Ich Zitate (Seite 18)
Ich sandte, daß sie folgen deiner Fährte
(1891)
Die Träume fort;
Daß es durch Liebe dich verwirr, gewährte
Ich keinem Wort.
Verschiednen Lebensaltern, Lebensorten
Entstammen wir.
Kein Sieg von gleichen Einsichten und Worten
Führt mich zu dir.
Im Herzenstempel, fern von deinen Blicken,
Schließ ich mich ein:
Die Jugend bet ich an, und mein Entzücken
Wird sie stets sein.
Afanassi Afanassjewitsch Fet
Ich will von dir, was keine Zeit zerstöret
Ich will von dir, was keine Zeit zerstöret,
Nur Schönheit, die das Herz verleiht;
Ich will von dir, was nie der Welt gehöret,
Die engelreine Kindlichkeit.
Das sind des Herzens allerbeste Gaben,
Das ist des Lebens schönste Zier.
Hat dich die Welt, so kann ich dich nicht haben,
Lebst du der Welt, so stirbst du mir.
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Ich möchte in dir hochwellen
Grüner Baum!
Ich möchte treibfroh in deinen Markzellen
Aufschwellen
Bis in den Wipfeltraum
Lichtoben –
Ich möchte in die Lichtweiten
Hundert Arme breiten
Wie Zweige –
Armzweige mit Blätterfingern
Und dann fühlen wie Mittagsgluten,
Wie Lichtfluten
Durch sie schlingern –
Ich möchte aus deinem Wirbelkopf,
Lebensbaum,
aus dem Laubtraum
Wie Lichtgetropf,
Wie Windsingen
Mich aufschwingen
In den Weltraum!
Gerrit Engelke
Ich habe zur letzten guten Nacht
Ich habe zur letzten guten Nacht
Dein liebes Bild geküßt,
Da war mir, als hätte der Mund gelacht,
Das Auge mich freundlich begrüßt.
Die Züge lebten in warmem Glanz,
Durchhaucht vom atmenden Weh'n,
Du warst es selbst, du warst es ganz,
Als sei ein Wunder geschehn.
Da hab' ich zur letzten guten Nacht
Noch einmal dein Bild geküßt;
Mir ist, als hättest du gelacht,
Und als ob ich weinen müßt'. –
Franz Freiherr von Dingelstedt
Ich habe, bevor der Morgen
Im Osten noch gegraut,
Am Fenster zitternd geharret
Und dort hinaus geschaut.
Und in der Mittagsstunde,
da hab' ich bitter geweint,
Und habe doch im Herzen:
Er kommt wohl noch, gemeint.
Die Nacht, die Nacht ist kommen,
Vor der ich mich gescheut;
Nun ist der Tag verloren,
Auf den ich mich gefreut.
Adelbert von Chamisso