Herz Zitate (Seite 33)
Mai ist's jetzo. Für den Denker,
Der die Gründe der Erscheinung
Kennt, ist dieses nicht befremdlich.
In dem Mittelpunkt der Dinge
Stehn zwei alte weiße Katzen,
Diese drehn der Erde Achse,
Dieser Drehung Folge ist dann
Das System der Jahreszeiten.
Doch warum im Monat Maie
Ist das Aug' mir so beweglich,
Ist das Herz mir so erreglich?
Und warum wie festgenagelt
Muß im Tag ich sechzehn Stunden
Zum Balkon hinüberschielen,
Nach der blonden Mullimulli,
Nach der schwarzen Stibizzina?
Joseph Victor von Scheffel
Im Herz tobt altes Grollen,
Der Sturm pfeift durch die Luft –
»Du kommst mir eben rechte
Des Weges, welscher Schuft!
Dein Dolchstoß ist parieret,
Nun, werter Freund, hab acht,
Wie auf den welschen Schädel
Die deutsche Klinge kracht!«
– Die Sonn' war untergegangen
Fern, fern beim Vatikan;
Sie schien des andern Morgens
Auf einen toten Mann.
Joseph Victor von Scheffel
Hell schmetternd ruft die Lerche
Mich aus dem Traume wach,
Es grüßt im Morgenschimmer
Der junge Frühlingstag.
Im Garten rauscht die Palme
Geheimnisvoll bewegt,
Ans ferne Meeresufer
Die Brandung schäumend schlägt.
Und ehern blau der Himmel,
Gülden der Sonnenschein,
Mein Herz, was willst du weiter?
Stimm in den Jubel ein!
Und sing ein Lied zum Preise
Deinem alten Gott und Herrn,
Er hat dich nie verlassen,
Du nur, du bist ihm fern.
Joseph Victor von Scheffel
Alt Heidelberg, du feine,
Du Stadt an Ehren reich,
Am Neckar und am Rheine
Kein' andre kommt dir gleich.
Stadt fröhlicher Gesellen,
An Weisheit schwer und Wein,
Klar ziehn des Stromes Wellen,
Blauäuglein blitzen drein.
Und kommt aus lindem Süden
Der Frühling übers Land,
So webt er dir aus Blüten
Ein schimmernd Brautgewand.
Auch mir stehst du geschrieben
Ins Herz gleich einer Braut,
Es klingt wie...
Joseph Victor von Scheffel
Dienst – im Dienst! o schlimmes Wort,
Das klingt so starr und frostig;
Die Lieb' ist hin, der Lenz ist fort,
Mein Herz, werd' mir nicht rostig.
Trompete sieht mich traurig an,
Mit Flor ist sie umhangen;
Sie haben den lustigen Fiedelmann
In Käfig eingefangen.
Die schwere Zeit, die schwere Not
Sank lastend auf ihn nieder,
Muß spielen um sein täglich Brot –
Verstummt sind seine Lieder.
Der einst, die Zither leicht im Arm,
Sang an des Rheines Welle,
Schlägt jetzt den Takt – daß Gott...
Joseph Victor von Scheffel
O die Menschen tun uns unrecht,
Und den Dank such' ich vergebens,
Sie verkennen ganz die feinern
Saiten unsers Katzenlebens.
Und wenn einer schwer und schwankend
Niederfällt in seiner Kammer,
Und ihn morgens Kopfweh quälet,
Nennt er's einen Katzenjammer.
Katzenjammer, o Injurie!
Wir miauen zart im Stillen,
Nur die Menschen hör' ich oftmals
Graunhaft durch die Straßen brüllen.
Ja, sie tun uns bitter unrecht,
Und was weiß ihr rohes Herze
Von dem wahren, tiefen, schweren,
Ungeheuren...
Joseph Victor von Scheffel
Lebe rein, mein Herz, dies schöne Leben,
Rein von allem Fehl und bösem Wissen,
Wie die Lilie lebt in stiller Unschuld,
Wie die Taube in des Haines Wipfeln;
Daß du, wenn der Vater niederblicket,
Seist sein liebstes Augenmerk auf Erden,
Wie des Wandrers Auge unwillkürlich
An den schönsten Abendstern sich heftet;
Daß du, wenn die Sonne dich einst löset,
Eine reine Perl' ihr mögest zeigen,
Daß dein Denken sei wie Duft der Rose,
Daß dein Lieben sei wie Licht und Sonne,
Wie des Hirten Nachtgesang...
Leopold Schefer
Hell leuchten die Sterne
Hell leuchten die Sterne, es rauschen
Im Winde die Bäume sacht;
Ich stehe am Fenster, zu lauschen
In die träumende Sommernacht.
Leuchtkäfer umgaukeln die Blüthen
Und durchfunkeln die purpurne Luft, –
Wer konnte sein Herz auch behüten,
O Stern, o Blüthe und Duft!
O himmlisches Finden und Flüstern,
O Kosen und Küssen in Ruh! –
Und durch die Platanen und Rüstern
Send' ich noch einen Nachtgruß dir zu!
Karl Hermann Schauenburg
An die Gebildeten
Ich schleudre Euch meinen Hohn ins Gesicht,
ihr Alle!
Was liegt mir an euch, ich brauch euch nicht,
ihr Alle!
Denn eure ganze Bildung ist
nur Wissen –
Was liegt mir an euch, mich schmerzt es nicht,
euch missen.
Ihr habt kein Zwerchfell, habt kein Herz,
nur Säcke,
Mit Blut gefüllt und hinterwärts
mit Drecke.
Ich schleudre Euch meinen Hohn ins Gesicht,
meinen leichten –
Denn »gebildete« Menschen lieb ich nicht,
die seichten.
Ludwig Scharf
An eine Nein-Sagerin
Noch leben wir, noch ist die große Nacht
Nicht über uns gekommen,
Noch, liebes Herz, ist's nicht vollbracht:
Der Augenblick – er wird vielleicht nicht wieder kommen.
O pflück die Rose, pflück die reife Frucht:
Das ist der Reife Loos.
Im Buch der Welt steht jede Tat gebucht,
Die frei und groß.
Im Buch des Lebens, glaub mir, liebes Weib,
Wird Bürgertugend nicht gebucht.
Hier gilt nur eins: Wag deinen Menschenleib!
Weit besser als ein Lob ist ein – "Verflucht!"
Ludwig Scharf
Frühlings-Hymne
Dieser blaue Frühlingsmorgen-Himmel
Und dies junge frische Blattgewimmel,
Drin der Wind von Ast zu Aste springt –
Bis sich Blatt mit Blatt im Tanze schwingt –
Diese Flitterwochenzeit der Bäume,
Ihre ersten Sonnen-Blütenträume
Unterm blauen Hochzeitsbaldachin –
Dieses golddurchwirkte Farbenglühn …
O, dies unaussprechlich zarte Beben,
Leib-inLeib- und Seel-in-Seel-Verweben,
Dies Beseeltsein stummster Kreatur,
Offenbarend ihre Gottnatur! …
Bad dich nun, mein Herz, von Staub und...
Ludwig Scharf
All-Mensch
Dein Kugelhirn ist angefüllt
Mit flutenden Gedanken,
Hoch schwillt die blutgewärmte Brust,
Wie stilles Wogenschwanken.
Die Nase saugt die Erdenluft,
Die frische, volle, klare,
Im lichten Raum dein Auge schwimmt
Gleich dunklem Sonnenaare.
Dein Finger tastend liegt am Herz
Und spürt sein eigenes Leben –
Und sonnenwärts und weltallwärts
Fliegt deiner Seele Beben.
Ludwig Scharf
Manchmal bin ich ein Engel
Bin einfühlsam und verständig.
Hab das Herz am rechten Fleck
und halte meine Arme ganz weit auf,
um Halt und Wärme zu geben.
Manchmal bin ich ein Engel
Manchmal bin ich ein Bengel
Ich stell die Welt auf den Kopf,
schmeiß die Regeln in den Müll
und lass mein Teufelchen raus.
Ich lebe, wie ich will!
Was and're denken, schert mich nicht.
Manchmal bin ich ein Bengel
und manchmal ein Engel.
Helga Schäferling
Abendlied
Ringsum nun wird es stille,
Indeß der Tag versinkt,
Und froh im Gras die Grille
Den Thau der Dämmrung trinkt.
Aufsteigt die Nacht im Westen,
Sie athmet hörbar kaum
Und wiegt von Ast zu Aesten
Den Wald in Schlag und Traum.
Den Vögeln wie sie brüten,
Drückt sie die Augen zu
Und lullt im Thal die Blüten,
Die Aehren all' in Ruh'.
Komm, Mutter Nacht, und lege
Die Hand aufs Herz mir mild,
Daß sie die wilden Schläge
Dem Ruhelosen stillt!
Adolf Friedrich Graf von Schack