Ich Bin Zitate (Seite 104)
So und nicht anders
Die Menschen kümmerten mich nicht viel,
eigen war mein Weg und Ziel.
Ich mied den Markt, ich mied den Schwarm,
andre sind reich, ich bin arm.
Andre regierten (regieren noch),
ich stand unten und ging durchs Joch.
Entsagen und lächeln bei Demütigungen,
das ist die Kunst, die mir gelungen.
Und doch, wär’s in die Wahl mir gegeben,
ich führte noch einmal dasselbe Leben.
Und sollt’ ich noch einmal die Tage beginnen,
ich würde denselben Faden spinnen.
Theodor Fontane
Letzter Versuch
Ich habe mich zu erhängen gesucht:
Der Strick ist abgerissen.
Ich bin in's Wasser gesprungen:
Sie erwischten mich bei den Füßen.
Ich habe die Adern geöffnet mir:
Man hat mich noch gerettet.
Ich sprang auch einmal zum Fenster hinaus:
Weich hat der Sand mich gebettet.
Den Teufel! ich habe nun alles versucht,
Woran man sonst kann verderben –
Nun werd' ich wieder zu leben versuchen:
Vielleicht kann ich dann sterben.
Ada Christen
Die Resignation, wie sie viele Christen glauben im Namen Gottes haben zu müssen unter der Last der Übel, ist nicht christlich. Ich bin deswegen nicht ganz einverstanden mit dem Spruch, den man Kranken oft ins Zimmer hängt: "Ich muß leiden, ich kann leiden, ich darf leiden, ich will leiden." Das ist nicht wahr – ich will nicht! Das ist eine verzwungene Geschichte. Das hätte der Heiland nie gesagt, er sagte nur: "Ich ergebe mich", aber es ist ein stiller Protest darin.
Christoph Blumhardt d. J.
Ein schöner Traum
Wenn draußen die Blumen blühen, dann muß ich an dich denken.
Ich bin in dich verliebt und kann meine Gedanken nicht mehr lenken.
Ich denke an dich und fange an zu träumen.
Dein Anblick bringt mich dazu, vor Liebe zu schäumen.
Wenn du mich anlächelst, dann steht die Welt einfach still.
Ich seh dich an und weiß, du bist der, den ich will.
Deinen Augen sind feurig und deine Lippen zum Küssen.
Ich hab mal wieder geschlafen und mein Chef hat mich aufwecken müssen.
Jeremy Seaver
Eintauchen in das Gefühl Deiner Nähe
ich bin nur noch am Träumen
von Deiner warmen, weichen Haut
von Deinen Küssen
von Deinen Liebkosungen
ich darf Dich berühren,
schmecken, liebkosen
wenn ich eintauche
in das Gefühl Deiner Nähe
ist es fast, als würde ich mich auflösen
eine Leichtigkeit beflügelt mich
kein Druck lastet auf mir
keine Angst läßt mich erstarren
ich fühle Dich
fühle, daß Du zu mir gehörst
und ich zu Dir.
Beate Prager
Meiner Frau
In deinem Zimmer fand ich meine Stätte.
In deinem Zimmer weiß ich, wer ich bin.
Ich liege tagelang in deinem Bette
Und schmiege meinen Körper an dich hin.
Ich fühle Tage wechseln und Kalender
Am Laken, das uns frisch bereitet liegt.
Ich staune manchmal still am Bettgeländer,
Wie himmlisch lachend man die Zeit besiegt.
Bisweilen steigt aus fernen Straßen unten
Ein Ton zu unserm Federwolkenraum,
Den schlingen wir verschlafen in die bunten
Gobelins, gewirkt aus Küssen, Liebe, Traum.
Ernst Wilhelm Lotz
Die Wehmut
Ich hab' einen Haß, einen grimmigen Haß
Und weiß doch selbst nicht recht auf was.
Ich bin so elend, so träge und faul
Wie 'n abgeschundner Ackergaul.
Ich hab' einen bösen Zug im Gesicht.
Mir ist niemand Freund, ich will es auch nicht.
Ich hab' eine Wut auf die ganze Welt.
In der mir nicht mal mehr das Laster gefällt.
Und schimpfe und fluche, ich oller Tor
Und komme mir sehr dämonisch vor.
Alfred Lichtenstein
Heimat
Heimat ist nicht nur ein Wort
Heimat das bist Du und ich
Heimat ist nicht nur ein Ort
Heimat die ist innerlich
Heimat ist stets wo ich bin
Schlägt in meinem Herzen
Heimat ist des Leben's Sinn
Nicht ein Land mit Grenzen
Heimat ist woher ich kam
Und wohin ich gehe
Heimat ist nicht fern noch nah
Heimat heißt ich lebe
Heimat ist ganz einfach Leben
Grenzenlos und unbeschwert
Ist der inner'n Stimme Beben
Das Gewissen das man hört
Seele ist die Heimat allen Lebens
Dieses sag' ich...
Robert Kroiß
Warten
Wo das Meer die Küste trifft,
Da stehe ich
Und warte auf dich.
Wo verschneite Berge stehen,
Weiß wie Papier,
Will ich dich sehen
Doch du bist nicht hier.
Wo Stürme in Wüsten wehen,
Will ich dich sehen.
Denn Sehnsucht kommt auf,
Sehnsucht nach dir,
Und ich bin einsam und warte hier.
Egal wo du gehst, egal wo du bist,
Du wirst vermisst.
Und ich warte hier, bis alles zerfällt,
Ich warte auf dich bis ans Ende der Welt.
Frank Korablin
Du, mein künftiges Sein, wie jauchz' ich dir entgegen.
Wie fühl' ich's in mir, wie klein ich bin!
Aber wie fühl' ich es auch,
Wie groß ich werde sein!
O du, die steigt zu dem Himmel hinauf,
Hoffnung, gegeben von Gott!
Ein kurzer, schneller, geflügelter Augenblick,
Er heißet Tod, dann werd' ich es sein!
Friedrich Gottlieb Klopstock
Von der Zeit
Mein Haus sagte zu mir:
"Verlaß mich nicht, denn hier wohnt deine Vergangenheit".
Und die Straße sagte zu mir:
"Komm und folge mir, denn ich bin deine Zukunft".
Und ich sage zu beiden, zu meinem Haus und zu der Straße:
"Ich habe weder Vergangenheit, noch habe ich Zukunft.
Wenn ich hier bleibe, ist ein Gehen in meinem Verweilen;
und wenn ich gehe, ist ein Verweilen in meinem Gang.
Nur Liebe und Tod ändern die Dinge."
Khalil Gibran
Krokodilromanze
Ich bin ein altes Krokodil
Und sah schon die Osirisfeier;
Bei Tage sonn ich mich im Nil,
Bei Nacht am Strande leg ich Eier.
Ich weiß mit listgem Wehgekreisch
Mir stets die Mahlzeit zu erwürken;
Gewöhnlich freß ich Mohrenfleisch
Und sonntags manchmal einen Türken.
Und wenn im gelben Mondlicht rings
Der Strand liegt und die Felsenbrüche,
Tanz ich vor einer alten Sphinx,
Und lausch auf ihrer Weisheit Sprüche.
Die Klauen in den Sand gepflanzt,
Tiefsinnig spricht sie:...
Emanuel Geibel
Abend ist's geworden,
Dunkel hüllt uns ein,
Still ist's allerorten,
Still will ich auch sein.
Kindlich und voll Reue
Klag ich meine Schuld,
Hoff auf deine Treue
Und auf deine Huld.
Alles schläft hienieden
In der stillen Nacht.
Ich auch ruh in Frieden,
Denn dein Auge wacht.
Was kann mir denn schaden?
Herr, in deiner Hut
Und in deinen Gnaden
Schlaf ich still und gut.
Schlafe ohne Sorgen,
Denn ich bin ja dein.
Bis mich weckt am Morgen
Deiner Sonne Schein.
Dann will ich auf's...
Georg-Christoph Dieffenbach
Aus banger Brust
Die Rosen leuchten immer noch,
die dunklen Blätter zittern sacht,
ich bin im Grase aufgewacht,
o kämst du doch,
es ist so tiefe Mitternacht.
Den Mond verdeckt das Gartenthor,
sein Licht fließt über in den See,
die Weiden stehn so still empor,
mein Nacken wühlt im feuchten Klee,
so liebt' ich dich noch nie zuvor!
So hab' ich es noch nie gewußt,
so oft ich deinen Hals umschloß
und blind dein Innerstes genoß,
warum du so aus banger Brust
aufstöhntest, wenn ich überfloß.
O jetzt,...
Richard Fedor Leopold Dehmel
Abschied ohne Ende
Und so muß ich dich nun doch beschwören,
flieh! Ja, flieh mich,
mich!
Ich: hier, sieh mich:
ich
weiß, ich will und würde dich betören,
und du darfst, du darfst mir nicht gehören.
Flieh auch dich!
Kind mit deinen seltsam grauen Haaren,
sehr lieb klingt es:
– wir –,
sehr trüb klingt es
mir.
Deine Sehnsucht zählt noch nicht nach Jahren,
aber Ich bin tief in mir erfahren
und in Dir.
Alles will sich dir nach mir empören,
dir! Du freilich,
sieh,
du glaubst heilig:
nie!
Und ich...
Richard Fedor Leopold Dehmel