Himmel Zitate (Seite 34)
Advent
Am Himmel Wolkenjagd, bleifarb'ge Helle,
In Frost erschauernd lag die Flur, die nackte;
Fern sah herüber spukhaft der Soracte,
Und lautlos schlich die gelbe Tiberwelle.
Ein junges Hirtenpaar, in Ziegenfelle
Gehüllt, schritt mit dem Dudelsack im Takte
Dem Tore zu, bis sie die Wache packte
Und unsanft sie hinwegwies von der Schwelle.
Erblichen ist in Rom, ihr guten Kinder,
Der Stern, der einst in Bethlehem erglommen.
Der Felsen Petri ward zur schroffen Klippe.
Und pochtet ihr am Vatikan,...
Paul von Heyse
Brautlied
Welch ein Scheiden ist seliger
Als zu scheiden von Mädchentagen?
Welch ein Klagen ist fröhlicher
Als in Myrten um Veilchen klagen?
Da dein Schifflein im Hafen lag,
Meerwärts oft die Wimpel sich regten,
Ob auch kosender Wellenschlag,
Land und Himmel es heimlich hegten.
Nun die Anker gelichtet sind,
O wie fröhlich die Fahrt ins Weite!
Düfte schwimmen im Frühlingswind,
Und du lächelst an seiner Seite.
Manch ein segender Seufzer schwingt
Sich ins Segel, lind es zu schwellen.
Laß dies...
Paul von Heyse
Alle Landschaften haben
Sich mit Blau erfüllt.
Alle Büsche und Bäume des Stromes,
Der weit in den Norden schwillt.
Leichte Geschwader, Wolken,
Weiße Segel dicht,
Die Gestade des Himmels dahinter
Zergehen in Wind und Licht.
Wenn die Abende sinken
Und wir schlafen ein,
Gehen die Träume, die schönen,
Mit leichten Füßen herein.
Zymbeln lassen sie klingen
In den Händen licht.
Manche flüstern und halten
Kerzen vor ihr Gesicht.
Georg Heym
Die vielen Mühlen gehen und treiben schwer.
Das Wasser fällt über die Räder her,
und die moosigen Speichen knarren im Wehr.
Und die Müller sitzen tagein, tagaus
wie Maden weiß in dem Mühlenhaus
und schauen oben zum Dache hinaus.
Aber die hohen Pappeln stehn ohne Wind
vor einer Sonne herbstlich und blind,
die matt in die Himmel geschnitten sind.
Georg Heym
Sommer
Für dich
fang ich den Sommer ein,
den Rosenduft,
des Himmels Blau,
und all die bunten Farben.
Das Lied der Amsel
und der Unken Ruf,
das Plätschern auch
des kleinen Bachs,
den hellen Mond,
die laue Nacht
der süßen Worte
mit Sternenglanz
und heißen Küssen,
und auch die warme Sonne.
Wenn später dann
der kalte Wind
weht durch dein Haus,
erinnre dich
an mein Geschenk
und deine Sommerliebe.
Regina Hesse
An die Bäume im Winter
Gute Bäume, die ihr die starr entblätterten Arme
Reckt zum Himmel und fleht wieder den Frühling herab!
Ach, ihr müßt noch harren, ihr armen Söhne der Erde,
Manche stürmische Nacht, manchen erstarrenden Tag!
Aber dann kommt wieder die Sonne mit dem grünenden Frühling
Euch; nur kehret auch mir Frühling und Sonne zurück?
Harr geduldig, Herz, und bringt in die Wurzel den Saft dir!
Unvermutet vielleicht treibt ihn das Schicksal empor.
Johann Gottfried von Herder
Müde bin ich, geh' zur Ruh',
Schließe beide Äuglein zu.
Vater laß die Augen dein
Über meinem Bette sein.
Hab ich Unrecht heut getan!
Sieh' es lieber Gott, nicht an!
Deine Gnad' und Jesu Blut
Macht ja allen Schaden gut.
Alle, die mir sind verwandt,
Gott laß ruhn in deiner Hand.
Alle Menschen groß und klein,
Sollen dir befohlen sein.
Kranken Herzen sende Ruh,
Nasse Augen schließe zu,
Laß den Mond am Himmel steh'n
Und die stille Welt beseh'n.
Louise Hensel
Im Gefängnis
(nach Paul Verlaine)
Der Himmel ist über dem Dach
So blau, so stille.
Ein Baum wiegt über dem Dach
Seines Wipfels Fülle.
Die Glocke im Himmelsraum,
Sie läutet leise.
Ein Vöglein singt auf dem Baum
Seine traurige Weise.
Mein Gott, welche Ruhe hat
Hier das schlichte Leben!
Friedlich dringt aus der Stadt
Ein raunend Weben.
– Sage, was hast denn du,
Weinend in Bann und Acht,
Mit deiner Jugend du,
Ärmster, gemacht?
Karl Henckell
Der Stoff, das Material des Gedichts,
Das saugt sich nicht aus dem Finger;
Kein Gott erschafft die Welt aus nichts,
So wenig wie irdische Singer.
Aus vorgefundenem Urweltsdreck
Erschuf ich die Männerleiber,
Und aus dem Männerrippenspeck
Erschuf ich die schönen Weiber.
Den Himmel erschuf ich aus der Erd
Und Engel aus Weiberentfaltung;
Der Stoff gewinnt erst seinen Wert
Durch künstlerische Gestaltung.
Heinrich Heine