt so viel vom Tod zu sagen,
Vom Grab, in das man mich wird tragen,
Ihr Pred'ger....Doch ich traue nicht
Dem von euch selbst erborgten Licht.
Nur Einer steckte leise Lichter
Auf Höhen an. Er war kein Dichter,
Kein Prediger. Er war Prophet,
Und all sein Atmen war Gebet.
Der sprach vom großen Vaterhause
Und – daß dort jedem seine Klause
Bereitet sei … Er ging voran
Und hat die Tür uns aufgetan.
Doch die Ihr führet seinen Namen,
Ihr wißt auf alles gleich ein – Amen –,
Wonach...
Karl Ernst Knodt
Müde bin ich, geh' zur Ruh',
Schließe beide Äuglein zu.
Vater laß die Augen dein
Über meinem Bette sein.
Hab ich Unrecht heut getan!
Sieh' es lieber Gott, nicht an!
Deine Gnad' und Jesu Blut
Macht ja allen Schaden gut.
Alle, die mir sind verwandt,
Gott laß ruhn in deiner Hand.
Alle Menschen groß und klein,
Sollen dir befohlen sein.
Kranken Herzen sende Ruh,
Nasse Augen schließe zu,
Laß den Mond am Himmel steh'n
Und die stille Welt beseh'n.
Louise Hensel