Ich Sein Zitate (Seite 56)


Religion hat es mit meinem Verhältnis zum Sein zu tun, mit dem Geheimnis des Lebens. Ich lebe in der Welt. Ich bin eins mit ihr wie der Wassertropfen mit dem Fluß. Ich gehöre der Welt in natürlicher Weise an. Ich könnte nun einfach sein, wie der Wassertropfen, der im Strom dahinfließt, könnte mein Leben im Leben der Welt dahinfließen lassen, tun, was mir Genuß bringt, lassen, was mir Leid bringt, bis es ein Ende nimmt. Also einfach für mich sein. Aber das kann ich nicht, so ein Ding sein,...
Albert Schweitzer
An manchen Tagen
An manchen Tagen
da möcht' ich jemand andrer sein,
ein Mensch der mir gefällt,
befreit von allen diesen Fragen.
An manchen Tagen
da wünsch ich dringend mir,
so unbeschwert zu sein,
wie damals in den Kindertagen.
An machen Tagen
nehme ich mir vor,
ein guter Mensch zu sein,
trotz all der widerlichen Plagen.
An manchen Tagen
da möcht' ich nah dir sein,
nicht so weit weg wie jetzt,
wie soll ich dir das sagen?
An vielen Tagen
– Gott sei gelobt – ich spüre dann,
daß ich in Harmonie...
Regina Hesse
Meine Ruh ist hin,
mein Herz ist schwer.
Ich finde sie nimmer
und nimmermehr.
Mein armer Kopf ist mir verrückt.
Mein armer Sinn ist mir zerstückt.
Nach ihm nur schau ich zum Fenster hinaus,
nach ihm nur geh ich aus dem Haus.
Sein hoher Gang, seine edle Gestalt,
seines Mundes Lächeln, seiner Augen Gewalt.
Und seiner Rede Zauberfluß,
sein Händedruck, und ach, sein Kuß!
Meine Ruh ist hin,
mein Herz ist schwer.
Ich finde sie nimmer
und nimmermehr.
Mein Busen drängt sich nach ihm hin,
Ach dürft...
Johann Wolfgang von Goethe
Laß, o Welt, o laß mich sein!
Locket nicht mit Liebesgaben,
laß dies Herz alleine haben
seine Wonne, seine Pein!
Was ich traure, weiß ich nicht:
Es ist unbekanntes Wehe;
immerdar durch Tränen sehe
ich der Sonne liebes Licht.
Oft bin ich mir kaum bewußt,
und die helle Freude zücket
durch die Schwere, so mich drücket,
wonniglich in meiner Brust.
Laß, o Welt, o laß mich sein!
Locket nicht mit Liebesgaben,
laß dies Herz alleine haben
seine Wonne, seine Pein!
Eduard Mörike