Ich Kann Zitate (Seite 85)
Wie gern
Wäre ich jetzt bei dir,
bewachte deinen Schlaf
und hielte alle bösen Träume von dir fern.
Wie gern
Legte ich jetzt die Hand auf deine Stirn,
nur ganz leicht,
damit du spüren könntest, daß ich für dich da bin.
Wie gern
Fühlte ich jetzt deine Hand auf meiner Stirn,
sie würde mir den Schmerz nehmen,
der mich krank macht,
weil ich nicht bei dir sein kann.
Regina Meier zu Verl
So wird es kommen …
So wird es kommen, so kommt es gewiß:
Es naht die Nacht und die Finsternis,
Wir stehen beide am Scheidewege.
Stumm gehen des Herzens schmerzliche Schläge:
"Noch bist du mein! – noch bist du mein!: –
Viel will ich noch sagen und kann es nicht.
Ich streichle nur immer dein liebes Gesicht.
Von meinem Nacken löst du die Hände,
Und ich begreife: das ist das Ende! –
Und rings erblaßt der erste Schein …
Dann küssest du mich zum letztenmal
Und schreitest zurück in dein...
John Henry Mackay
Geständnis
Ich bin ein Freund der Poesie
und sag' ganz unpathetisch:
Ich liebe sie, die Poesie.
Sie wirkt so energetisch.
Ich liebe sie satirisch fein,
pointiert und melancholisch.
Auch kann sie durchaus kritisch sein,
natürlich auch symbolisch.
Seit ein'ger Zeit bin ich per du
mit der von mir Verehrten.
Ich nenn' sie nur noch Poedu</em>.
Das stört nur die Gelehrten.
Und was die denken, ist mir wurst,
in meinem Poedusendurst!
Wolfgang Lörzer
Lob der Faulheit
Faulheit, endlich muß ich dir
Auch ein kleines Loblied bringen!
O! ... Wie ... sauer ... wird es mir
Dich nach Würde zu besingen!
Doch ich will mein Bestes tun:
Nach der Arbeit ist gut ruhn.
Höchstes Gut, wer dich nur hat,
Dessen ungestörtes Leben. . .
Ach! ... ich gähn! ... ich ... werde matt.
Nun, so magst du mir's vergeben,
Daß ich dich nicht singen kann:
Du verhinderst mich ja dran.
Gotthold Ephraim Lessing
Der Mann und das Wort
Ein Mann ein Wort:
so ist die Sprache denn der Ehre Hort.
Doch diese, die verspricht, kann sich versprechen.
Oft haben Worte einen Mann ersetzt.
Doch kann ein Mann ein Wort ersetzen?
Ich möcht' es so gering nicht schätzen.
Die Ehre bloß, das Wort wird nicht verletzt
und jene kann man, dieses nimmer brechen,
da wohl der Mann, das Wort nicht anders kann.
Das meine ist: Ein Wort ein Mann!
Karl Kraus
Zwischen Gräben und grauen Hecken,
den Rockkragen hoch, die Hände in den Taschen,
schlendre ich durch den frühen Märzmorgen.
Falbes Gras, blinkende Lachen und schwarzes Brachland
so weit ich sehn kann.
Dazwischen,
mitten in den weissen Horizont hinein,
wie erstarrt,
eine Weidenreihe.
Ich bleibe stehn.
Nirgends ein Laut. Noch nirgends Leben.
Nur die Luft und die Landschaft.
Und sonnenlos, wie den Himmel, fühl ich mein Herz!
Plötzlich ein Klang,
Ich starre in die Wolken.
Über mir,...
Hermann Oscar Arno Alfred Holz
Was will ich mehr!
Noch halt mit beiden Händen ich
Des Lebens schöne Schale fest,
Noch trink und kann nicht enden ich
Und denk nicht an den letzten Rest.
»Doch einmal wird die Schale leer,
Die letzte Neige schlürftest du.«
So trank ich doch, was will ich mehr,
Dem Tod ein volles Leben zu.
Gustav Falke
Es sang vor langen Jahren
Wohl auch die Nachtigall!
Das war wohl süßer Schall,
Da wir zusammen waren.
Ich sing' und kann nicht weinen,
Und spinne so allein,
Den Faden klar und rein
So lang' der Mond wird scheinen.
Als wir zusammen waren,
Da sang die Nachtigall;
Nun wartet mich ihr Schall,
Da du von mir gefahren.
So oft der Mond mag scheinen,
Denk ich wohl dein allein.
Mein Herz ist klar und rein –
Gott wolle uns vereinen.
Seit du von mir gefahren,
Singt stets die Nachtigall;
Ich denk bei...
Clemens Brentano
Ja, ich weiß es, diese treue Liebe
Hegt umsonst mein wundes Herz!
Wenn mir nur die kleinste Hoffnung bliebe,
Reich belohnet wär' mein Schmerz!
Aber auch die Hoffnung ist vergebens,
Kenn' ich doch ihr grausam Spiel!
Trotz der Treue meines Strebens
Fliehet ewig mich das Ziel!
Dennoch lieb' ich, dennoch hoff' ich, immer
Ohne Liebe, ohne Hoffnung treu;
Lassen kann ich diese Liebe nimmer!
Mit ihr bricht das Herz entzwei!
Joseph Karl Bernard
Schatzsucher auf Lebenszeit
Einmal möchte ich verweilen können:
Keinen Wunsch mehr,
nicht mehr suchen,
nicht mehr das Gefühl,
noch etwas finden zu müssen.
Vieles habe ich gefunden,
aber nie sind meine
Schatzkammern so gefüllt,
daß ich sie abschließen
und fortfliegen kann.
Dabei habe ich
den Flug ins Wunschlose
schon so lange gebucht.
Doch meine Schätze
zerrinnen mir zwischen den Fingern.
Und ich muß weitersuchen,
denn der Versuch,
Vorratskammern mit guten Gefühlen
anzulegen,
ist auch...
Kristiane Allert-Wybranietz
Mich frug mein Freund, wie viele Lebensjahre
bereits auf meinen Schultern ruhten?
Ich sprach: "Im besten Falle zwei Minuten."
Er wies bestürzt auf meine weißen Haare.
Da sagte ich: "Wir müssen klar erkennen,
wie sich verteilt des Lebens Wert und Maß.
Ich küßte einmal so, daß ich es nie vergaß...
Den Rest des Erdenseins kann ich nicht Leben nennen..."
Ali Ibn Al Andaluzi Hazm
Mir fehlt die Antwort auf die Frage, wie ich das neue Haus einrichten soll, nachdem das alte abgetragen wurde. Die Baustelle ist still. Keine Maschinen arbeiten mehr. Langsam wächst das erste Gras über das aufgeschüttete Gestein. Das große Haus ist leer und wirkt unbewohnt. Ich fühle mich wie eine Fremde, in dem, was mein Zuhause sein soll. Und schaue ich aus dem Fenster und sehe ich die Überreste von dem, was mir vertraut war. Diesen Anblick kann niemand lange ertragen. Also schließe ich die...
Damaris Wieser
Seit über 25 Jahren habe ich eine kleine Salatschüssel, die einen Sprung hat. Andere Leute hätten sie schon längst weggeschmissen und sich eine neue gekauft. Ich aber habe sie behalten, und ich liebe sie. Denn wenn irgend jemand behauptet: "Du hast doch einen Sprung in der Schüssel!", dann kann ich wahrheitsgemäß antworten: "Ja"! (By the way, um das noch zu krönen: Ich habe auch nicht mehr alle Tassen im Schrank. Manche stehen bei mir auf dem Regal ...)
Wolfgang J. Reus
Eine Ehe besteht nicht darin, daß man alles miteinander teilt. Als ich Gerty heiratete, war sie zwanzig und ich siebenundzwanzig - und ich habe nie darüber gedacht, ob sie sich auch für die Gespräche interessiert, die ich mit meinen Freunden führe, und wenn ich etwas vorlas, so war ihr das nicht sehr angenehm, und sie ging aus dem Zimmer, und heute noch kann sie das Vorlesen nicht leiden, und alles ist gut so, wie es ist.
Hugo von Hofmannsthal